Aus dem Leben gerissen: Plötzlicher Herztod bei jungen Menschen – wie davor schützen?
Junge Herzen retten: Für mehr Aufklärung und Forschung zu den Ursachen des
plötzlichen Herztods bei jungen Menschen starten die Herzstiftung, das
Zentrum für plötzlichen Herztod und familiäre Arrhythmiesyndrome in
Frankfurt und die Sportmedizin Saarbrücken die Initiative „Gemeinsam gegen
den plötzlichen Herztod“
Der plötzliche Herztod ist die häufigste Todesursache außerhalb von
Krankenhäusern. Jedes Jahr sterben in Deutschland über 65.000 Menschen
daran. Bei einem Großteil der Betroffenen bestand eine langjährige
Erkrankung der Herzkranzgefäße, die koronare Herzkrankheit (KHK). „Das hat
den Effekt, dass der plötzliche Herztod und seine Ursachen von vielen
Menschen eher als ein Problem des Alters wahrgenommen werden, weil die KHK
als Risikokrankheit für den plötzlichen Herztod meistens erst bei älteren
Menschen konkret in Erscheinung tritt. Aber nicht für alle Betroffenen des
plötzlichen Herztods ist das der Fall“, berichtet Herzspezialist Prof. Dr.
med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung.
„Auch junge sportliche Menschen unter 40 Jahren erleiden, wenn auch
selten, einen plötzlichen Herztod. Plötzlich und unerwartet kommt es bei
ihnen meist ohne die bekannten vorherigen Warnzeichen zum Herzstillstand“,
warnt Voigtländer. Das führte etwa der prominente Fall des dänischen
Profifußballers Christian Eriksen vor Augen. Dieser bekam während der EM
2021 auf dem Rasen einen plötzlichen Herztod, den er dank schneller
professioneller Reanimation überlebt hat. „Wir sehen für diese junge
Risikogruppe dringlichen Aufklärungsbedarf, etwa zu den ganz spezifischen
Ursachen, die hier einen plötzlichen Herztod bedingen können“, betont der
Kardiologe und Intensivmediziner.
Das Aufklären der Bevölkerung und ein besseres Verständnis der Ursachen
des plötzlichen Herztods bei jungen Menschen durch mehr Forschung stehen
daher im Fokus der neuen Initiative „Gemeinsam gegen den plötzlichen
Herztod“. Die Deutsche Herzstiftung, das Zentrum für plötzlichen Herztod
und familiäre Arrhythmiesyndrome am Universitätsklinikum Frankfurt am Main
und das Institut für Sport- und Präventivmedizin der Universität des
Saarlandes starten diese Initiative gemeinsam unter anderem mit
Informationen für betroffene Familien und Interessierte unter
https://herzstiftung.de/junge-
Plötzlich und unerwartet sterben 1.000 bis 2.000 junge Menschen pro Jahr
In etwa 40 Prozent der Fälle sind die Betroffenen eines plötzlichen
Herztodes im Alter zwischen 15 und 65 Jahren. Im Alter von 1 bis 40 Jahren
rechnen Experten mit jährlich 1.000 bis 2.000 Todesfällen durch
plötzlichen Herztod in Deutschland – bei hoher Dunkelziffer. Im Sport
liegt die Häufigkeit bei 1 bis 2 Todesfällen pro 100.000 Sporttreibenden
pro Jahr. Ursachen des Herztodes im jungen Alter sind meistens angeborene
Herzfehler, Veränderungen der Herzkranzgefäße (Koronaranomalien),
Herzmuskelentzündung (Myokarditis) und vor allem genetisch bedingte
Herzerkrankungen. Aber auch Drogenkonsum (z. B. Kokain, Amphetamine) zählt
zu den Ursachen in diesem Lebensabschnitt. „Dass auch junge Menschen dem
plötzlichen Herztod – wenn auch selten – zum Opfer fallen können, wissen
viele nicht. Der plötzliche Herztod bei jungen, scheinbar gesunden
Menschen scheint meistens das erste Anzeichen der zugrundeliegenden
Erkrankung zu sein, weil die genannten Herzerkrankungen lange ohne
