Parkinson-Netzwerk soll Wissen vermitteln und Therapien verbessern helfen
800 bis 1000 Menschen erkranken jährlich in Ostwestfalen-Lippe an Morbus
Parkinson. Diese alarmierende Zahl nannte der Chefarzt der Klinik für
Neurologie und Neurogeriatrie am Klinikum Lippe, Professor Dr. med.
Christoph Redecker zu Beginn der Gründungsversammlung des Parkinson-Netz
Ostwestfalen-Lippe. Die Kick-off-Veranstaltung des neuen Netzwerkes fand
am 22.03.2023 im CENTRUM INDUSTRIAL IT (CIIT) auf dem Gelände des
Innovation Campus in Lemgo statt. Sie war gleichzeitig die erste
Veranstaltung im Rahmen des im vergangenen Jahr gegründeten
Zukunftszentrums Gesundheit Lippe.
„Parkinson-Patienten brauchen eine komplexe Versorgung“, erläuterte
Redecker. Das Gesundheitssystem in Deutschland sei aber nicht darauf
abgestimmt, dass alle gut miteinander zusammenarbeiten. Genau dies aber
soll mit dem neuen Netzwerk erreicht werden. Und das ist nach den
statistischen Erhebungen zu der Krankheit dringend notwendig, denn die
Entwicklung ist dynamisch, vor allem in Deutschland. Weltweit gibt es etwa
zehn Millionen Parkinson-Erkrankte, 400.000 von ihnen leben in
Deutschland, in OWL sind etwa 10.000 Menschen betroffen. „Im globalen
Vergleich liegt Deutschland damit relativ hoch und hat eine dreimal höhere
Dynamik als andere Länder“, ging Uwe Borchers, Geschäftsführer des
Zentrums für Innovation in der Gesundheitswirtschaft ebenfalls auf die
Zahlen ein. Sein Fazit: „Deutschland ist ein Hochrisikoland für Parkinson.
Das liegt vor allem an unserer Altersstruktur.“
All das mache eine Vernetzung aller Versorger:innen, die an der Therapie
eines an Morbus Parkinson Erkrankten beteiligt sind, notwendig. Denn
Parkinson sei nach wie vor leider nicht heilbar. Deshalb müsse mehr für
die Prävention, die Vernetzung und die intersektorale Kommunikation getan
werden, so Borchers, der auch die Schirmherrschaft für das neue Netzwerk
übernommen hat.
Insgesamt ist das ostwestfälische Netzwerk das fünfte in Deutschland.
Zweimal im Jahr werden künftig Ärzte und Ärztinnen, Apotheker:innen,
Physiotherapeut:innen, Ergotherapeut:innen, Logopäd:innen, Case-
Manager:innen, Neurlog:innen und weitere Fachkräfte Strategien,
Kommunikationsansätze und Wissenstransfer-Möglichkeiten austauschen. Bei
der Auftaktveranstaltung starteten sie dazu in drei unterschiedlichen
Workshops.
Professor Dr.-Ing. Volker Lohweg, Leiter des Instituts für industrielle
Informationstechnik (inIT) und Mitbegründer des neuen Netzwerkes,
erläuterte den Zusammenhang zwischen Medizin und Technik. Beide würden an
verschiedenen Stellen immer enger zusammenwachsen. „Das müssen wir zum
Nutzen der Patienten weiterentwickeln“, so Lohweg. So hat das Institut
bereits vor geraumer Zeit eine Parkinson-App entwickelt, mit der
Bewegungsstörungen genauso gespeichert werden können, wie Medikamentation
und verschiedene Therapieansätze.
Chefarzt Redecker erinnerte die etwa 100 Gäste daran, dass das Parkinson-
Syndrom neben der Bewegungsstörung zu vielen zusätzlichen Symptomen führen
könne. Während einige Patienten viele Jahre lang sehr gut mit der
Krankheit zurecht kämen, würde sich der Allgemeinzustand bei anderen
Patienten sehr schnell verschlechtern. „Jeder einzelne an einer Parkinson-
Therapie beteiligte Spezialist hat einen eigenen Blick darauf. Diese
Erkenntnisse zusammenzutragen wird auch den Blick des Arztes auf den
Patienten erweitern, den er sonst vielleicht nur maximal 30 Minuten im
Quartal zu Gesicht bekommt“, so Professor Dr. med. Redecker. So könne mit
dem Netzwerk auch die Lebensqualität der Betroffenen verbessert werden, so
der Chefarzt.
In drei Workshops diskutierten die Teilnehmer anschließend über
Versorgungsprobleme in OWL, darüber, was besser laufen sollte und wie sich
Ansatzpunkte für Verbesserungen finden lassen.