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Deutscher Herzbericht: Zur erfolgreichen Behandlung aller Herzpatienten braucht es das Expertenteam der Herzmedizin

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Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V. (DGTHG)
fordert flächendeckende Einführung von Herzboards: Zur erfolgreichen
Behandlung aller Herzpatienten braucht es nach DGTHG-Angaben die
verpflichtende und konsequente Zusammenarbeit multidisziplinärer
Herzboards (MDH), so wie es in der Tumormedizin bereits seit Jahren "State
ot the art" ist.

Die Zahl der an Herzschwäche (Herzinsuffizienz) erkrankten Menschen in
Deutschland befindet sich nach wie vor auf hohem Niveau. Mit einer alters-
und geschlechtsstandardisierten Hospitalisierungsrate von 442 pro 100.000
Einwohnern (2020) ging die Anzahl der Erkrankten im Vergleich zum Vorjahr
(2019), also vor der SARS-CoV2-Pandemie, zwar um 13,4% zurück, jedoch
dokumentiert das Statistische Bundesamt gleichzeitig die Herzschwäche als
häufigste Einzeldiagnose der vollstationär behandelten Patient:innen.
Herz-Kreislauferkrankungen sind komplex; die differenzierte Bewertung und
Therapiefindung für die bestmögliche Patientenversorgung muss daher nach
Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie
e.V. (DGTHG) frühzeitig im multidisziplinären im Herzteam erfolgen. „Es
braucht frühzeitig die Behandlung im Herzteam, damit die diagnostizierte
Herzschwäche nicht zu unumkehrbaren Herzschäden oder zum plötzlichen
Herztod führt. Das Herzteam setzt sich im Kern aus dem Fachgebiet der
Herzchirurgie, Kardiologie und Anästhesie zusammen. Gemeinsam mit den
Patienten kann so die bestmögliche Therapie durchgeführt werden.“

Herzschwäche durch die Koronare Herzkrankheit (KHK): Bei komplexer KHK
ermöglicht ein herzchirurgischer Bypass bessere Langzeitprognosen

Die Koronare Herzkrankheit (KHK) ist nach wie vor bei rund Zweidrittel
aller Patient:innen Hauptursache der Herzschwäche. Die Verengung oder
Verstopfung der Herzkranzgefäße wird durch eine koronare Bypassoperation
behoben (koronare Myokard-Revaskularisation), so dass die Versorgung des
Herzens wieder funktioniert. Eine Verbesserung der chronischen
Herzschwäche durch die längerfristige Verbesserung der Blutversorgung des
Herzens ist das Ziel. Insbesondere bei der Verengung des Hauptstammes der
linken Koronararterie (Hauptstammstenose) und/oder der sog.
3-Gefäßerkrankung wird die koronare Bypassoperation gem. den
wissenschaftlichen Leitlinien empfohlen, bzw. ist im Zusammenhang mit
Patientenalter und dessen Begleiterkrankungen patientenindividueller
Faktoren (Alter, Komorbiditäten) die beste Behandlung, da der sie den
Patienten eine bessere Langzeitprognose bietet. 2020 wurden bundesweit
29.444 isolierte aortokoronare Bypassoperationen (ACB) durchgeführt und
weitere 8.540 ACB-Operationen erfolgten zumeist in Kombination mit
Herzklappenoperationen; in Summe somit 37.984 Herzoperationen. Im Kontext
des demographischen Wandels und der Weiterentwicklungen und Innovationen
im Fachgebiet Herzchirurgie, können auch ältere und hochbetagte Menschen
erfolgreich operiert werden. Die Überlebensrate liegt seit Jahren konstant
bei über 97 Prozent, auch für diese Altersgruppe. Jüngere Patient:innen
profitieren vor allem von der Nachhaltigkeit der koronaren
Bypassoperation.

Schwere, chronische Herzschwäche: Mechanische Herz-Kreislauf-Unterstützung
sichert Überleben, ersetzen jedoch nicht den Goldstandard der
Herztransplantation

Für Patient:innen mit schwerster Herzinsuffizienz, bei denen andere
Therapieoptionen ausgeschlossen werden müssen, ist die Versorgung mit
einem implantierbaren Herzunterstützungssystemen, sog. ventrikulären
assist devises (VAD), die einzige Überlebensoption. Zum einen dienen sie
einer Überbrückung der Wartezeit auf ein geeignetes Spenderherz; zum
anderen können sie seit längerem auch als Dauertherapie, wenn bspw. eine
Transplantation nicht in Frage kommt, implantiert werden.
Hierbei kommen vorrangig Linksherzunterstützungs-systeme (LVAD) zum
Einsatz, die heutzutage auf Grund technischer Innovationen auch
langfristig zum Einsatz kommen, und den betroffenen Patient:innen das
Überleben mit akzeptabler Lebensqualität ermöglichen. Ein solches System
wird in die Spitze der linken Herzkammer implantiert, wenn die
Pumpleistung des Herzens nicht mehr ausreicht, um den Körper ausreichend
mit sauerstoffreichem Blut zu versorgen.

Im Vergleich 2020 vs. 2019, sank die Zahl der implantierten LVAD um 10,5%
auf 827 (2019: 924). Die Gründe für den Rückgang finden sich u.a. im
Zusammenhang der erheblich beeinträchtigten Krankenhaus-
Versorgungssituation seit dem Jahr 2020 durch die COVID-19-Pandemie. Wie
in den Vorjahren, bleiben auch die Zwei-Kammer bzw. biventrikulären assist
devices (Unterstützung beider Herzkammern; BVAD) mit 12 und die Voll-
Kunstherzen (total arteficial hearts = TAH) mit 4 Implantationen auf
niedrigem Niveau. Die mechanische Herz-Kreislaufunterstützung bietet
keinen angemessenen Ersatz für das Herz, daher bleibt die
Herztransplantation die beste Therapieoption bei schwerer Herzschwäche im
Endstadium.