eindeutige Beschwerden verlaufen können“, erklärt Prof. Dr. Silke
Kauferstein, Leiterin des Zentrums für plötzlichen Herztod und familiäre
Arrhythmiesyndrome am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums
Frankfurt am Main. „Aufgrund der erblichen Komponente dieser
lebensgefährlichen Herzereignisse müssen wir potenzielle Risikogruppen in
der Bevölkerung für diese Thematik sensibilisieren.“
Den plötzlichen Herztod besser verstehen: Bundesweites Register für
Prävention
Am Zentrum für plötzlichen Herztod bauen Prof. Kauferstein und ihr Team
ein bundesweites Register für die Prävention plötzlicher Herztodesfälle
„RESCUED“ (REgister zur Prävention des Sudden/UnExpected Cardiac Death)
auf, ein Projekt, das auch von der Herzstiftung mit rund 100.000 Euro
gefördert wird (Infos: https://herzstiftung.de/junge-
„Unser gemeinsames Ziel ist es, auf Basis der Register-Daten zu einem
besseren Verständnis der Ursachen des plötzlichen Herztods bei jungen
Menschen zu gelangen, um datenbasiert Risikofaktoren für plötzliche
Herztodesfälle zu erkennen und gezielte personalisierte
Präventionsstrategien entwickeln zu können“, erklärt der Herzstiftungs-
Vorsitzende Voigtländer die umfangreiche Förderung. Im Fokus der
Untersuchungen stehen insbesondere erbliche Genvarianten als Auslöser
bösartiger Herzrhythmusstörungen in den Herzkammern, die zum
Herzstillstand führen. Um plötzliche Herztodesfälle wissenschaftlich
auszuwerten, ist eine möglichst breit aufgestellte Datenbasis nötig. Daher
arbeitet das Frankfurter Zentrum mit anderen Registern zusammen, u. a. mit
dem Sudden Cardiac Death (SCD)-Register Deutschland unter der Leitung von
Prof. Dr. Tim Meyer, Ärztlicher Direktor des Instituts für Sport- und
Präventivmedizin der Universität des Saarlandes. Die Herzstiftung ist
Partner auch dieses SCD-Registers.
Familienangehörige als mögliche Risikopatienten: Gen-Untersuchung kann
schützen
Genvarianten zählen zu den häufigsten Ursachen des plötzlichen Herztods im
jungen Alter. Zugleich stellen sie einen großen Anteil an plötzlichen
Herztodesfällen, die trotz Obduktion ungeklärt bleiben: 40 Prozent der
Herztodesfälle bei den 1- bis 40-Jährigen. Diese Fälle werden auch „Sudden
Arrhythmic Death Syndrome“ (SADS) genannt. Hinter SDAS können sich
Genvarianten verbergen, die zu elektrischen Herzerkrankungen, so genannten
Inonenkanalerkrankungen, mit Potenzial für bösartige Herzrhythmusstörungen
wie Kammerflimmern führen. Dazu gehören zum Beispiel das Long-QT-Syndrom
(LQTS), das Brugada-Syndrom (BrS), die Katecholaminerge polymorphe
ventrikuläre Tachykardie (CPVT). Andere Genvarianten können aber auch zu
strukturellen Veränderungen des Herzmuskels (Kardiomyopathien) führen wie
beispielsweise der Arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie
(ARVC). Am Beispiel der Mainmetropole Frankfurt schätzen Experten die Zahl
der Patienten mit LQTS auf etwa. 300 und mit BrS auf 76 bis 230.
Bei ungeklärten plötzlichen Herztodesfällen in jungen Jahren, aber auch
bei anderen Todesumständen wie Tod im Schlaf oder plötzlichem Tod im
Wasser wird eine Untersuchung der Verstorbenen inklusive der postmortalen
Gendiagnostik empfohlen. Auch wird den betroffenen Familien in einer
eigens dafür eingerichteten Spezialambulanz angeboten, dass bei ihnen
selbst eine genetische und kardiologische Untersuchung im Hinblick auf ein
Risiko für einen plötzlichen Herztod erfolgt. Das Frankfurter Zentrum für
plötzlichen Herztod ist eine solche Anlaufstelle für Betroffene.
