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Die koronare Herzerkrankung mit daraus entstehenden Herzinfarkten ist eine
schwerwiegende Erkrankung, die nicht nur für die Betroffenen, sondern auch
für das Gesundheitssystem und die Gesellschaft hohe Belastungen bedeuten.
Forscherinnen und Forscher aus Jena haben die medikamentöse lipidsenkende
Therapie einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen. Im Rahmen der 90.
Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim wurden
die Ergebnisse präsentiert. Sie fanden heraus, dass diese nicht nur für
die Patientinnen und Patienten, sondern auch für Krankenkassen und
Arbeitgeber Vorteile hat.

Düsseldorf/Mannheim, 9. April 2024 – Zu viel LDL-Cholesterin kann
bekanntermaßen Ablagerungen an den Wänden der Blutgefäße (sogenannte
Plaques) begünstigen und diese anfälliger für einen akuten Gefäßverschluss
(nach Plaqueruptur) machen , wodurch sich das Risiko für einen Herzinfarkt
deutlich erhöht. In der Studie „Jena auf Ziel“ („JaZ“) am
Universitätsklinikum Jena wurden Menschen untersucht, die einen
Herzinfarkt erlitten haben und nun eine hochintensive LDL-Cholesterin-
senkende Therapie erhielten. Die Kardiologinnen und Kardiologen, die die
Studie durchführten, wollten wissen, wie sich die Werte des LDL
Cholesterins dieser Patientengruppe am besten auf die in den Leitlinien
empfohlenen Zielwerte senken lassen. Eine erste, bereits publizierte
Analyse zeigte, dass durch eine Kombination von generisch verfügbaren
lipidsenkenden Medikamenten (Statine und Ezetimibe) bei 80 % der
Patientinnen und Patienten nach sechs Wochen die Zielwerte erreicht werden
konnten. Bei wem das nicht ausreichte, half die zusätzliche Gabe von
Bempedoinsäure und PSCK-9-Hemmer. Innerhalb von zwölf Monaten konnten bei
allen die Blutfettwerte auf das gewünschte Maß gebracht werden.

Was kostet mehr? Eine effiziente Therapie oder ein Herzinfarkt?

Diese intensive medikamentöse Therapie allerdings hat natürlich einen
Preis. Deshalb steht die berechtigte Frage im Raum, ob der Nutzen den
Kosten gerecht wird. Studienleiter Prof. Oliver Weingärtner: „Wir haben in
einer Folgeanalyse errechnet, wie hoch der durchschnittliche
wirtschaftliche Schaden bei einer Krankenhauseinweisung wegen schwerer
Herz-Kreislauf-Ereignisse innerhalb der ersten 24 Monate ist. Für solche
liegt das Risiko bei weniger effektiven, aber günstigeren Therapien
deutlich höher. Das Ergebnis setzten wir dann mit der teuren, aber
zielgerichteten, medikamentösen Therapie ins Verhältnis.“ Hierfür wurden
wirtschaftliche und klinische Daten gesammelt, einschließlich der Kosten
für Medikamente, Aufenthaltsdauer der Patientinnen und Patienten, und der
Krankenhauskosten.

Krankenhausaufenthalte sind dreimal teurer als gute Medikamente

Insgesamt wurden 85 Patient:innen aus der „JaZ“-Studie mit einem
Durchschnittsalter von 64,4 Jahren beobachtet. Die durchschnittliche Dauer
des ersten Krankenhausaufenthalts lag pro Person bei etwa sieben Tagen.
Für die 85 STEMI-Patient:innen summierten sich 631 Krankenhaustage mit
Gesamtkosten von 802.185,13 EUR. In den ersten zwölf Monaten nach dem
Herzinfarkt wurden alle 85 Personen regelmäßig in einer speziellen
Lipidambulanz untersucht und die Therapie bedarfsgerecht optimiert. Nach
zwölf Monaten wurde es den einzelnen Patientinnen und Patienten
freigestellt, ob sie weiter in der Spezialambulanz des Uniklinikums Jena
oder vom betreuenden Hausarzt bzw. Hausärztin weiterbehandelt werden
wollten. 24 Monate nach dem Herzinfarkt waren 96.3% der Patient:innen auf
Statine, 87.7% auf Ezetimib, 17.3% auf Bempedoinsäure und 6.2% auf einen
PCSK9-Hemmer eingestellt. Zehn der 85 Patient:innen mussten im Verlauf
aufgrund eines erneuten Herz-Kreislauf-Ereignisses im Krankenhaus
behandelt werden. Für diese Zehn entstanden dadurch zusätzliche Kosten für
den zweiten Krankenhausaufenthalt in Höhe von 73.411,17 EUR.

In den ersten 24 Monaten waren in der Gruppe mit dem erneuten
Krankenhausaufenthalt die Kosten durch Absetzen von lipidsenkenden
Medikamenten („deprescribing“) pro Patient:in niedriger (547,04 Euro vs.
2.562,29 Euro). Dafür waren bei ihnen die LDL-Cholesterinwerte signifikant
höher (2.04 ± 1.26 mmol/L vs. 1.27 ± 0.47 mmol/L; p < 0.001). Bei
Einbeziehung der zusätzlichen Kosten des weiteren Krankenhausaufenthalts
stiegen die Kosten in der Gruppe mit dem zweiten Herz-Kreislauf-Ereignis
auf 7.921,25 EUR – also auf mehr als das Dreifache gegenüber Patient:innen
ohne Zweitereignis.

Langfristige Vorteile für Betroffene, Arbeitgeber und Volkswirtschaft

Die Studienverantwortlichen schließen daraus, dass eine intensive,
lipidsenkende Therapie nach einem Herzinfarkt nicht nur die Gesundheit der
Patient:innen verbessert, sondern auch dazu beiträgt, langfristig die
Kosten für das Gesundheitssystem zu senken. Dabei werden nicht nur die
Krankenkassen entlastet. Die verhinderten Krankenhausaufenthalte haben
außerdem einen positiven Effekt für die Volkswirtschaft, denn betroffene
Erwerbstätige können öfter ihrer Arbeit nachgehen. Betriebe bleiben damit
produktiver, was sich positiv auf die gesamte Volkswirtschaft auswirkt.
Weingärtner: „Die Vorteile für alle Beteiligten liegen damit klar auf der
Hand. Es ist in unseren Augen wichtig, dass Patientinnen und Patienten
frühzeitig mit einer optimalen Therapie behandelt werden, um sowohl
individuelle als auch gesellschaftliche Schäden zu verhindern.“

Den vollständigen wissenschaftlichen Abstract finden Sie hier:
https://herzmedizin.de/meta/presse/dgk-jahrestagung-2024/Eine-intensive-
LDL-C-Senkung-ist-bei-Patient-innen-nach-ST-Hebungsinfarkt-kosteneffektiv
--Daten-der-zweijaehrigen-Nachverfolgung-von-Jena-auf-Ziel.html