Herzinsuffizienz im Endstadium: Organspende bleibt „Segen und Fluch“

Die allerletzte Rettung bei schwerer Herzinsuffizienz im Endstadium ist
die Herztransplantation durch eine Organspende; der unveränderte Mangel an
Spenderorganen rückt eine Chance auf ein geeignetes Spenderherz jedoch in
die Ferne. Nach Angaben der Eurotransplant (ET), der für meisten
europäischen Länder zuständigen Institution für die Organvergabe, ist die
Bundesrepublik mit durchschnittlich 10,8 Spendern je eine Million
Einwohner (2021) deutlich spendenunwilliger als andere ET-
Mitgliedsstaaten. „Der Organspendemangel in Deutschland führt zu langen
Wartezeiten auf ein Spenderherz“, erklärt Prof. Dr. Andreas Böning. „Wir
als DGTHG plädieren, ohne Wenn und Aber für eine Widerspruchslösung.“ Im
Vergleich zum Jahr 2019 mit 344 verpflanzten Herzen, sank die Anzahl der
Herz-Transplantationen 2020 auf 339. Der nur leichte Rückgang kann
durchaus im Kontext der wiederholten Organspendekampagnen stehen, die das
Thema in das Bewusstsein der Öffentlichkeit getragen haben. Dennoch warten
aktuell in Deutschland rund 8.458 Menschen auf ein Spenderorgan (2022);
allein 727 Patient:innen standen am 31.12.2021 auf der Warteliste für eine
Herztransplantation. „Die Lage bleibt ernst“, betont DGTHG-Präsident Prof.
Böning.

Herzrhythmus-Systeme (CRT) zur Behandlung der Herzinsuffizienz

Die Implantation sog. kardialer Resynchronisationsgeräte (CRT) ist eine
effektive Behandlungsmöglichkeit für Patient:innen mit chronischer
Herzinsuffizienz, die u.a. auch auffällige EKG-Veränderungen aufweisen,
insbesondere einen Linksschenkelblock und eine signifikant verzögerte
Herzkammer-Erregungsleitung (QRS >150ms). Im Jahr 2020 wurden in
Deutschland insgesamt 12.632 CRT-Systeme neu implantiert. Die
Neuimplantationen gliedern sich in 5.196 CRT-P und 7.436 CRT-D-Systeme.
Für die richtige Indikationsstellung und Therapie ist das
interdisziplinäre Herzteam entscheidend.

Herzinsuffizienz durch Klappenerkrankungen: Interdisziplinäres Herzteam
entscheidend für Patientensicherheit und Behandlungserfolg

Die zumeist altersbedingte, erworbene degenerative Aortenklappenstenose
(Verendung der Aortenklappe) und Mitralklappeninsuffizienz (Undichte der
Mitralklappe) können durch verschiedene invasive Verfahren behandelt
werden. In Anlehnung an die nationalen Vorgaben und
europäischen/amerikanischen Leitlinien, ist jede(r) Patient:in umfassend
über alle Therapieoptionen zu informieren, interdisziplinär zu beraten und
in die Konsensfindung im Herzteam verpflichtend einzubinden, um zur
bestmöglichen Therapieentscheidung kommen zu können. In Hinblick auf die
Aortenklappenstenosen erhielten im Jahr 2020 8.049 Patienten einen
isolierten Aortenklappenersatz; im Jahr 2019 waren es 9.233. Für diese
Therapie macht die Altersgruppe der 60- bis unter 80-Jährigen mit 67,1
Prozent den weitaus größten Patientenanteil aus. Die Zahl der kombinierten
Aortenklappen- und Bypasseingriffe stieg im Jahr 2020 auf 4.742 (2019:
4.652). Für die Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz bleiben die
herzchirurgisch offenen Rekonstruktionsverfahren der Goldstandard; dies
bestätigt auch die Leitlinie der europäischen Fachgesellschaften EACTS-ESC
aus dem Jahr 2021. Im Vergleich zu 2019 wurden 2020 insgesamt 6.050
isolierte Mitralklappenoperationen durchgeführt (2019: 6.419); in 61,1
Prozent der Fälle konnte die Mitralklappe rekonstruiert werden. „Die
Lebensqualität und Prognose der Patient:innen mit einer Herzinsuffizienz
werden durch die im interdisziplinären Herzteam abgestimmte Therapie der
Herzklappenerkrankung signifikant verbessert“, erklärt Prof. Andreas
Böning.

Herzchirurgische Versorgung bundesweit konstant auf hohem Niveau

Die herzmedizinische Versorgung durch die bundesweit 78 Fachabteilungen
für Herzchirurgie ist seit Jahren konstant auf hohem Niveau gesichert.
161.817 Herzoperationen mit und ohne Herz-Lungen-Maschine (HLM) wurden
insgesamt im Jahr 2020 von den bundesweit 1.139 tätigen Herzchirurg*innen
durchgeführt. Im Durchschnitt wurden somit pro Fachabteilung 2.075
Operationen mit und ohne HLM ausgeführt. Im Zeitraum von 2011 bis 2020 ist
in der Altersgruppe der ab 80-Jährigen die Zahl der Herzoperationen von
12.788 auf 16.928 angestiegen. „Zur erfolgreichen Behandlung aller
Herzerkrankungen, nicht nur der Herzschwäche, brauchen wir daher zwingend
das Herz-Board“, fordert Prof. Böning.

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