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Medizinische Privatbehandlungen ohne Qualifikation: Ärzteverbände sehen Qualität der Patientenversorgung in Gefahr

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Zwei kürzlich ergangene Berufungsurteile könnten für privat versicherte
Patientinnen und Patienten sowie die Ärzteschaft in Deutschland insgesamt
eine Zäsur darstellen. Denn nach diesen Urteilen dürfen Ärztinnen und
Ärzte medizinische Leistungen auch in Fachgebieten erbringen und mit der
privaten Krankenversicherung abrechnen, für die sie nicht ausreichend
weitergebildet sind. Darf ein Gynäkologe künftig also auch Kreuzschmerzen
und eine HNO-Ärztin einen Leistenbruch behandeln? Medizinische
Fachverbände warnen vor den Folgen der Urteile.

Konkret geht es um zwei Urteile des Bayerischen Obersten Landesgerichtes
und des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main aus dem Jahr 2022. Beide
Verfahren befassten sich mit der Frage, ob Orthopäden Leistungen, die sie
mittels Magnetresonanztomographie (MRT) bei privat versicherten
Patientinnen und Patienten erbracht hatten, mit deren privater
Krankenversicherung abrechnen durften. Die beiden Ärzte waren nach den
Maßstäben der ärztlichen Weiterbildungsordnung für diese radiologischen
Leistungen nicht ausreichend qualifiziert. Die private Krankenversicherung
der betroffenen Patientinnen und Patienten hatte daher die Abrechnungen
beanstandet und dagegen geklagt.

Sowohl das Bayerische Oberste Landesgericht als auch das Oberlandesgericht
Frankfurt am Main haben entschieden, dass eine MRT, die ein Arzt außerhalb
seiner eigenen Fachgebietsgrenzen und ohne die einschlägig geforderte
Zusatzweiterbildung erbringt, nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mit
privaten Krankenversicherungen abgerechnet werden darf. Der Besuch von
Lehrgängen reichte den Gerichten als Qualifikationsnachweis hierfür aus.

Urteile mit gravierenden Folgen für Patientenversorgung und Ärzteschaft

Solche Lehrgänge entsprechen vom Umfang und Inhalt her aber bei weitem
nicht den Anforderungen der für Ärztinnen und Ärzte maßgeblichen
Weiterbildungsordnungen (WBO) der Landesärztekammern. Das bedeutet:
Künftig reicht allein die Approbation aus, um als Ärztin oder Arzt auch
außerhalb eigener fachärztlicher Gebietsgrenzen Leistungen bei privat
Versicherten zu erbringen und mit der privaten Krankenversicherung
abzurechnen. Demgegenüber greifen in der gesetzlichen Krankenversicherung
verbindliche Regeln zur Qualitätssicherung, die dies bislang ausschließen.

„Wir befürchten, dass die beiden Urteile zu einer nicht hinnehmbaren
Gefährdung der Qualität fachärztlicher Leistungen führen. Sie bedeuten in
der Konsequenz, dass die Sicherheit von Patientinnen und Patienten nicht
mehr gewährleistet ist“, sagt Professor Gerald Antoch, Direktor des
Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am
Universitätsklinikum Düsseldorf, stellvertretender Präsident der Deutschen
Röntgengesellschaft (DRG) und Sprecher Gesundheitsstrategie des Vorstandes
der DRG.

„Die Aufweichung fachärztlicher Gebietsgrenzen widerspricht auch dem
Grundgedanken einer wirtschaftlichen medizinischen Versorgung. Wenn zum
Beispiel die Durchführung und Befundung einer MRT und die daraus folgende
Therapieentscheidung in der Hand nur einer Ärztin oder eines Arztes liegt,
kann das dazu führen, dass Leistungen ausgeweitet werden und damit die
Kosten für die private Krankenversicherung und die Beihilfe enorm
steigen“, warnt Prof. Antoch.

Die jüngsten Urteile alarmieren nicht nur die Radiologinnen und
Radiologen, sondern die Ärzteschaft insgesamt. So hat zum Beispiel auch
der 126. Deutsche Ärztetag im Mai 2022 das Problem erkannt und die
ärztliche Selbstverwaltung aufgefordert, die Qualität der ärztlichen
Leistung sicherzustellen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten.

Die radiologischen Fachorganisationen fordern zur Sicherung der Qualität
und Patientensicherheit in der privatärztlichen Versorgung von der
Selbstverwaltung und dem Gesetzgeber, dass

-       die ärztliche Tätigkeit in einem Fachgebiet zwingend auch eine
entsprechende Weiterbildung (gemäß WBO) voraussetzt,

-       die Erbringung und Abrechnung privatärztlicher Leistungen in der
GOÄ unter einen Qualifikationsvorbehalt (gemäß WBO) gestellt wird und

-       die Heilberufsgesetze der Länder so präzisiert werden, dass der
hier bereits heute definierte Gebietsvorbehalt bei fehlender Qualifikation
als Verbotsgesetz wirkt.

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