Wie digitale Geräte Vorhofflimmern erkennen
Frühe Diagnose ist entscheidend, Wearables können ersten Hinweis geben.
Deutsche Herzstiftung erklärt Vor- und Nachteile der Messung per
Smartwatch
Die Volkskrankheit Vorhofflimmern ist die häufigste anhaltende
Herzrhythmusstörung mit 1,5 bis 2 Millionen Betroffenen in Deutschland.
„Vorhofflimmern ist eine ernst zu nehmende Herzrhythmusstörung, weil sie
unbemerkt und unbehandelt zur lebensbedrohlichen Gefahr bis hin zu
Herzschwäche und Schlaganfall werden kann“, warnt der Herzspezialist und
Vorstandsvorsitzende der Deutschen Herzstiftung Prof. Dr. med. Thomas
Voigtländer. Auch Demenz und eine verminderte Lebensqualität sind weitere
mögliche Folgen dieser Herzrhythmusstörung.
Eine frühzeitige Diagnose von Vorhofflimmern ist daher entscheidend, um
die Risiken zu mindern, doch in einigen Fällen gestaltet sich das
schwierig: „Wenn eine Rhythmusstörung nur kurz anhält, ist es eine
Herausforderung, sie mit einem herkömmlichen EKG zu dokumentieren“,
erläutert Prof. Dr. Christian Veltmann, Kardiologe und Elektrophysiologe
am Klinikum Links der Weser in Bremen. Moderne Smartwatches und andere
tragbare Geräte mit EKG-Sensoren oder vergleichbarer Technik, sogenannte
„Wearables“, könnten dann bei der Diagnose unterstützen. „Wearables können
Vorhofflimmern mit einer hohen Treffsicherheit erkennen, können die
Diagnose beim Arzt aber nicht ersetzen“, betont der Kardiologe. Anlässlich
der bundesweiten Herzwochen zu Vorhofflimmern informiert die Deutsche
Herzstiftung unter <www.herzstiftung.de/herzwoche
Geräte bei der Diagnose helfen können, wie sie funktionieren und welche
Vor- und Nachteile sie bieten.
Vorhofflimmern bleibt häufig unbemerkt
Bei vielen Patienten äußert sich das Vorhofflimmern durch Herzstolpern
oder Herzrasen, einer Einschränkung der Belastbarkeit, Enge in der Brust,
Schwindel oder Schwäche. Bei einigen Betroffenen verursacht die
Herzrhythmusstörung allerdings keinerlei Symptome. Doch auch diese
Patienten sind von Schlaganfall und Herzschwäche bedroht. Wegen der
möglichen schwerwiegenden Folgen empfehlen kardiologische
Fachgesellschaften inzwischen, Risikopatienten regelmäßig auf
Vorhofflimmern zu testen (Screening). „Alle Menschen über 75 Jahre sowie
Patienten über 65 Jahre mit weiteren Risikofaktoren für einen Schlaganfall
sollten regelmäßig auf Vorhofflimmern untersucht werden“, erklärt
Veltmann. Um die Rhythmusstörung zu erkennen, setzen Ärzte entweder ein
klassisches 12-Kanal-EKG, ein Langzeit-EKG oder einen sogenannten
Ereignisrekorder ein. Eine besondere Herausforderung für die Diagnose ist
es, wenn das Vorhofflimmern nur gelegentlich auftritt. „Zum Screening auf
Vorhofflimmern eignen sich Wearables deshalb besonders gut, weil sie
sowohl ein regelmäßiges – etwa einmal am Tag – als auch ein gelegentliches
Screening – immer mal wieder – ermöglichen“, erklärt Veltmann.
So funktioniert die Messung per Smartwatch
Für die Messung der elektrischen Aktivität des Herzens per Smartwatch
werden zwei Verfahren eingesetzt: Beim 1-Kanal-EKG sind zwei Elektroden in
der Smartwatch integriert. Die Elektrode an der Rückseite des Gerätes hat
Kontakt mit dem Trägerarm, die zweite Elektrode an der Oberseite der Uhr
wird durch Berühren mit dem Finger der anderen Hand aktiviert.
