Engmaschige Versorgung für Frauen mit einer Risikoschwangerschaft zahlt sich aus
Nach über drei Jahren Projektphase ist die Arbeit im Feto-neonatalen Pfad
des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden zunächst beendet.
Zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Universitätsklinikum
Jena haben die Medizinerinnen und Mediziner über 1.000 Frauen in einer
Risikoschwangerschaft begleitet, besonders versorgt und schließlich auch
die Kinder im ersten Lebensjahr betreut.
Der Pfad kümmert sich um schwangere Frauen mit einem erhöhten Risiko für
Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung) oder einer Wachstumsverzögerung
des ungeborenen Kindes. Dabei erhalten die Pfadteilnehmerinnen eine
engmaschige Betreuung bei niedergelassenen Frauen- beziehungsweise
Kinderärztinnen und -ärzten sowie Expertinnen und Experten aus der
Pränatalmedizin, Geburtshilfe, Neonatologie und Psychologie. „Die Angebote
der medizinischen und psychologischen Betreuung wurden gut angenommen und
die Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen hat
sehr gut funktioniert“, sagt Prof. Mario Rüdiger, Direktor des Zentrums
für Feto-Neonatale Gesundheit am Universitätsklinikum. Die Wirksamkeit der
in der 10. Schwangerschaftswoche beginnenden und mit dem Ende des ersten
Lebensjahres abgeschlossenen Betreuung wird nun durch das Zentrum für
Evidenz basierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) ausgewertet.
Matilda macht ihre Eltern glücklich. Das kleine Mädchen ist an einem
Sonntag zur Welt gekommen und nicht nur deshalb etwas ganz Besonderes.
Matildas Eltern Franziska und Dennis mussten zusammen drei Fehlgeburten
verkraften, bis nun ihr erstes Kind die Familie komplett macht. Dieses
Glück verdankt das Elternpaar auch der Versorgung im Feto-neonatalen Pfad.
Mama Franziska ist eine von über 1.000 Frauen, die während ihrer
Schwangerschaft in diesem Rahmen versorgt wurden. Nach der dritten
Fehlgeburt war bei der 29-Jährigen eine Gerinnungsstörung festgestellt
worden, die einer der Hauptgründe für einen Abgang im ersten Trimester
sein kann. Medikamentös können Ärztinnen und Ärzte in einem solchen Fall
schnell helfen. Die Teilnahme an dem Projekt beinhaltete aber auch die
engmaschige Versorgung und Betreuung der Patientin. Dabei wurde auch ein
erhöhtes Risiko einer Schwangerschaftsvergiftung diagnostiziert, der
ebenfalls medikamentös vorgebeugt werden konnte. Weiterhin gehört der
Anruf einer Psychologin zum Angebot des Pfades, die mit den Schwangeren
über die besondere Situation, ihre Ängste und Gefühle spricht. „Es war
schön, einfach mal darüber reden zu können“, sagt die junge Patientin, die
überglücklich ihre kleine Tochter in den Armen hält. Matilde ist das
letzte Kind, das innerhalb der Projektphase des Pfades geboren wurde.
Die besondere Versorgung von Risikoschwangeren hat das
Universitätsklinikum Dresden zusammen mit seinen Partnern, dem
Universitätsklinikum Jena sowie den Krankenkassen Barmer und AOK Plus in
den vergangenen dreieinhalb Jahren erprobt und dabei Daten für die
Evaluation erhoben. So soll der Weg zur Aufnahme des Angebots in die
Regelversorgung von Risikoschwangeren geebnet werden. Finale Ergebnisse
dafür liegen in knapp einem Jahr vor. „Im Rahmen des Projektes wurde uns
Zeit für eine noch intensivere Betreuung von Müttern mit
Risikoschwangerschaften gegeben. Das war für uns sehr wichtig“, sagt Prof.
C. Birdir, leitender Oberarzt der Geburtshilfe am Universitätsklinikum.
Denn zu klein oder krank geborene Kinder von Müttern, die im Pfad betreut
wurden, erhalten neben der intensivmedizinischen Betreuung im Krankenhaus
nach der Entlassung von den teilnehmenden Kinderärztinnen und -ärzte eine
intensivere Nachbetreuung. Dank einer zusätzlichen Finanzierung haben die
betreuenden Ärztinnen und Ärzte mehr Zeit für die kleinen Patientinnen und
Patienten. Das ermöglicht ihnen unter anderem eine, auf die
Wachstumsverzögerung ausgerichtete Beratung. „Falls die begleitende
Evaluation einen Vorteil dieses strukturierten Vorgehens nachweisen kann,
ist ein bundesweiter Transfer dieses Angebots geplant“, sagt Prof. Mario
Rüdiger. „Wir wollen dieses Angebot deutschlandweit analog zu den in
Sachsen bereits etablierten Versorgungsstrukturen übertragen.“
„Der Feto-neonatale Pfad ist ein weiteres gutes Beispiel dafür, wie die
Hochschulmedizin Dresden Akzente und neue Impulse für die
Patientenversorgung in Deutschland setzt“, sagt Prof. Michael Albrecht,
Medizinischer Vorstand am Universitätsklinikum Dresden. „Durch unser
ständiges Bemühen um neue Versorgungsangebote, die enge und gute
Zusammenarbeit mit unseren Partnern sowie den niedergelassenen Ärztinnen
und Ärzten in der Region und dem Netzwerk der Universitätsklinika können
wir solch gute Ergebnisse erreichen und die Angebote zum Wohle der
Patientinnen und Patienten etablieren.“
„Wir sind vom nachhaltigen Erfolg des Feto-Neonatalen-Pfades überzeugt.
Die AOK PLUS mit ihrer regionalen Nähe zu den Menschen durfte Familien in
diesem hoch ambitionierten Projekt eng begleiten. Dank des
interdisziplinären Ansatzes konnten sich 1.000 junge Eltern - trotz
erheblicher Risiken während der Schwangerschaft – über ein gesundes Kind
freuen. Hier zeigt sich was wirklich wichtig ist: individuelle Versorgung,
Einfühlungsvermögen und große Expertise“, sagt Rainer Striebel,
Vorstandsvorsitzender der AOK PLUS. „Wir haben schon so manche Innovation
gemeinsam mit dem Universitätsklinikum auf den Weg in die Regelversorgung
gebracht. Ziel muss es sein, den Versorgungsansatz des Projekts dauerhaft
zu etablieren, um Müttern und Kindern eine bedarfsgerechte und qualitativ
hochwertige Versorgung zukommen zu lassen.“
„Die Schwangerschaft ist ein sehr komplexer Vorgang, der leider nicht
immer so komplikationsfrei verläuft, wie Eltern es sich wünschen. Um die
Gesundheitsrisiken beispielsweise bei Wachstumsstörungen oder drohender
Frühgeburt für Mutter und Kind noch besser im Blick zu behalten, wurde
dieser spezielle Versorgungspfad ins Leben gerufen. Die BARMER als
Krankenkasse für Familien hat sich an dem Projekt sehr gern beteiligt, da
hier Frauenärzte, Kinderärzte und Psychologen eng zusammenarbeiten. Wenn
es gelingt, diese ganzheitliche Herangehensweise in die allgemeine
Versorgung zu integrieren, wäre das ein großer Schritt hin zu einer noch
besseren, individualisierten Patientenversorgung, die Eltern und Kind
schon in einer ganz frühen Entwicklungsphase hilft“, sagt Dr. Fabian
Magerl, Landesgeschäftsführer der BARMER in Sachsen.