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Expertenwissen der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und
Unfallchirurgie (DGOU) zum Thema Blutvergiftung (Sepsis)

Laut Medienberichten erlitt der Schauspieler Til Schweiger infolge einer
Verletzung am Unterschenkel eine Blutvergiftung (Sepsis). Eine Sepsis ist
häufig lebensbedrohlich. Ob man nach einer Sepsis vollständig geheilt ist,
was zu beachten ist oder ob gar es einen Rückfall geben kann, darüber
informieren Orthopäden und Unfallchirurgen.

Wissenswertes über die Diagnose Sepsis erläutert Experte Prof. Dr. Andreas
Seekamp, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und
Unfallchirurgie (DGOU), Präsident der Deutschen Gesellschaft für
Unfallchirurgie (DGU) und Direktor der gemeinsamen Klinik für Orthopädie
und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein am Campus
Kiel.

1) Was gibt es nach einer frisch überstandenen Sepsis zu beachten?
„Man sollte sich weiterhin schonen und körperlich nicht anstrengen, also
keinen Sport, keine Flugreisen, sondern nur tägliche Verrichtungen
durchführen: Haushalt führen, einkaufen gehen und gegebenenfalls auch
wieder zur Arbeit gehen, wenn es sich nicht um körperliche Tätigkeiten
handelt. Das Immunsystem ist noch geschwächt, der Körper kann keinen
zusätzlichen Stress vertragen.“

2) Ist man dann wieder vollständig gesund oder gibt es die Gefahr eines
Rückfalls?
„Als vollständig gesund kann man sich erst nach etwa vier bis sechs Wochen
betrachten, ältere Menschen, etwa jenseits des 70sten Lebensjahres können
auch Monate benötigen. Bei körperlicher Überanstrengung gibt es durchaus
die Möglichkeit eines Rückfalls, vornehmlich dann, wenn das Immunsystem
noch geschwächt ist. In jedem Fall muss die Ursache der Sepsis vollständig
ausgeheilt sein, damit es nicht zu einer erneuten Keimverschleppung kommt.
Die nicht ausreichend therapierte und ausgeheilte Ursache stellt die
wesentliche Gefahr für einen Rückfall dar.“

3) Was sollte man besonders beachten?
„Neben körperlicher Schonung sind regelmäßige Blutuntersuchungen und
Kontrollen der ausgeheilten Ursache als Verlaufsbeobachtung wichtig. In
den Blutkontrollen sind die Entzündungsparameter zu kontrollieren und es
ist die gegebenenfalls anhaltende Zirkulation von Keimen im Blut
auszuschließen. Zudem müssen gleichzeitige Beeinträchtigungen von Organen,
wie beispielsweise Herz und Nieren, ausgeschlossen werden. Eine Sepsis
kann über die Blutzirkulation von Bakterien zu Herzklappenfehlern und
Nierenschäden führen.“

4) Warum ist eine Sepsis lebensgefährlich?
„Eine Sepsis ist lebensgefährlich, wenn durch die Einschwemmung von
Bakterien in die Blutbahn und die Organe das Immunsystem des Körpers
überfordert ist und mehrere Organsysteme durch den Keimbefall und die
daraus entstehenden Entzündungsreaktionen versagen. Menschen versterben in
der Sepsis an einem gleichzeitigen Versagen mehrerer Organe, selbst die
Intensivmedizin mag schwere Verläufe dann nicht mehr aufhalten. Ein
solcher schwerer Verlauf kann sich innerhalb von wenigen Stunden
entwickeln und mit dem Tod enden.“

5) Wie kann eine Sepsis bei einer Bagatellverletzung entstehen?
„Die Verschleppung von Keimen in die Blutbahn kann durch sehr kleine
Wunden, Bagatellverletzungen, entstehen. Auch kleine Bissverletzungen oder
Kratzspuren können die Ursache sein. Jeder noch so kleinen
Bagatellverletzung muss man daher seine Aufmerksamkeit schenken, jede
Wunde muss gesäubert werden, wobei schon reines Wasser dafür ausreicht.
Verhindert werden muss in jedem Fall die gleichzeitige Infektion der
Wunde. Ist eine Wunde infiziert und zeigt nach zwei Tagen keine
Heilungstendenz, haben sich bereits Keime in der Wunde festgesetzt, zu
diesem Zeitpunkt ist notfallmäßig medizinische Behandlung aufzusuchen.
Häufig wird dann eine chirurgische Intervention erforderlich, um das
infizierte Gewebe zu entfernen und die Wunde wieder in einen reinen
Zustand zu versetzen. Es folgt in der Regel eine offene Wundbehandlung mit
regelmäßiger Spülung der Wunde.“

6) Welche Anzeichen sprechen für eine Sepsis?
„Der Beginn einer Sepsis ist schwierig zu erkennen und wird häufig
verkannt. Klinische Symptome sind ein schneller Puls, gegebenenfalls
niedriger Blutdruck, erhöhte Atemfrequenz und eine zunehmende
Bewusstseinsstörung, beginnend mit Müdigkeit, sowie das Gefühl der
Abgeschlagenheit und ein vermehrtes Durstgefühl. Fieber tritt häufig erst
später auf, in jedem Fall spricht eine normale Körpertemperatur nicht
gegen eine Sepsis.“

7) Was muss bei Verdacht auf Sepsis sofort gemacht werden?
„Es muss möglichst rasch eine medizinische Behandlung erfolgen, am besten
Vorstellung in der Notaufnahme einer Klinik und zwar schon wenn nur zwei
der oben genannten Symptome wahrgenommen werden und eine
Bagatellverletzung vorliegt oder wenige Tage zuvor erinnerlich ist.“

8) Welche Rolle spielt die Tetanus-Impfung?
„Die Tetanus-Schutzimpfung ist ganz wichtig und muss im Zuge einer
Bagatellverletzung in jedem Fall überprüft werden. Bei Unsicherheiten über
den bestehenden Impfschutz muss der Impfschutz großzügig erneuert werden.
Die Impfung hilft aber nur gegen den auslösenden Keim des
Wundstarrkrampfes, eine Sepsis mit anderen Keimen lässt sich durch die
Tetanus-Schutzimpfung nicht verhindern.“

9) Wie kann man sich vor einer Sepsis schützen?
„Der beste Schutz gegen eine Sepsis ist der aufmerksame Umgang mit
jeglichen Bagatellverletzungen, dazu zählen im Übrigen auch
Sonnenbrandverletzungen mit Blasenbildung. Das Grundprinzip ist eine
primäre Säuberung, klares Wasser ist ausreichend, und eine saubere
mechanische Abdeckung bis die Wundflächen trocken sind und sich eine
Wundheilung einstellt. Frühe alarmierende Zeichen sind eine Rötung,
Überwärmung und zunehmende Schwellung um die Wunde herum. Schon dann
sollte man medizinische Hilfe aufsuchen. Ein "ist doch nicht so schlimm"
ist in dieser Situation nicht mehr angebracht.“