Völlig anders funktioniert die sogenannte Photoplethysmographie (PPG), bei
der die Herzfrequenz optisch mittels Infrarotlicht gemessen wird. Bei
diesem Verfahren sendet die Smartwatch Infrarotlicht in die Haut und misst
gleichzeitig, wie viel Licht die Haut reflektiert. Diese Menge ist
abhängig davon, wie viel Blut durch die oberflächlichen Kapillaren fließt.
Das Gerät rechnet die reflektierte Lichtmenge in eine Pulswelle um und
erkennt Unregelmäßigkeiten wie Herzrhythmusstörungen mit großer
Zuverlässigkeit.
Beide von Wearables genutzten Verfahren – ob mit Elektroden oder
Photoplethysmographie – sind in der Lage, Vorhofflimmern mit einer
Treffsicherheit von über 90 Prozent zu erkennen. Der Vorteil: Regel- oder
Unregelmäßigkeiten werden vom Gerät in bestimmten zeitlichen Abständen
unbemerkt vom Träger aufgezeichnet und ausgewertet. Ergeben sich Anzeichen
von Vorhofflimmern, erhält der Anwender den Hinweis, sich ärztlich auf
Vorhofflimmern untersuchen zu lassen. „Wearables sind in der Lage
Vorhofflimmern zu erkennen und zu dokumentieren, allerdings bedarf es
immer einer Bestätigung der Diagnose für die erfasste Rhythmusstörung
durch den Facharzt“, betont Prof. Voigtländer. Um Unsicherheiten und
Fehlinterpretationen zu vermeiden, sollten die Geräte am besten gezielt
und in Absprache mit dem behandelnden Arzt eingesetzt werden.
Smartwatches und ihre Grenzen: erfassen keine Durchblutungsstörungen
Besonders wichtig für Anwender von Smartwatches ist der Punkt, dass die 1
-Kanal-EKG-Erfassung dieser Geräte nicht die Erkennung von
Durchblutungsstörungen des Herzmuskels ermöglichen. „Smartwatches sind
nicht dafür geeignet, einen Herzinfarkt oder bösartige
Herzrhythmusstörungen zu erkennen. Bei Schmerzen im Brustraum, die auf
einen Herzinfarkt hinweisen könnten, dürfen Betroffene daher keine Zeit
mit der Smartwatch verlieren, sondern müssen nach wie vor sofort den
Notruf unter 112 verständigen“, sagt der Herzstiftungs-Vorsitzende Prof.
Voigtländer.
Weitere Informationen zur Funktionsweise sowie zu Vor- und Nachteilen von
Wearables der Deutschen Herzstiftung:
Online-Beitrag „Nutzt eine Smartwatch Herzpatienten wirklich?“
<www.herzstiftung.de/smartwatc
„Digitale Diagnosehelfer - Wearables können den Puls erfassen und vor
Vorhofflimmern warnen“ veröffentlicht in der neuen Herzstiftungs-Broschüre
„Turbulenzen im Herzen: Vorhofflimmern – Zurück in den Takt“. Kostenfrei
zu beziehen über <www.herzstiftung.de/herzwoche
E-Mail <
Herzwochen-Veranstaltungen
Über Ursachen und Symptome, aktuelle Diagnose- und Therapieverfahren bei
Vorhofflimmern sowie die Gerinnungshemmung informieren Herzspezialisten
bundesweit. Die Veranstaltungstermine sind unter
www.herzstiftung.de/herzwochen abrufbar oder telefonisch unter 069
955128400 zu erfragen.
Weitere Informationen und kostenfreie Ratgeber zum Herzwochen-Thema
Vorhofflimmern unter:
<www.herzstiftung.de/herzwoche
<www.herzstiftung.de/vorhoffli
Videos zum Thema Vorhofflimmern:
<https://www.youtube.com/Deuts
Podcasts zum Thema Vorhofflimmern:
<www.herzstiftung.de/podcasts>