Was ist ein Pflegegutachter?


Wer eine Ausbildung im Pflegebereich absolviert hat, kann sich durch eine Weiterbildung zum Pflegegutachter ein neues Tätigkeitsfeld erschließen. Die Aufgabengebiete befinden sich überall, wo es um Bewertungen und pflegerische Überprüfungen geht. Tritt in der Familie ein Pflegefall ein, stellt die Pflegeversicherung in Form eines Pflegegrades Gelder zur Verfügung. In welcher Höhe diese bewilligt werden, hängt von der Einschätzung eines Pflegegutachters ab.
Nach einer Weiterbildung zum Pflegegutachter arbeiten diese Fachkräfte bei ambulanten Pflegediensten, in Pflegeeinrichtungen und auch in Krankenhäusern. In diesen Einsatzgebieten geht es um Qualitätsbewertungen für erbrachte Pflegeleistungen. Die Beurteilung, wie die medizinische und soziale Behandlung erfolgte, gehört ebenfalls zu den Aufgaben dieses Berufsbildes.
Pflegegutachter arbeiten auch in Beratungsstellen, in denen sich Pflegebedürftige und deren Angehörigen über ihre Rechte und Möglichkeiten informieren können. Bei juristischen Streitfällen treten sie auch vor Gericht auf.
Die meisten Menschen kommen mit einem Pflegegutachter in Berührung, wenn sie für sich oder einen Angehörigen einen Pflegegrad beantragen wollen. Dieser ist Voraussetzung, um Leistungen von der Pflegekasse zu erhalten. Wer gepflegt werden muss, braucht Unterstützung durch einen Pflegedienst oder Familienangehörige. Beides kostet Geld und wird nur auf Antrag bereitgestellt.
Pflege kostet Geld
Mit einem zuerkannten Pflegegrad können Pflegedienste in Form von Sachleistungen die Betreuung der zu pflegenden Person übernehmen. Körperpflege, Hilfe bei Toilettengängen, Bereitstellung der Medikamente und die Übernahme von Aufgaben im Haushalt gehören zu den Tätigkeiten, die ein Pflegedienst anbietet. Entsprechend der Höhe des erteilten Pflegegrades stehen monatliche finanzielle Mittel zur Bezahlung dieser Betreuung bereit.
Übernehmen Angehörige die Betreuung eines pflegebedürftigen Angehörigen, braucht es ebenfalls Gelder zur Unterstützung. Oft treten die Angehörigen im Berufsleben kürzen, was zu finanziellen Einbußen führen kann. Wird das Familienmitglied im eigenen Heim betreut, bedeutet das zusätzliche Fahrten für die Angehörigen. Einkaufen, den Haushalt regeln, die Pflege eines Gartens und Freizeit mit dem Pflegebedürftigen verbringen - diese Dinge nehmen schnell sehr viel Zeit in Anspruch, die für die eigene Familie fehlt.
Wenn der Pflegegutachter kommt
Wird es zunehmend schwierig, den Alltag aus eigener Kraft zu meistern, kann ein Pflegegrad beantragt werden. Der formlose Antrag wird von der Pflegekasse an den MDK oder MEDICPROOF weitergeleitet. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ist für alle gesetzlich versicherten Antragsteller zuständig. Anträge von privat Versicherten werden vom Medizinischen Dienst der Privaten (MEDICPROOF) bearbeitet.
Ist der Antrag auf Erteilung einer Pflegestufe eingegangen, wird ein Pflegegutachter bestellt und der Antragsteller erhält einen Termin für die Begutachtung.
Seit der Pflegereform im Jahr 2017 werden anstelle von Pflegestufen fünf Pflegegrade vergeben. Um in dieses System eingestuft zu werden, macht sich ein Pflegegutachter vor Ort ein persönliches Bild von der pflegebedürftigen Person und ihrem Umfeld. Vor der Reform wurde eingeschätzt, welche Einschränkungen bei der pflegebedürftigen Person vorliegen. Heute steht die Selbstständigkeit des Menschen im Vordergrund und es wird beurteilt, in welcher Intensität der Betroffene seinen Alltag alleine bewerkstelligen kann.
Die Situation objektiv beurteilen
Die Begutachtung gliedert sich in mehrere Themengebiete, zu denen der Pflegegutachter verschiedene Fragen stellt. Es werden gesundheitliche Einschränkungen aufgenommen und es wird erörtert, inwieweit die tägliche Körperpflege ohne fremde Hilfe erfolgen kann. Mobilität und die Fähigkeit zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gehören ebenso zum Fragenkatalog.
Außerdem kommt zur Sprache, in welcher psychischen Verfassung sich der pflegebedürftige Mensch befindet. Angehörige, die den Patienten betreuen, werden nach der Stundenzahl gefragt, in der sie sich um den Patienten kümmern.
Während des Gespräches notiert der Pflegegutachter alle wichtigen Informationen, die er später in konkrete Zahlenwerte umformuliert. Anhand dieser wird einer der fünf Pflegegrade vergeben, der mit Geldmitteln unterschiedlicher Höhe zusammenhängt.
Beratungsgespräche und Höherstufungen
Wurde ein Pflegegrad zuerkannt, bleibt es nicht bei einem einmaligen Besuch des Pflegegutachters. Verschlechtert sich der Zustand der pflegebedürftigen Person, braucht es eine intensivere Form der Betreuung. Dann sollte eine Einstufung in einen höheren Pflegegrad in Betracht gezogen werden.
Wurden die Pflegegrade 2 oder 3 erteilt, müssen Pflegebedürftige halbjährlich ein sogenanntes Beratungsgespräch wahrnehmen. In diesem Fall kommen Pflegegutachter erneut ins Haus, um die aktuelle Situation zu beurteilen und dem Pflegebedürftigen sowie seinen Angehörigen beratend zur Seite zu stehen. Dabei handelt es sich um verpflichtende Termine. Werden diese nicht wahrgenommen, kann es zur Kürzung des Pflegegeldes oder der Pflegesachleistungen kommen.
Wer den vierten oder fünften Pflegegrad besitzt, muss das Beratungsgespräch vierteljährlich wahrnehmen. Neben der Möglichkeit, weitere Unterstützung zu erhalten, geht es um die engmaschige Begutachtung des Gesundheitszustandes. Dieser kann sich in beide Richtungen entwickeln, was die Veränderung des Pflegegrades bedeutet. Hier sind Pflegegutachter angehalten, sofort zu reagieren, wenn sich die Dinge zum Besseren oder Schlechteren verändern.
Der Pflegegrad eins bildet die Ausnahme. Hier gibt es keine Verpflichtung zu einem Beratungsgespräch. Wer diesen Pflegegrad besitzt, darf auf eigenen Wunsch einmal pro Jahr kostenlos einen Beratungstermin bei einem Pflegegutachter wahrnehmen.
Fazit
Pflegegutachter verschaffen sich einen Überblick über die aktuelle Lebenssituation einer pflegebedürftigen Person und schätzen ein, welcher Pflegegrad zuerkannt wird. Das erfordert emotionale und fachliche Kompetenz, denn jedes Schicksal ist anders.