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Patient*innen mit dem Post-COVID-Syndrom (PCS) können an einer Vielzahl
von Symptomen leiden, die sich mit anderen Krankheitsbildern überlappen.
Dies erschwert sowohl die ärztliche Diagnose als auch die selbstständige
Recherche der Betroffenen. Ein Forschungsprojekt unter Leitung von Prof.
Dr. Anja Richert der TH Köln möchte deshalb eine interaktive Anwendung
entwickeln, die gesicherte Informationen bereitstellt und Hausärzt*innen
bei der Diagnose unterstützt.

Zwischen zehn und zwanzig Prozent aller COVID-19-Patient*innen leiden laut
Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation an Langzeitfolgen. „Das Post-
COVID-Syndrom ist eine komplexe Erkrankung und kann unter anderem
Erschöpfung sowie Leistungs-, Aktivitäts- und kognitive Einschränkungen
umfassen. Hausärzt*innen als erste Anlaufstation können oft nur schwer
bewerten, ob es sich bei den geschilderten Symptomen um PCS handelt. Wir
wollen ihnen und ihren Patient*innen daher ein Instrument an die Hand
geben, das die Diagnose erleichtert und die Betroffenen dabei unterstützt,
sich über die Erkrankung zu informieren“, sagt die Projektkoordinatorin
Caterina Neef vom Cologne Cobots Lab der TH Köln.

Avatar kommuniziert mit Patient*innen

Dazu entwickelt das Projektkonsortium eine interaktive Anwendung mit einem
virtuellen Ansprechpartner. Dieser Avatar stellt den Betroffenen
wissenschaftlich fundierte Fragen zum allgemeinen Gesundheitszustand sowie
zu typischen Symptomen von PCS wie Erschöpfung. Dies erleichtert die
Dokumentation des eigenen Zustands. „Die selbstständige Datenerfassung ist
zum einen eine Hilfe, um sich mit der Erkrankung auseinanderzusetzen. Zum
anderen muss man sich im Arztgespräch nicht auf sein Gedächtnis verlassen,
sondern kann einen kontinuierlich erfassten Verlauf von zentralen
Parametern vorweisen“, so Neef. Auf Wunsch können auch die Daten von
Fitnesstrackern eingelesen werden, die den Schlafverlauf, Puls oder
Blutdruck messen.

Doch nicht nur die solide Datenbasis erleichtert die Diagnose: Der Avatar
kann mehrsprachig mit den Betroffenen kommunizieren und so mögliche
Sprachbarrieren zum Hausarzt abbauen. Zunächst sind eine deutsche,
türkische und italienische Version geplant. In den gleichen Sprachen
können die Nutzer*innen auch Wissen zu ihrer Erkrankung abfragen und diese
besser verstehen. „PCS ist ein recht neues Phänomen, bei dem sich der
wissenschaftliche Erkenntnisstand schnell ändert. Umso wichtiger sind
fundierte Informationen, die im Projekt das Universitätsklinikum Köln
bereitstellt und die permanent aktualisiert werden“, betont Neef.

App wird gemeinsam mit Betroffenen entwickelt

Die Projektpartner verfolgen bei der Entwicklung einen co-kreativen
Ansatz, in den Betroffene und Mediziner*innen durch Interviews,
Fokusgruppen und Workshops eng eingebunden sind. Gemeinsam mit ihnen
möchten die Wissenschaftler*innen die Inhalte des Systems gestalten und
untersuchen, welche Informationen in welcher Form dargestellt werden
müssen, damit sie im medizinischen Praxisalltag einen Mehrwert bringen.

Die grundlegende Technik und die Avatare zur Mensch-Maschinen-Interaktion
stammen dabei vom Projektpartner Humanizing Technologies. Das Cologne
Cobots Lab der TH Köln steuert unter der Leitung von Prof. Dr. Richert
sein Wissen über dialogbasierte Künstliche Intelligenz und das Design von
Anwendungen bei. Die neue App soll zunächst von Patient*innen der Post-
COVID-Sprechstunde der Uniklinik Köln getestet werden, später ist eine
deutschlandweite Testphase geplant. Da das Projekt mit besonders
sensiblen, personenbezogenen Daten arbeitet, werden ausschließlich
datenschutzkonforme Dienste verwendet, die größtenteils auf Servern der TH
Köln laufen.

Im Projekt „HINT: Hybride Interaktive Avatare für Post-COVID-Betroffene“
arbeiten die TH Köln, das Universitätsklinikum Köln und das Unternehmen
Humanizing Technologies zwei Jahre lang zusammen. Fördermittelgeber ist
das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Die TH Köln zählt zu den innovativsten Hochschulen für Angewandte
Wissenschaften. Sie bietet Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland ein inspirierendes Lern-,
Arbeits- und Forschungsumfeld in den Sozial-, Kultur-, Gesellschafts-,
Ingenieur- und Naturwissenschaften. Zurzeit sind rund 23.500 Studierende
in etwa 100 Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben. Die TH Köln
gestaltet Soziale Innovation – mit diesem Anspruch begegnen wir den
Herausforderungen der Gesellschaft. Unser interdisziplinäres Denken und
Handeln, unsere regionalen, nationalen und internationalen Aktivitäten
machen uns in vielen Bereichen zur geschätzten Kooperationspartnerin und
Wegbereiterin.