Diabetes mellitus Typ 2: Frühzeitig auf Gefäßsteifigkeit achten
Nichtinvasive Diagnostik gibt verlässliche Hinweise auf peripheren
Gefäßstatus unabhängig von koronarer Herzerkrankung: Dies zeigt eine
Forschungsarbeit am Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad
Oeynhausen (Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum).
Kann die Gefäßsteifigkeit bei Diabetes mellitus ein frühes Warnsignal für
Arteriosklerose sein? Mit dieser Frage hat sich Magdalene Jaeger in ihrer
Doktorarbeit am Diabeteszentrum des HDZ NRW, Bad Oeynhausen, beschäftigt
und dazu Untersuchungsdaten von 74 Patienten mit Diabetes wissenschaftlich
ausgewertet.
„Im Vergleich zu Gesunden ist das Risiko für Herz- und Gefäßerkrankungen
bei Menschen mit Diabetes mellitus mindestens doppelt so hoch. Das
Auftreten lässt sich aber bislang nur unzureichend vorhersagen“, erklärt
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe, Direktor des Diabeteszentrums am
HDZ NRW, der die wissenschaftlichen Arbeiten gemeinsam mit
Forschungsleiter Privatdozent Dr. rer. nat. Bernd Stratmann betreut hat.
Die koronare Herzkrankheit (KHK) zählt zu den häufigsten Folgeerkrankungen
des Diabetes mellitus Typ 2. Sie entsteht durch Plaquebildung an den
Innenwänden der Blutgefäße (Arteriosklerose), welche die Elastizität der
Gefäßwände zunehmend einschränken. Daneben führen arteriosklerotische
Veränderungen zur sogenannten peripheren arteriellen Verschlusskrankheit
(PAVK), die oft lange Zeit unbemerkt voranschreitet, bis Symptome
auftreten. Eine erhöhte arterielle Gefäßsteifigkeit geht der
Arteriosklerose voraus, die dann über die verminderte Durchblutung das
Risiko für chronische Wunden und Amputationen deutlich erhöht. Für
Menschen mit Diabetes ist dieses Risiko besonders hoch.
Den Grad der arteriellen Gefäßsteifigkeit hat Magdalene Jaeger bei 74
Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 untersucht, von denen 36 eine KHK
aufwiesen. Dazu wurden sowohl Laboruntersuchungen (ELISA) als auch eine
nichtinvasive Messung der aortalen Pulswellengeschwindigkeit und des
zentral-aortalen Blutdrucks (Arteriographie) durchgeführt. Zwar wies die
Patientengruppe mit KHK tendenziell erhöhte Werte für die Gefäßsteifigkeit
auf, aber auch in der Gruppe der Patienten ohne KHK ließen sich schon
pathologisch veränderte Werte im Sinne einer arteriosklerotischen
Veränderung nachweisen.
Die wichtigste Erkenntnis der Untersuchung fasst Magdalene Jaeger aber so
zusammen: „Diabetes mellitus ist wichtiger Treiber der Arteriosklerose in
verschiedenen Gefäßen. PAVK und KHK treten dabei unabhängig voneinander
auf, so dass eine Risikoabschätzung für eine KHK aufgrund des Vorliegens
einer erhöhten peripheren Gefäßsteifigkeit nicht zuverlässig möglich ist.“
Insgesamt scheint die nichtinvasive Bestimmung der arteriellen
Gefäßsteifigkeit eine effektive und im Vergleich zu den laborchemischen
Biomarkern auch verlässlichere Messmethode zur Bestimmung der allgemeinen
peripheren Gefäßsituation bei Menschen mit Diabetes mellitus zu sein, auch
wenn diese nicht zwangsläufig mit dem Zustand der Herzkranzgefäße
korreliere. Die Empfehlung an Diabetespatienten laute daher, eine solche
Messung mittels nichtinvasiver Arteriographie in Erwägung zu ziehen, um
einer beginnenden Arteriosklerose so früh wie möglich therapeutisch
begegnen zu können, betont Professor Tschöpe.
Magdalene Jaeger (32) hat ihr Studium der Humanmedizin an der Ruhr-
Universität Bochum abgeschlossen und arbeitet in der Klinik für Innere
Medizin am Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum (Prof. Dr.
Ali Canbay).
-----
Als Spezialklinik zur Behandlung von Herz-, Kreislauf- und
Diabeteserkrankungen zählt das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-
Westfalen (HDZ NRW), Bad Oeynhausen mit 35.000 Patienten pro Jahr, davon
14.600 in stationärer Behandlung, zu den größten und modernsten Zentren
seiner Art in Europa.
Im Diabeteszentrum des HDZ NRW unter der Leitung von Prof. Dr. med. Dr.
h.c. Diethelm Tschöpe werden jährlich rund 2.000 Menschen mit allen Typen
des Diabetes mellitus und seinen Folgeerkrankungen behandelt. Zum
Leistungsspektrum gehört auch die Diagnostik und Therapie
endokrinologischer und gastroenterologischer Erkrankungen. Ein besonderer
Schwerpunkt ist die kardiovaskuläre Risikoabschätzung und Behandlung von
Herz- und Gefäßerkrankungen im integrierten Versorgungskonzept. Zudem ist
das Diabeteszentrum auf die Behandlung von Nervenschäden und
Durchblutungsstörungen spezialisiert, dazu gehört auch die Wundheilung bei
diabetischem Fußsyndrom.
Weitere Informationen:
Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen
Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leitung: Anna Reiss
Georgstr. 11
32545 Bad Oeynhausen
Tel. 05731 97-1955
Fax 05731 97-2028
E-Mail:
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe
Direktor Diabeteszentrum
Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen
Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum
Originalpublikation:
M. Jaeger, B. Stratmann, D. Tschoepe: Peripheral oscillometric arterial
performance does not depict coronary status in patients with type 2
diabetes mellitus. Diab Vasc Dis Res. 2021 Nov-
Dec;18(6):14791641211046522. doi: 10.1177/14791641211046522.