Deutsche erkranken immer häufiger an Asthma, COPD oder Lungenkrebs: Heute erscheint das neue Weißbuch Lunge
Alarmierende Zahlen des heute erschienenen Weißbuchs Lunge: Alle vier
Minuten stirbt in Deutschland ein Mensch an den Folgen einer Lungen- oder
Atemwegserkrankung. Das Auftreten von Asthma hat in den vergangenen Jahren
um 17 Prozent zugenommen, das von chronisch obstruktiven
Lungenerkrankungen (COPD) um acht Prozent, von Lungenkrebs um 33 Prozent
und von Lungenembolien um 71 Prozent. Das sogenannte Schlafapnoe-Syndrom,
also verminderte Atmung oder Atemstillstände während des Schlafs,
verzeichnet sogar einen Anstieg von 92 Prozent.
„Erstmals war es uns möglich, eine deutschlandweite, homogene Datenbasis
von insgesamt 8,8 Millionen Versicherten für unsere epidemiologischen
Analysen zu verwenden. Dies erlaubt uns eine sehr verlässliche und
transparente Hochrechnung – mit der jetzt auch die Politik im Zuge der
aktuellen Krankenhausreform verlässlich arbeiten kann“, erklärt Professor
Winfried J. Randerath, einer der drei Autoren des Weißbuchs und
Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und
Beatmungsmedizin (DGP). Das Weißbuch wird heute im Rahmen des Pneumologie-
Kongresses mit 4.400 Teilnehmenden in Düsseldorf erstmals der
Öffentlichkeit präsentiert. Es fasst – auch für Patientinnen und Patienten
– die aktuellen Eckpunkte der häufigsten Lungenerkrankungen in Deutschland
zusammen und erklärt in verständlicher Sprache die medizinischen
Hintergründe von den Symptomen über die notwendige Diagnostik bis hin zur
Therapie.
Grundsätzlich nimmt die Häufigkeit der meisten Lungenerkrankungen zu,
teilweise stark. Und die langfristigen Folgen der Corona-Pandemie sind zum
jetzigen Zeitpunkt noch nicht einmal genau abzuschätzen. Dies stellt nicht
nur die Pneumologie vor enorme Herausforderungen, sondern auch das gesamte
Gesundheits- und Versicherungswesen. Mit dem Weißbuch Lunge, das die
Deutsche Lungenstiftung (DLS) und die Deutsche Gesellschaft für
Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) gemeinsam herausgeben, kann die
Tragweite von pneumologischen Erkrankungen klar verdeutlicht werden – und
dies bietet sowohl der Politik als auch dem Gesundheits- und
Versicherungswesen eine wichtige Entscheidungshilfe. „Diese transparenten
Zahlen gab es in dieser Form und diesem Umfang noch nicht. Sie erlauben
zum Beispiel auch eine bessere Kostenabschätzung für den stationären
Sektor. Und sie zeigen vor allem, dass es für die adäquate Behandlung von
Atemwegs- und Lungenerkrankungen noch viel mehr Finanzierung braucht“,
sagt Mitautor Professor Adrian Gillissen, Chefarzt der Medizinischen
Klinik III an den Kreiskliniken Reutlingen.
Bessere Datenqualität: Tuberkulose-Fälle gehen zurück – Niveau von
Mukoviszidose und Lungenentzündungen gleichbleibend
Auf relativ gleichbleibendem Niveau sind im Untersuchungszeitraum indes
die Fälle von Mukoviszidose und Lungenentzündung. Eine Abnahme um sechs
Prozent konnte bei der Tuberkulose festgestellt werden. Speziell für die
Tuberkulose konnte auf Daten des Robert Koch-Institutes zurückgegriffen
werden. In die umfassende Analyse des Weißbuchs Lunge wurden Daten der
Dekade von 2010 bis 2019 einbezogen, anonymisiert zur Verfügung gestellt
von der BARMER Ersatzkasse. Sie liefern verlässliche Zahlen darüber, wie
häufig die wichtigsten Erkrankungen von Atmungsorganen in Deutschland
auftreten – und wie sich deren Verbreitung entwickelt. Das Weißbuch Lunge
erscheint seit 1996, zuletzt 2014. „Die Qualität der Daten für die
vollständig überarbeitete Auflage des Weißbuches Lunge hat sich gegenüber
der Version von 2014 signifikant verbessert, weil noch mehr und
detailliertere Datenquellen verwendet werden konnten. Und diese
heterogenere Datenbasis belegt eindeutig, dass die meisten
Lungenerkrankungen häufiger auftreten“, ergänzt Randerath, Chefarzt und
ärztlicher Direktor des Krankenhauses Bethanien in Solingen und Direktor
des wissenschaftlichen Instituts für Pneumologie an der Universität zu
Köln.
Guter Ausgangspunkt für nächstes Weißbuch mit Pandemie-Auswirkungen
Um diesen neuen, großen Herausforderungen zu begegnen, ist auch eine
exzellente Forschung wichtig. In einem separaten Kapitel widmet sich das
Weißbuch Lunge explizit der pneumologischen Forschung, die sich in den
vergangenen Jahren erfolgreich weiterentwickelt hat. Mit Blick in die
Zukunft sagt Mitautor Professor Berthold Jany: „An diesem Weißbuch haben
wir zusammen mit unseren Kooperationspartnern über vier Jahre lang
gearbeitet, auch über die gesamte Corona-Zeit hinweg. Die Datenbasis für
diese Auflage haben wir bewusst mit dem Jahr 2019 beendet, denn mit dem
Start der SARS-CoV-2-Pandemie im Frühjahr 2020 ergeben sich sehr
wahrscheinlich noch einmal neue Entwicklungstendenzen, die den aktuellen
Trend verstärken könnten. Die tatsächlichen Auswirkungen auf die
stationäre und ambulante Versorgung werden wir erst vollständig im
nächsten Weißbuch behandeln können. Die jetzt vorliegenden Zahlen bieten
dafür einen zuverlässigen Ausgangspunkt“, so der Mediziner, ehemaliger
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin.
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Jetzt anschauen: „Weißbuch Lunge 2023“
Autoren und Herausgeber: Professor Adrian Gillissen (Kreiskliniken
Reutlingen), Professor Berthold Jany (i. R., vormals Klinikum Würzburg-
Mitte) und Professor Winfried J. Randerath (Krankenhaus Bethanien
Solingen)