„Familienangehörige sind potenzielle Risikopatienten, weil diese
Herzerkrankungen häufig mit einem 50-prozentigen Risiko für Angehörige
ersten Grades einhergehen, selbst Träger der Genveränderung zu sein“,
erklärt die Molekularbiologin Kauferstein. Eine kardiologische
Untersuchung dieser Verwandten ersten Grades „kann daher Hinweise
erbringen, die zur Prävention des plötzlichen Herztodes oder von anderen
lebensbedrohlichen Herzereignissen beitragen“. Denn viele dieser
Erkrankungen sind gut behandelbar bzw. es gibt Vorsichtsmaßnahmen. Neben
Beratung, Diagnosestellung und gegebenenfalls Therapieentscheidungen
arbeitet das Frankfurter Zentrum mit Kardiologen und weiteren Spezialisten
zusammen, um diese frühen Todesfälle bestmöglich aufzuklären. „Je nach
Risikoprofil des Patienten geht es um bestimmte Maßnahmen wie das
Vermeiden bestimmter Medikamente oder bestimmter Sportarten, die
Rhythmusstörungen begünstigen, oder um eine Schrittmacher-Therapie mit
einem implantierbaren Defibrillator, der vor Kammerflimmern schützt“,
erklärt Kauferstein.
Auf Warnsignale für ein Herztod-Risiko in jungen Jahren achten
Es sind Fälle wie diese, die Angehörige und nahestehende Menschen der
verstorbenen Person mit Fassungslosigkeit hinterlassen: der
Vierzehnjährige, der noch quickfidel das Fußballtraining absolviert und
den die Eltern am Abend tot im Haus vorfinden. Oder der 19-Jährige, den
seine Freundin am Morgen nach dem Wecker klingeln im Bett röcheln hört und
dann kurz darauf leblos im Bett findet. Beide Todesereignisse haben
gemeinsam, dass keine vorherigen Warnsignale für den plötzlichen Herztod
bekannt waren.
„Allerdings sehen wir bei unseren detaillierten Untersuchungen von
plötzlichen Herztodesfällen durchaus Warnsignale, die man ärztlich
abklären sollte, die aber oftmals verkannt wurden“, bestätigt Prof.
Kauferstein. Auf die folgenden Warnsignale sollte man deshalb achten:
- Kurze Bewusstlosigkeiten (Synkopen), besonders bei spezifischen
Auslösern wie Stress, schriller Wecker, sportliche Belastung
- Krampfanfälle ohne eindeutig pathologische Befunde (z. B. Epilepsie)
einer Elektroenzephalographie (EEG)
- plötzliche ungeklärte Todesfälle in jungen Jahren in der Familie
- plötzlicher unerwarteter Tod im Wasser
- nicht erklärbarer Autounfall (auch bei bekannter Epilepsie)
- Herzschwäche (Herzinsuffizienz) und/oder Herzschrittmacherpflichtigkeit
vor dem 50. Lebensjahr
„Wer beispielsweise ohne erkennbaren Grund einfach so auf dem Weg zum
Supermarkt in Ohnmacht fällt, sollte diesen Ohnmachtsanfall beim Arzt
abklären lassen“, betont Prof. Kauferstein im Herzstiftungs-Podcast zu
diesem Thema. Er ist zu hören unter https://herzstiftung.de/junge-
retten
Selten, aber auch bei jungen Sporttreibenden möglich: plötzlicher Herztod
beim Sport
Regelmäßiger Sport ist eine der effektivsten Maßnahmen, um das Herz lange
gesund und leistungsfähig zu halten. Doch plötzliche Herztodesfälle beim
Sport, so selten sie sich ereignen, können verunsichern. Je nach Studie
liegt die Häufigkeit des plötzlichen Herztods beim Sport bei 1 bis 2
Todesfällen pro 100.000 Sporttreibenden pro Jahr. Beim Sport beschleunigt
sich der Herzschlag deutlich – unproblematisch für ein gesundes Herz. Ist
es aber vorgeschädigt, kann die zugrundeliegende Sympathikusaktivierung
Kammerflimmern auslösen, das unbehandelt innerhalb kurzer Zeit zum Tod
führt. Bei den häufigsten Ursachen für plötzliche Herztodesfälle beim
Sport ist zu unterscheiden zwischen Sportlerinnen und Sportlern unter 35
Jahren und darüber.
