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Vorhofflimmern: Katheterablation stoppt Störfeuer im Herzen

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Gezielte Verödungen am Herzen bringen unregelmäßigen Herzschlag in den
richtigen Takt. Das ermöglicht es, auf Medikamente zu verzichten. Welche
Patienten profitieren besonders von der Katheterablation und was
versprechen neue Technologien?

(Frankfurt a. M., 24. Oktober 2022) Herzrhythmusstörungen sind für
Betroffene meist mit Ängsten, hohem Leidensdruck und Leistungseinbußen
verbunden. Rund 1,5 bis 2 Millionen Menschen in Deutschland leiden an
Vorhofflimmern, der häufigsten anhaltenden Herzrhythmusstörung. Das
Risiko, dass das Herz unregelmäßig schlägt, steigt mit zunehmendem Alter
an. Ab 55 Jahren beträgt es fast 40 %. Beschwerden, die durch
Vorhofflimmern verursacht werden, sind zum Beispiel Herzrasen, Luftnot,
Brustschmerzen, Schwindel oder auch eine eingeschränkte Belastbarkeit. Es
gibt aber auch Menschen, bei denen verursacht das Vorhofflimmern gar keine
Symptome. Bei ihnen wird die Diagnose meist zufällig gestellt.
Die Folgen eines unerkannten und unbehandelten Vorhofflimmerns können
gravierend sein. So erhöht sich das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden
um das Fünffache. „Schätzungsweise 20 bis 30 Prozent aller Schlaganfälle
gehen auf Vorhofflimmern zurück“, betont Prof. Dr. med. Stephan Willems,
Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Herzstiftung und
Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin in
der Asklepios-Klinik St. Georg in Hamburg. Bei manchen Menschen kann
Vorhofflimmern, vor allem bei hoher Herzfrequenz (Puls), zu einer
Herzschwäche führen. „Es ist daher wichtig, Vorhofflimmern frühzeitig zu
erkennen und zu behandeln“, so der Herzspezialist anlässlich der
bundesweiten Herzwochen, die sich unter dem Motto „Turbulenzen im Herz“
unter <www.herzstiftung.de/herzwochen> dem Vorhofflimmern widmen.
Der unregelmäßige Herzschlag tritt zunächst nur kurz, anfallsartig und
selten auf. Die Mediziner sprechen vom „paroxysmalen Vorhofflimmern“.
Unbehandelt schreitet die Erkrankung fort. Es folgen andauernde und häufig
auftretende Episoden, bis das Vorhofflimmern schließlich dauerhaft
vorhanden ist. Es handelt sich dann um ein „persistierendes
Vorhofflimmern“.

Zunehmend wird die Katheterablation eingesetzt
Ursache des Vorhofflimmerns sind Herzmuskelfasern, die vom linken Vorhof
in die Lungenvenen ragen. Die Lungenvenen sind dafür verantwortlich das
sauerstoffreiche Blut aus der Lunge in das linke Herz zu transportieren.
Diese Muskelbrücken senden störende elektrische Signale aus und bringen
den Herzschlag durcheinander. Um ihn wieder zu normalisieren, gibt es die
Möglichkeiten, den Herzschlag mit Medikamenten zu verlangsamen oder auch
wieder in den richtigen Takt zu bringen. Dies war viele Jahre der
Therapiestandard. Die andere Option, mit einem minimalinvasiven Eingriff,
einer sogenannten Katheterablation, die Störung direkt am Herzen zu
beseitigen, hält mehr und mehr Einzug in die Kardiologie. Der Katheter ist
ein feiner Kunststoffschlauch, der – unter vorheriger Gabe eines leichten
Beruhigungsmittels und örtlicher Betäubung – über die Leistenvene zum
Herzen vorgeschoben wird.

Minimalinvasiver Eingriff mit 60- bis 90-prozentigem Heilungserfolg
Am Ende des Katheters können Hitze, Kälte oder Mini-Stromstöße gezielt die
für die „Störfeuer“ verantwortlichen Herzmuskelfasern veröden. Ziel ist
es, sie dauerhaft auszuschalten. „Studien haben gezeigt, dass die
Katheterablation der medikamentösen Therapie hinsichtlich des
langfristigen Erhalts des normalen Herzrhythmus‘ überlegen ist“, erklärt
Prof. Willems. „Mithilfe der Katheterablation kann das Vorhofflimmern
sogar mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 bis 90 Prozent geheilt werden,
je nachdem wie lange es schon besteht.“

Neue Technik: „Elektroporation“ lässt Störfeuer versiegen
Hier einige der wesentlichen Verfahren im Überblick, die die
Herzspezialist*innen bei einer Katheterablation anwenden:

