nnovativer Ratgeber informiert über Lungenembolie
Lungenembolie ist eine der häufigsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Für
Betroffenen und ihre Angehörigen gibt es kaum umfassendes und
laiengerechtes Informationsmaterial. In einem Gemeinschaftsprojekt wurde
in den vergangenen drei Jahren ein innovativer Ratgeber entwickelt, der
diese Lücke schließt. An dem Projekt waren die Universität Augsburg, die
LMU München und das Universitätsklinikum Augsburg beteiligt. Eine
Evaluationsstudie belegt, dass die umfangreiche Broschüre nicht nur zu
besseren Kenntnissen über die Erkrankung beiträgt: Sie hilft den
Patientinnen und Patienten auch, mit der psychischen Belastung
fertigzuwerden, lindert ihre Sorgen und verbessert ihr subjektives
Wohlbefinden.
Über 90.000 Menschen in Deutschland erkranken pro Jahr an einer
Lungenembolie. Mehr als 15.000 von ihnen versterben daran. Doch auch
diejenigen, die überleben, empfinden die Erkrankung oft als einschneidende
Erfahrung. „Oft kommt die Lungenembolie wie aus heiterem Himmel, von einem
Moment auf den anderen, und stellt ein lebensbedrohliches Ereignis für die
Betroffenen dar“, erklärt die Kommunikationswissenschaftleri
Kalch von der Universität Augsburg. „Die Betroffenen bekommen häufig
plötzlich nicht mehr genug Luft; sie haben Kreislaufbeschwerden oder
Schmerzen beim Atmen - eine Situation, die viele von ihnen als extrem
belastend wahrnehmen.“
Hinzu kommt das beträchtliche Risiko eines Rückfalls, das sich zwar durch
die Einnahme von Medikamenten deutlich senken lässt. Diese müssen jedoch
meist lebenslang genommen werden. Viele Patientinnen und Patienten
fürchten sich zudem vor den Nebenwirkungen, etwa dem erhöhten Risiko einer
Blutung. Die Lungenembolie ist daher auch psychisch und emotional eine
starke Belastung. „Dennoch gibt es bislang kaum umfassendes und
laiengerechtes Informationsmaterial, das ihnen hilft, mit ihrer Krankheit
fertigzuwerden“, sagt Kalch.
Straffes Forschungsprogramm
Der neue Ratgeber schließt diese Lücke. Er ist das Ergebnis eines
Gemeinschaftsprojekts von Kommunikationswissenschaft und Epidemiologie. In
den vergangenen drei Jahren sind dafür insgesamt 700.000 Euro vom
Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) an die
beteiligten Arbeitsgruppen geflossen - eine Menge Geld, mit der ein
straffes Forschungsprogramm finanziert wurde: „Wir haben zunächst
systematisch analysiert, welche Informationen für Patientinnen und
Patienten es bereits gibt“, sagt Prof. Dr. Helena Bilandzic, die den
Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaften an der Universität Augsburg
innehat. „Zudem haben wir in Interviews mit Betroffenen die Bereiche
identifiziert, in denen besonders großer Informationsbedarf besteht, der
momentan noch nicht gedeckt wird.“
Die Wissenschaftlerin erforscht unter anderem, wie Informationen
aufbereitet werden müssen, um leicht verstanden zu werden und eine
möglichst große Wirkung zu entfalten. Dieser Blickwinkel hat auch die neue
Broschüre maßgeblich geprägt. Zu Beginn jeder Doppelseite findet sich eine
Zusammenfassung, die kurz und bündig die wichtigsten Fakten zum gerade
behandelten Thema zusammenfasst: die wichtigsten Symptome einer akuten
Lungenembolie, Behandlungsmöglichkeiten, langfristige Folgen, Auswirkungen
auf den Alltag. Dieser Überblick wird dann - angereichert durch
anschauliche Bilder - vertieft.
„Wir haben zudem regelmäßig auch kurze Erfahrungsberichte von Patientinnen
und Patienten zu bestimmten Aspekten der Erkrankung aufgenommen“, sagt
Bilandzic. „Die Forschung zeigt, dass Inhalte dadurch einerseits leichter
verständlich werden. Zudem erleben die Betroffenen durch diese Elemente,
dass sie mit ihren Erfahrungen, Sorgen und Problemen nicht allein sind.“
Zur besseren Orientierung enthält der Ratgeber zudem sogenannte
Evidenzmarkierungen. Sie machen auf einen Blick klar, wieviel die Medizin
zu einer bestimmten Frage weiß und wo noch Forschungsbedarf besteht. So
gibt es beispielsweise erst wenige Studien dazu, was genau die psychische
Belastung von Patientinnen und Patienten ausmacht und wie diese konkret
reduziert werden kann. Die Markierung signalisiert für dieses Thema daher
eine geringe Evidenz. „Es ist das erste Mal, dass dieser Aspekt in einem
Ratgeber für Betroffene und ihre Angehörigen berücksichtigt wurde“, betont
Bilandzic.
Die Broschüre soll einerseits Patientinnen und Patienten helfen, Probleme
nach einer Lungenembolie besser einzuschätzen. Außerdem gibt sie ihnen
Werkzeuge an die Hand, das Risiko einer weiteren Embolie so weit wie
möglich zu senken. Daneben hatten die Projektbeteiligten aber auch noch
die allgemeine Bevölkerung als Zielgruppe im Blick. „In erster Linie geht
es uns dabei um den Freundeskreis sowie um Partnerinnen und Partner der
Betroffenen“, erklärt die Kommunikationswissenschaftleri
wollen aber auch insgesamt den Wissensstand zur Lungenembolie verbessern
helfen.“
Ergebnisse der Evaluation vielversprechend
Um dieses Ziel zu erreichen, haben die Forschenden fast 500 gesunden
Frauen und Männern verschiedene Prototypen des Ratgebers in die Hand
gedrückt. Auf Grundlage des erhaltenen Feedbacks haben sie die Broschüre
dann weiter verfeinert. Das Ergebnis ist den Aufwand Wert, wie die
unlängst erfolgte Abschluss-Erhebung zeigt. „Die mehr als 200 Patientinnen
und Patienten, denen wir die Broschüre zur Verfügung gestellt hatten,
wussten danach besser über ihre Krankheit Bescheid als die
Kontrollgruppe“, sagt Helena Bilandzic. „Zudem verbesserte sich ihr
psychisches Wohlbefinden und ihre krankheitsspezifische
Gesundheitskompetenz.“
Denn letztlich sind Informationen auch das beste Mittel gegen diffuse
Ängste, die viele Menschen mit schweren Krankheiten plagen. Wer informiert
ist, kann seine Erkrankung und ihre Folgen besser einschätzen. Außerdem
neigen Betroffene dann nicht mehr so stark dazu, dauernd in sich
hineinzuhorchen, ob sich der eigene Zustand möglicherweise verschlechtert.
An dem Projekt waren neben den Kommunikationswissenschaften der
Universität Augsburg (Prof. Dr. Helena Bilandzic, Dr. Anja Kalch, Aliscia
Albani, Constanze Küchler) und den Epidemiologen der Universität Augsburg
sowie der LMU München (Dr. Inge Kirchberger, Simone Fischer, Prof. Dr.
Christine Meisinger) auch das Augsburger Universitätsklinikum (Prof. Dr.
Thomas Berghaus, Lungenheilkunde) und die Techniker Krankenkasse
beteiligt.
Die entwickelte Broschüre kann auf der folgenden Webseite heruntergeladen
werden: https://www.uni-augsburg.de/de
/division-media-effects-and-pr