Angeborene Herzfehler oder erblich bedingte Herzerkrankungen häufige
Ursache
In nahezu allen Fällen liegt dem plötzlichen Herztod beim Sport eine
unerkannte Herzerkrankung zugrunde. „Bei Sportlerinnen und Sportlern unter
35 Jahren sind nach aktuellen Untersuchungen die häufigsten Ursachen eine
vorzeitige koronare Herzkrankheit genetisch bedingte Arrhythmiesyndrome
wie SADS und eine Myokarditis“, berichtet Prof. Meyer, Mitglied im
Wissenschaftlichen Beirat der Herzstiftung. Während des Sports können
durch die hohe Belastung, die hohe Herzfrequenz und den erhöhten
Sauerstoffbedarf des Herzens die lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen
ausgelöst werden. „Verpflichtende sportmedizinische Untersuchungen können
das Risiko eines plötzlichen Herztodes bei Sportlern deutlich senken“,
betont Sportmediziner Prof. Meyer. „Auch junge Menschen ohne
diagnostizierte Herzerkrankung sollten, bevor sie aktiv Sport betreiben,
ihr Herz untersuchen lassen, wenn sie belastungsabhängige Beschwerden
spüren, ungeklärte Bewusstlosigkeiten hatten oder wenn nahe Angehörige an
Herzerkrankungen leiden.“ Junge Erwachsene mit angeborenem Herzfehler
(EMAH) sollten – auch unabhängig von sportlicher Aktivität - ihr Herz
regelmäßig von einem EMAH-Spezialisten kontrollieren lassen.
Ab dem 35. bis 40. Lebensjahr, in dem Alter also, in dem auch das Risiko
für die Entwicklung einer KHK steigt, nimmt auch das Risiko für
plötzlichen Herztod zu. Bei Sportlern ab 35 Jahren ist dafür die KHK mit
etwa 80 Prozent mit Abstand häufigste Ursache. „Durch den beschleunigten
Herzschlag und den erhöhten Blutdruck während des Sports können Plaques
aus Blutfetten wie Cholesterin, Bindegewebe und Kalkablagerungen relevant
werden, an denen sich Blutgerinnsel bilden, die das Herzkranzgefäß
verschließen. Es kommt zum Herzinfarkt, der zu Kammerflimmern und
schließlich dem Herztod führen kann“, erklärt der Kardiologe Prof.
Voigtländer. Das Risiko für diese Todesfälle lässt sich ebenfalls durch
eine sportmedizinisch-kardiologisch
Gemeinschaftsprojekt „Lebensretter sein: Fußballer lernen Wiederbelebung“
fördern die Herzstiftung und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) besonders bei
dieser Zielgruppe der Ü-Fußballer durch Schulungen die Bereitschaft zur
Laien-Reanimation und den korrekten Umgang mit der Notfallsituation eines
Herzstillstands.
Gefahr durch Myokarditis: Bei Infektion ist Schonung angesagt
Sowohl bei jüngeren als auch bei älteren Sportlern kann auch eine
unerkannte Herzmuskelentzündung (Myokarditis) zum plötzlichen Herztod
führen. Diese kann z. B. nach einer vorangegangenen, meist viralen
Infektion (z. B. Parvovirus/SARS-CoV-2) auftreten. Eine aktuelle Studie
zeigt, dass fast alle jungen Sportler, die aufgrund einer Myokarditis
gestorben waren, vorher eine Infektion der oberen Atemwege durchgemacht
hatten. „Wir raten Sportlerinnen und Sportlern deshalb, sich bei einem
Infekt immer ausreichend zu schonen und das Training erst dann wieder
aufzunehmen, wenn sie wieder vollständig gesund sind und sich fit fühlen.“
Patienten mit einer gesicherten Myokarditis müssen sich mehrere Monate
konsequent schonen: viel Ruhe, keine körperliche Belastung, keinerlei
Sport oder Ausdauertraining. Dies gilt auch für schwere körperliche Arbeit
im Beruf. Sport ist erst wieder nach einer Karenzzeit von mindestens drei
bis sechs Monaten möglich, wenn sich die Herzfunktion komplett erholt hat
und der Sportkardiologe nach Untersuchungen grünes Licht gibt.