•       Bei der „Hochfrequenzstrom-Ablation“, lange Zeit der Goldstandard
in der Katheterablation, vernarben sie die Herzmuskelfasern, die in die
Lungenvenen ragen und das Wirrwarr der elektrischen Signale verursachen,
punktgenau mit einer Energie von 25 bis 40 Watt für zirka 30 bis 60
Sekunden.
Die ersten Katheterablationen erfolgten lediglich unter Röntgenkontrolle.
Bei der Hochfrequenzstrom-Ablation kommen zusätzlich dreidimensionale
Mappingsysteme zum Einsatz. Sie erstellen computergestützt eine
geometrische Karte des Herzinneren, zeigen sehr präzise die Störungen der
elektrischen Erregung des Herzens und ermöglichen, diese treffsicher mit
dem Katheter zu behandeln. Durch Verwendung des dreidimensionalen
Mappingsystems kann der/die Untersucher*in die notwendige Röntgenstrahlung
reduzieren.
•       Neu und eine Optimierung der „Hochfrequenzstrom-Ablation“ ist das
„High Power Short Duration (HPSD)“-Verfahren (hohe Energie, kurze Dauer),
bei der die Ärzt*innen für 4 bis 7 Sekunden eine Energie von 70 bis 90
Watt verwenden. Die kurze und starke Hitzeeinwirkung erlaubt es, die
Störzellen noch fokussierter zu veröden und umliegendes Gewebe zu schonen.
Die Behandlungsdauer ist kürzer, sicherer und wirkt langfristig besser.
Das lassen klinische Studien vermuten.
•       Bei der „Kryo- oder Kälteablation“ bringen die Fachärzte mit dem
Katheter einen „Kryoballon“ vor jede Lungenvene und kühlen diese für 2 bis
4 Minuten auf minus 40 bis minus 60 Grad Celsius herunter. „Kryos“ ist
altgriechisch und bedeutet „Eis“. Dieses Verfahren wird wie auch die
anderen Techniken stetig weiterentwickelt.
Die Hochfrequenzstrom- und die Kälteablation sind, was Sicherheit und
Erfolg insbesondere bei der Behandlung von Patienten mit „paroxysmalem
Vorhofflimmern“ angeht, gleichwertig und gut geeignet. Die Kryoablation
bietet ein schnelles und schonendes Verfahren zur Behandlung von
Vorhofflimmern.
•       Die „Pulsed Field Ablation“ (PFA) ist eine völlig neuartige
Technologie für die Katheterablation, die erst seit Kurzem verfügbar ist.
Sie wird auch als „Elektroporation“ bezeichnet. Mithilfe des Katheters
werden zielgenau ultraschnelle elektrische Felder erzeugt. Diese führen zu
mikroskopisch kleinen Poren in den Membranen der Herzmuskelzellen, die mit
ihren Signalen das Herz aus dem Takt bringen. Die Zellen sterben ab, die
Störfeuer versiegen, das angrenzende Gewebe wird nicht beschädigt. Wie bei
der „Kryo- oder Kälteablation“ wird jede Lungenvene einzeln behandelt.
„Die PFA ist eine sehr effektive und schonende Methode mit nur wenig
Komplikationen“, erklärt der Hamburger Herzspezialist Willems. „Es stehen
allerdings noch umfangreiche Studien aus, aber der berichtete Erfolg
erster Untersuchungen scheint vielversprechend.“

Die Katheterablation ist insgesamt effektiv und sicher
In Deutschland wurden im Jahr 2020 schätzungsweise etwas mehr als 94.000
Katheterablationen vorgenommen (Deutscher Herzbericht 2021). In nur rund
ein Prozent der Eingriffe kommt es zu Komplikationen. So können Blutungen
im Herzbeutel, Schlaganfälle durch verschleppte Blutgerinnsel und
Blutungen in Hirngefäßen oder Blutergüsse an der Einstichstelle der Leiste
auftreten. Potenziell lebensbedrohlich ist es, beim Eingriff die
Speiseröhre zu verletzen. „Das kommt jedoch sehr selten vor“, sagt
Chefarzt Willems. „Insgesamt sind die Verfahren der Katheterablation zur
Behandlung von Vorhofflimmern sehr effektiv und sicher.“ Entscheidend sei,
die Ablation möglichst früh und in spezialisierten Zentren vorzunehmen.

Jeder zweite Betroffene wird geheilt
„Bei etwa jeder zweiten betroffenen Person, die mit einer Katheterablation
behandelt wurde, kehrt das Vorhofflimmern nicht wieder“, betont Prof.
Willems. Beim anfallsartigen Vorhofflimmern sei das nach einem Jahr sogar
bei 70 bis 80 % der Fall, nach wiederholten Eingriffen bei bis zu 90 % der
Patienten. Betroffene, die bereits längere Zeit an anhaltendem
Vorhofflimmern leiden, haben bislang geringere Aussichten, dauerhaft
gesund zu werden. „Doch die Techniken der Katheterablation werden stetig
weiterentwickelt und so hoffen wir, auch diese Patienten in Zukunft besser
behandeln zu können.“
(weg)

Weitere Informationen und kostenfreie Ratgeber zum Herzwochen-Thema
Vorhofflimmern unter:
<www.herzstiftung.de/herzwochen>
<www.herzstiftung.de/vorhofflimmern>
<www.herzstiftung.de/vorhofflimmern-behandlung>

Videos zum Thema Vorhofflimmern (und zur Katheterablation):
<https://www.youtube.com/DeutscheHerzstiftung>

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