Würzburger Universitäts-HNO-Klinik: Neues Mediennetzwerk ermöglicht OP- Live-Übertragungen auf Spitzenniveau
In 3D und mit 4K: Nach umfangreichen Entwicklungs- und
Installationsarbeiten verfügt die HNO-Klinik des Uniklinikums Würzburg
jetzt über ein neues Mediennetzwerk, mit dem Operationen zu
Schulungszwecken nach höchsten Standards übertragen werden können –
innerhalb der Klinik und weltweit. Seine erfolgreiche Feuertaufe erlebte
das System beim diesjährigen Mikrochirurgischen Mittelohr-Kurs.
Die Video-Übertragung vom Operationssaal in den Hörsaal hat an der HNO-
Klinik des Uniklinikums Würzburg (UKW) eine lange Tradition: Mit
Unterstützung der Dr.-Herbert-Brause-Stiftung Würzburg können schon seit
dem Jahr 2006 Studierende und Kursteilnehmende in dreidimensionalen Live-
Bildern am OP-Geschehen teilnehmen und mit dem Operateur kommunizieren.
Was zunächst nur vor Ort möglich war, wurde zu Beginn der Corona-Pandemie
im Jahr 2020 durch ein aufwändiges Live-Broadcast- und -Streaming-System
zu einem Online-Angebot erweitert.
Konzept für neues Audio-Video-Netzwerk erarbeitet
„Parallel zu dieser letzten Entwicklung fassten wir den Plan, das gesamte
System technologisch auf den heute bestmöglichen Stand zu heben, der zudem
Raum für zukünftige Weiterentwicklungen gibt“, schildert Klinikdirektor
Prof. Dr. Rudolf Hagen. Deshalb gründete er im Jahr 2020 ein Team zur
Modernisierung der Anlage. Die Projektleitung übernahmen der
stellvertretende Klinikdirektor Prof. Dr. Kristen Rak und der Oberarzt Dr.
Johannes Völker. Das in der Folge erarbeitete Konzept für ein neues Audio-
Video-Netzwerk wurde von der Dr.-Herbert-Brause-Stiftung erneut gefördert,
diesmal mit 130.000 Euro.
„Unsere Ziele dabei waren vielfältig“, beschreibt Dr. Völker und fährt
fort: „Während bisher nur Bilder von einzelnen wenigen OP-Mikroskopen
übertragen werden konnten, sollte das neue Netzwerk alle fünf regulären
sowie den experimentellen OP-Saal der HNO-Klinik, deren Felsenbein-Labor
und Konferenzräume, das klinikeigene Videolabor und das Direktorat
einbinden – und zwar bidirektional.“ Außerdem sollte die Bildauflösung auf
4K erhöht werden. Die damit mögliche detail- und kontrastreiche sowie
besonders dynamische Darstellung ist zum Beispiel von modernen
Heimkinoanlagen bekannt.
25 km Glasfaserleitungen als Infrastruktur-Voraussetzung
Eine zentrale Voraussetzung für die Neukonzeption war die Installation
eines Mehrfaser-Glasfaser-Netzwerks – 25 Kilometer der leistungsfähigen
Datenleitungen wurden in den letzten Monaten in der HNO-Klinik an der
Josef-Schneider-Straße verlegt und mit bislang 150 Endgeräten an 20
Endpunkten verbunden. Zu diesen zählen zwei spezielle Projektoren, die für
eine brillante 4K/3D-Projektion im Hörsaal angebracht und hochpräzise
ausgerichtet wurden.
„Unser Wunsch war es ferner, in die 3D-Projektion auch zweidimensionale
Bilder – wie Audiogramme, Grafiken oder Röntgenbilder – einklinken zu
können“, berichtet Prof. Hagen.
Allerdings bot der Markt hierfür keine fertigen Lösungen, so dass die HNO-
Klinik in der Konzeptionierungsphase eigene Experimente durchführen
musste. „Glücklicherweise standen uns bei der technologischen Entwicklung
und Umsetzung neben unseren hauseigenen Technikern die Expertinnen und
Experten des Servicezentrums Medizin-Informatik des UKW sowie der
Rottendorfer Firma Soulution zur Seite“, betont der Klinikdirektor.
Erfolgreicher Praxistest beim diesjährigen Mikrochirurgischen Mittelohr-
Kurs
Die Modernisierung des Mediensystems war rechtzeitig abgeschlossen, um
beim 35. Mikrochirurgischen Mittelohr-Kurs vom 13. bis 15. Februar 2023
seine erfolgreiche Feuertaufe zu durchlaufen.
So hatten im Hörsaal die mit Polarisationsbrillen ausgestatteten, rund 56
Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 12 Ländern zum Beispiel pixelgenau die
gleiche dreidimensionale Sicht auf das Operationsfeld, wie es sich dem
Operateur mit dem digitalen Operationsmikroskop Arriscope bietet.
Und das in riesenhafter Vergrößerung: Mittelohrstrukturen, die in der
Realität nur wenige Millimeter groß sind, füllten im Hörsaal eine
Projektionsfläche mit einer Diagonalen von sieben Metern.
„Das Auditorium wie auch unsere externen Referenten waren schlichtweg
begeistert“, freut sich Prof. Hagen.
Neben den Zuschauerinnen und Zuschauern vor Ort nutzen 42 Personen aus elf
Nationen die Möglichkeit zur Online-Teilnahme über das interaktive
Broadcast-System. „Im Moment sehen diese die Bildinhalte auf ihren
heimischen Computerbildschirmen noch in 2D, aber es zeichnet sich ab, dass
zukünftig auch dort eine dreidimensionale Wiedergabe technisch möglich
sein wird“, kündigt Prof. Hagen an. Er resümiert: „Mit dem Mediennetzwerk
haben wir die Voraussetzungen für hochwertige Fachfortbildungen ohne
Reiseaufwendungen sowie eine moderne Online-Lehre geschaffen, die auch
kommende Technologien flexibel integrieren kann.“
Operationstraining jetzt auch online möglich
Zu den seit über drei Jahrzehnten von der HNO-Klinik des UKW
veranstalteten Mikrochirurgischen Mittelohr-Kursen gehören neben Live-OPs
und Vorträgen traditionsgemäß auch Trainingssitzungen im Felsenbein-Labor.
Das Felsenbein ist der Teil des Schädels, der das Mittel- und Innenohr
enthält.
Im Labor der HNO-Klinik konnten auch in diesem Jahr wieder 24
Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer an Präparaten dieses Knochenabschnitts
diverse mikrochirurgische Techniken mit Originalgeräten selbst erproben.
Als Innovation wurde dieses Angebot heuer erstmals auch als Fernkurs
angeboten. Dazu sandte die Klinik zehn interessierten Ärztinnen und Ärzten
aus aller Welt vorab ein Set von Übungsmaterialien zu. Dazu gehörten ein
in allen Details naturgetreu nachgebildetes Felsenbein aus Kunststoff, die
für die Operationen notwendigen Spezialinstrumente sowie eine Endoskop-
Kamera.
Jedem Teilnehmenden stand ein Teammitglied der HNO-Klinik als Betreuer
online zur Seite. Diese konnten über eine Internetverbindung die Aufnahmen
der Endoskop-Kamera beim jeweiligen „Schüler“ in Echtzeit sehen und dessen
Vorgehen anleiten.
„Der Piloteinsatz des wegweisenden Fortbildungsformats hat hervorragend
funktioniert. Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Lösung die
internationale Nachfrage nach unserem Kursangebot in Zukunft noch deutlich
erhöhen wird“, kommentiert Prof. Hagen.