(wi)
Info-Service
Aufklärungskampagne der Initiative „Gemeinsam gegen den plötzlichen
Herztod“
Zahlreiche Informationen für betroffene Familien, medizinische Fachkreise
und Interessierte bietet die Initiative „Gemeinsam gegen den plötzlichen
Herztod“ der Deutschen Herzstiftung, des Zentrums für plötzlichen Herztod
und familiäre Arrhythmiesyndrome und der Sportmedizin Saarbrücken auf der
Landing Page unter https://herzstiftung.de/junge-
Herzstiftungs-Podcast über den plötzlichen Herztod bei jungen Menschen:
Der Podcast „Herzstillstand bei Teenagern – Schicksal oder vermeidbar?“
mit der Molekularbiologin und Rechtsmedizinerin Prof. Dr. Silke
Kauferstein (Universitätsklinikum Frankfurt am Main) ist abrufbar unter
https://herzstiftung.de/servic
teenager
Quellen:
- Bohm P et al., Sports-Related Sudden Cardiac Arrest in Germany, Can J
Cardiol. 2021 Jan; 37(1):105-112. doi: 10.1016/j.cjca.2020.03.021. Epub
2020 Mar 23.
- Bohm, Ph. et al.: Data from a nationwide registry on sports-related
sudden cardiac deaths in Germany, in: European Journal of Preventive
Cardiology 2016, Vol. 23(6), 649–656.
- Homepage des SCD-Register Deutschland: https://www.sportmedizin-
saarbruecken.de/de/forschung/a
register-
Statements der Experten/-in
Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung
Kardiologe, Ärztlicher Direktor, Agaplesion Bethanien-Krankenhaus und
Cardioangiologisches Centrum Bethanien (CCB) Frankfurt a. M.
Der plötzliche Herztod ist die häufigste Todesursache außerhalb von
Krankenhäusern. Jährlich sterben in Deutschland über 65.000 Menschen
daran. Die Bandbreite der Ursachen des plötzlichen Herztods ist komplex,
sie reicht insbesondere von der häufigsten Ursache, der koronare
Herzkrankheit (KHK), über Herzerkrankungen wie Herzschwäche und
Herzklappenerkrankungen bis hin zu angeborenen Herzfehlern und erblich
bedingten Herzerkrankungen. Weil der plötzliche Herztod in aller Regel
kein schicksalhaftes Ereignis ist, vor dem es kein Entkommen gibt, sondern
Komplikation einer - in den meisten Fällen – langjährigen Herzerkrankung,
müssen wir als Patientenorganisation für chronisch kranke Herz-Kreislauf-
Patienten und als Förderinstitution der Herz-Kreislauf-Forschung dauerhaft
in die Aufklärung, Forschung und Prävention dieser Krankheiten
investieren.
Im Kampf gegen die Sterblichkeit durch plötzlichen Herztod stellt deshalb
die Deutsche Herzstiftung rund eine Million Euro an
Sonderforschungsförderung für Forschungsvorhaben zum plötzlichen Herztod
im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung. Zusätzliche Fördermittel in Höhe
von rund 100.000 Euro stellt die Herzstiftung für das bundesweite Register
zur Prävention plötzlicher Herztodesfälle „RESCUED“ (REgister zur
Prävention des Sudden/UnExpected Cardiac Death) am Universitätsklinikum
Frankfurt am Main zur Verfügung. Ein weiterer wichtiger Baustein mit Fokus
auf die jungen Menschen mit Risiko für einen plötzlichen Herztod ist die
Initiative „Gemeinsam gegen den plötzlichen Herztod“ mit der Herzstiftung,
dem Zentrum für plötzlichen Herztod und familiäre Arrhythmiesyndrome am
Universitätsklinikum Frankfurt am Main und dem Institut für Sport- und
Präventivmedizin der Universität des Saarlandes. Infos:
https://herzstiftung.de/junge-
Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. Silke Kauferstein
Molekularbiologin und Leiterin des Zentrums für plötzlichen Herztod und
familiäre Arrhythmiesyndrome am Institut für Rechtsmedizin des
Universitätsklinikums Frankfurt am Main
Der plötzliche Herztod ist die häufigste Todesursache außerhalb von
Krankenhäusern. Jedes Jahr sterben in Deutschland über 65.000 Menschen
daran. Dass bei einem Großteil der Betroffenen eine langjährige Erkrankung
der Herzkranzgefäße, die koronare Herzkrankheit (KHK) bestand, darf nicht
darüber hinwegtäuschen, dass auch junge sportliche Menschen unter 40
Jahren - wenn auch selten - einen plötzlichen Herztod erleiden. Plötzlich
und unerwartet kommt es bei ihnen meist ohne die bekannten vorherigen
Warnzeichen zum Herzstillstand. Dass auch junge Menschen dem plötzlichen
Herztod zum Opfer fallen können, wissen viele nicht!
