Forschung an (noch) lebenden Teilen der Lunge
Prof. Dr. Stéphane Collaud von der Universität Witten/Herdecke kann neue
Medikamente und Chemotherapie außerhalb des Körpers testen.
Prof. Dr. Stéphane Collaud ist Chefarzt für Thoraxchirurgie an den
Kliniken der Stadt Köln und gleichzeitig Lehrstuhlinhaber für dieses Fach
an der Universität Witten/Herdecke (UW/H). Er operiert vorwiegend Tumore
an der Lunge oder den Atemwegen – sowohl minimalinvasiv „durchs
Schlüsselloch“ als auch offen. „Wenn wir Lungenkrebs operieren, müssen wir
ausreichend Sicherheitsabstand einhalten. Den entnommenen Teil, den
sogenannten ‚Lungenlappen‘, können wir – selbstverständlich nur mit
Einwilligung des Patienten bzw. der Patientin – über mehrere Stunden am
Leben halten“, beschreibt er die Vorbereitung seiner eigentlichen
Forschungsarbeit. Denn an diesen lebenden Lungenteilen testet er neue
Arten von Chemotherapie oder andere Medikamente. Durch hochauflösende
Tomographie-Bilder aus dem normalen CT und dem zur Krebserkennung
spezialisierten PET-CT kann er außerdem besser verstehen, wie der Krebs
entsteht und sich ausbreitet.
Von der Lungentransplantation zur Forschung für bessere Krebsbehandlung
Den großen Fortschritt in dieser Forschung brachte eine Maschine, die
Prof. Collaud mit einem Team von Mediziner:innen in seiner vorherigen
beruflichen Station, der Ruhrlandklinik in Essen, angewandt und jetzt mit
nach Köln gebracht hat. Schon seit einigen Jahren gibt es sogenannte Ex-
vivo-Lungenperfusionssysteme. Daran werden Lungen vor einer
Transplantation „angeschlossen“ und mit einer Ersatzlösung für Blut und
Sauerstoff versorgt. Durch diese Vorbehandlung können auch Lungen
transplantiert werden, die sonst nicht geeignet wären. Mit diesem System
hat Prof. Collaud bereits 2012 während seines Aufenthaltes im weltweit
führenden Lungentransplantationszentrum in Toronto gearbeitet. „Die
bestehenden Maschinen haben wir nun angepasst, um Teile der Lunge nach der
Krebsoperation über Stunden am Leben zu halten“, schildert er seine Rolle
bei der Entwicklung der neuen Forschungsperspektive. „Die Möglichkeit,
neue Medikamente wie Chemotherapie quasi wie im lebenden Körper zu testen,
bietet große Hoffnung für bessere Behandlungen in einigen Jahren“, drückt
er seinen Ansporn aus. „Eine Anwendungsmöglichkeit wäre eine direkte,
lokale Chemotherapie in der Lunge. Dies könnte beispielsweise bei
Patientinnen und Patienten mit Sarkomen und Lungenmetastasen durchgeführt
werden.“
Klinische Forschung und bessere Operationsmethoden
Ein weiteres Standbein der Forschungsarbeit von Prof. Collaud ist die
Weiterentwicklung bestehender Operationsmethoden. Dabei spielt auch seine
eigene operative Fähigkeit eine Rolle und beflügelt manchmal die Fantasie:
„Ich konnte zum Beispiel eine Operationsmethode mitentwickeln, die vor
einigen Jahren noch einen deutlich größeren Eingriff erfordert hätte“,
sagt er. So ist es gelungen, den Lungenkrebs bei einem schwer kranken
Patienten vollständig zu entfernen. Bei ihm war der Krebs in die
Hauptschlagader, die ‚Aorta“‘, eingewachsen. Die Mediziner:innen konnten
die Aorta mit einer Art Stent versorgen und so den von Krebs befallenen
Teil mit deutlich geringeren Risiken entfernen. Weitere Patient:innen mit
fortgeschrittenem Lungenkrebs oder Brustkorbsarkomen wurden seitdem
dadurch gerettet. Diese Technik gilt inzwischen international inzwischen
als Standard für diese Art der Operationen. Für Collaud steht fest, dass
es noch viel Spielraum für neue Methoden gibt: „Bei solchen Eingriffen
kommt es eben auch auf die Kombination von operativem Geschick und neuen
Methoden an. Ich glaube, dass wir noch viele Erfolge haben werden, auch
bei Krankheitsgeschehen, die bisher für viele Chirurgen als inoperabel
galten.“
Weitere Informationen:
Prof. Dr. med. Stéphane Collaud, 0221/8907-18640, collauds@kliniken-
koeln.de
Ansprechpartner Presseteam Witten: Kay Gropp, 02302/926-805, kay.gropp
@uni-wh.de
Ansprechpartnerin Presseteam Köln, Sigrid Krebs Telefon: 0221 8907-2291,
Über uns:
Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) nimmt seit ihrer Gründung 1982 eine
Vorreiterrolle in der deutschen Bildungslandschaft ein: Als
Modelluniversität mit rund 3.000 Studierenden in den Bereichen Gesundheit,
Wirtschaft und Gesellschaft steht die UW/H für eine Reform der klassischen
Alma Mater. Wissensvermittlung geht an der UW/H immer Hand in Hand mit
Werteorientierung und Persönlichkeitsentwicklung.
Witten wirkt. In Forschung, Lehre und Gesellschaft.