Herzschrittmacher: Taktgeber für´s Herz wird 65 alt
Herzrhythmusstörungen gehören zu den Volkskrankheiten. Herzschrittmacher
als kleine, künstliche Taktgeber des Herzens, haben die Herzmedizin und
die Therapie von Herzrhythmusstörungen revolutioniert: Vor 65 Jahren, am
8. Oktober 1958, implantierte der schwedischen Herzchirurg Åke Senning den
ersten Herzschrittmacher (HSM) zur Behandlung eines jungen Patienten, der
aufgrund einer zu langsamen Herzschlagfolge mehrmals täglich ohnmächtig
wurde.
Heute sind die Herzschrittmacheraggregate etwa so groß wie eine
Armbanduhr, wiegen ca. 25 Gramm und können mit einer kurzen lokalen
Betäubung eingebaut werden. „Die Implantation eines Herzschrittmacher-
systems dauert in Abhängigkeit von der benötigten Funktion und Zahl der
eingesetzten Elektroden ca. 30 bis 60 Minuten, und gehört zu den
herzmedizinischen Routine-eingriffen“, erklärt Prof. Dr. Volkmar Falk,
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und
Gefäßchirurgie. In Deutschland wurden im Jahr 2021 laut des Dt.
Herzberichtes, vorgestellt am 21. September 2023 in Berlin, 73.353
Herzschrittmacherssyteme neu eingesetzt und 15.223 Aggregate ausgetauscht.
Ein Schrittmachersystem besteht aus einem Impulsgeber (Aggregat), und
mindestens einer Elektrode (Sonde), die den Impuls des Aggregats an das
Herz weiterleitet oder herzeigene Signale – sofern vorhanden – dem
Impulsgeber zurückmeldet. Dadurch wird die Koordination zwischen dem
Herzschrittmacher-system und dem Herzen des Patient:innen ermöglicht, d.h.
der Herzschrittmacher arbeitet nur, wenn der Herzschlag des Patienten zu
langsam ist. In Abhängigkeit von der Beanspruchung des Herzschrittmachers
muss im Durchschnitt alle neun Jahre das Aggregat in einem erneuten
Eingriff ausgetauscht werden.
Bei gesundem Herzen wird der Herzschlag in Ruhe mit einer Frequenz von 60
bis 80mal pro Minute durch den natürlichen Taktgeber, den sogenannten
Sinusknoten, vorgegeben. Der entstandene Impuls wandert zunächst vom
Sinusknoten über Leitungsbahnen in den Vorhöfen zum sog. AV-Knoten, der am
Übergang von den Herzvorhöfen zu den Herzkammern liegt. Von dort wird der
Impuls über weitere Leitungsbahnen bis hin zu den Herzmuskelzellen der
beiden Herzkammern übertragen. Dadurch wird ein koordinierter Ablauf der
Herzmuskelaktivität und damit eine ausreichende Sauerstoffversorgung des
Körpers durch den Blutkreislauf gewährleistet. Ist das Herz in seinem
Rhythmus gestört, ist auch die Sauerstoffversorgung des Körpers
beeinträchtigt.
„Schlägt das Herz wegen einer Störung des Impulsgebers oder einer Blockade
der Leitungsbahnen zu langsam, wird dies medizinisch als Bradykardie
bezeichnet“, erläutert Herzchirurg Prof. Falk. Symptome wie Atemnot,
Schwindel, Erschöpfung bis hin zur Bewusstlosigkeit können auftreten.
Durch die Einpflanzung eines Herzschrittmachers wird die zu langsame
Herzschlagfolge korrigiert, der Herzrhythmus kontinuierlich überwacht und,
falls nötig, durch den Herzschrittmacher unterstützt. Etwa 40 Prozent
aller Bradykardien sind auf Probleme mit dem Impulsgeber, dem sog.
Sinusknoten, zurückzuführen. Weitere 40 Prozent bradykarder
Herzrhythmusstörungen sind auf Störungen der Reizleitung zurückzuführen
und rund 20 Prozent der Herzschrittmacher werden wegen Vorhofflimmerns mit
langsamem Herzkammer-ersatzrhythmus, der sogenannten Bradyarrhythmia
absoluta, implantiert.
„Die Herzschrittmacherimplantation verbessert die Lebensqualität und
reduziert die Gefahr, aufgrund einer zu langsamen Herzschlagfolge zu
sterben“, so Prof. Falk. „Patientinnen und Patienten mit
Herzschrittmachern können ein nahezu normales Leben führen. Der
Herzschrittmacher sollte einmal pro Jahr überprüft werden und der
Herzschrittmacher-Ausweis stets verfügbar sein