In etwa 40 Prozent der Fälle sind die Betroffenen eines plötzlichen
Herztodes im Alter zwischen 15 und 65 Jahren. Im Alter von eins bis 40
Jahren kommt es schätzungsweise zu jährlich 1.000 bis 2.000 Todesfällen
durch plötzlichen Herztod in Deutschland – bei hoher Dunkelziffer.
Ursachen des Herztodes im jungen Alter sind neben angeborenen Herzfehlern,
Veränderungen der Herzkranzgefäße (Koronaranomalien), Herzmuskelentzündung
(Myokarditis) vor allem genetisch bedingte Herzerkrankungen. Der
plötzliche Herztod bei jungen, scheinbar gesunden Menschen scheint oft das
erste Anzeichen der zugrundeliegenden Erkrankung zu sein, weil die
genannten Herzerkrankungen lange ohne eindeutige Beschwerden verlaufen
können. Allerdings zeigen sich doch in einem relevanten Teil dieser Fälle
Warnhinweise wie z.B. unklare Ohnmachtsanfälle, die oft verkannt wurden.
Aufgrund möglicher erblicher Komponenten als Grundlage dieser
lebensgefährlichen Herzereignisse müssen wir potenzielle Risikogruppen,
allen voran Angehörige die einen jungen Menschen in der Familie haben, der
einen plötzlichen Herztod erlitt, für diese Thematik sensibilisieren. Mit
der Initiative „Gemeinsam gegen den plötzlichen Herztod“ machen wir auf
Informationsangebote für Betroffene sowie auf Spezialambulanzen mit
Diagnose-, Therapie-, und Präventionsangeboten wie das Zentrum für
plötzlichen Herztod und familiäre Arrhythmiesyndrome am Frankfurter
Universitätsklinikum unter https://herzstiftung.de/junge-
aufmerksam.
Prof. Dr. med. Tim Meyer
Ärztlicher Direktor des Instituts für Sport- und Präventivmedizin an der
Universität des Saarlandes und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der
Deutschen Herzstiftung.
Regelmäßiger Sport ist eine der effektivsten Maßnahmen, um das Herz lange
gesund und leistungsfähig zu halten. Plötzliche Herztodesfälle beim Sport,
so selten sie sich auch bei augenscheinlich ‚gesunden‘ und
leistungsfähigen Sportlern ereignen, sind ein tragisches Ereignis und
können verunsichern. Sie sollten Menschen aber keineswegs davon abhalten,
regelmäßig Sport zu treiben. In nahezu allen Fällen liegt dem plötzlichen
Herztod beim Sport eine unerkannte Herzerkrankung zugrunde.
Vor allem bei Freizeitsportlern höheren Alters und Wiedereinsteigern
erhöhen ungewohnt hohe Belastungsintensitäten das Risiko eines plötzlichen
Herztodes. Intensives Sporttreiben und insbesondere wenig kontrollierbarer
Wettkampfsport erhöht das Risiko eines plötzlichen Herztodes, weil hohe
körperliche Belastungen bei Menschen mit unerkannten Herzerkrankungen
gefährliche Herzrhythmusstörungen auslösen können. Präventive
sportmedizinische Untersuchungen können das Risiko eines plötzlichen
Herztodes bei Sportlern deutlich senken. Auch junge Menschen ohne
diagnostizierte Herzerkrankung sollten, bevor sie aktiv Sport betreiben,
ihr Herz untersuchen lassen, wenn sie belastungsabhängige Beschwerden
spüren, ungeklärte Bewusstlosigkeiten hatten oder wenn nahe Angehörige an
Herzerkrankungen leiden.
Ziel des SCD-Registers Deutschland ist es, die Größenordnung plötzlicher
Todesfälle sowie überlebter Herztodesfälle beim Sport abzuschätzen und
insbesondere deren Ursachen möglichst genau zu erfassen. Weitere Register
wie das von der Herzstiftung geförderte Frankfurter RESCUED-Register zur
Prävention von plötzlichen Herztodesfällen auch außerhalb des Sportsektors
sind von enormer Bedeutung, damit wir bestehende Screening- und
Präventionsmaßnahmen verbessern bzw. ergänzen können, um eine Abnahme
tragischer Einzelfälle zu erreichen.