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Hybride Pfeilspitze gegen Autoimmunerkrankungen

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Forschende entwickeln einen bakteriell produzierten Wirkstoff, der die
zelluläre Immunantwort gezielter hemmt, ohne das Abfallsystem der Zelle zu
blockieren

Das Immunoproteasom ist für die zelluläre Immunantwort unerlässlich. Bei
Autoimmunerkrankungen ist es jedoch überaktiv. Bisher gelang es jedoch
nicht, es selektiv zu hemmen, ohne andere Mechanismen der Zelle zu
beeinträchtigen. Nun konnten Forschende um Prof. Helge Bode durch eine
selbst entwickelte Technik die Bildung eines bakteriellen Naturstoffes
manipulieren, so dass ein neuartiger, selektiverer Wirkstoff entsteht. Die
Ergebnisse bereiten damit den Weg für eine gezieltere Hemmung des
Immunoproteasoms.

Bevor das Immunystem Eindringlinge wie Bakterien und Viren bekämpfen kann,
muss es ihre molekulare Gestalt kennen. Dazu nimmt ein zellulärer
Enzymkomplex, das sogenannte Immunoproteasom, den Angreifer auseinander
und präsentiert den Immunzellen seine genaue Struktur.

Greift ein überaktives Immunproteasom fälschlicherweise körpereigene
Strukturen an, kann es zu Immunerkrankungen kommen. Um sie zu regulieren,
suchen Forschende seit langem nach Hemmstoffen gegen das Immunoproteasom.
Dabei muss jedoch sichergestellt sein, dass die anderen Proteasom-
Varianten der Zelle – zum Beispiel solche, die für das zelluläre Recycling
und die Abfallentsorgung notwendig sind – nicht ebenso blockiert werden.
Selektivität der Wirkstoffe ist hier höchstes Gebot, um Nebenwirkungen zu
vermeiden.

Die Arbeitsgruppe von Prof. Helge Bode am Max-Planck-Institut für
terrestrische Mikrobiologie in Marburg forscht seit Jahren daran,
Enzymkomplexe am Reißbrett zu designen und mithilfe der synthetischen
Biologie neue Naturstoffe zu erzeugen.

Bisherige mögliche Kandidaten für Medikamente gegen Immunerkrankungen,
aber auch Antibiotika oder solche gegen Krebs, stammen nicht nur aus der
Stoffgruppe der Peptide (= Eiweiße), sondern auch aus der Gruppe der
langkettigen Fettsäuren, sogenannter Polyketide. Während Peptide meist
durch nicht-ribosomale Peptidsynthetasen (NRPS) produziert werden,
entstehen Polyketide durch Polyketidsynthasen (PKS).

In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Michael Groll (TU München) und Prof. Dr.
Markus Kaiser (Universität Duisburg-Essen) gelang es dem Team, ein Hybrid
aus Peptid und Polyketid zu entwickeln und in wenigen Schritten
zusammenzubauen. „Die von uns entwickelte XUT Technologie nutzt
Schnittstellen, die in sogenannten Thiolierungs- (T) Domänen vorkommen. Da
es diese T-Domänen sowohl in NRPS und PKS gibt, kann man auch beide Sorten
von Enzymen, Peptide und Polyketide, miteinander fusionieren“, erklärt
Leonard Präve, Erstautor der Studie, die online in der Fachzeitschrift
Chem erschienen ist.

Solche Hybride aus NRPS und PKS stellt die Natur auch selbst her. Eine
bestimmte Substanzklasse, die Syrbactine, finden sich z.B. bei Bakterien,
die Pflanzen oder auch Insekten schädigen. Indem Syrbactine das Proteasom
in diesen höheren Organismen hemmen, stirbt die Zelle durch „Verstopfung“
ihrer Abfallentsorgung. Da eben diese Wirkung im Falle von Tumorzellen
wünschenswert ist, gelten Syrbactine als Kandidaten für Krebsmedikamente.

Zwar gibt es bereits Medikamente, die auf der Hemmung des Proteasoms
beruhen, doch gab es jedoch bislang keinen biotechnologischen Zugang zu
einem spezifischen und damit nebenwirkungsarmen Wirkstoff gegen das
Immunoproteasom aus der Klasse der Syrbactine.

„Mit unserer Technik konnten wir die Syrbactine in mehreren Schritten ganz
rational so verändern, dass erstmals ein neuartiger, selektiverer
Hemmstoff gegen das humane Immunoproteasom entsteht“, ergänzt Helge Bode.
Zwar ist der erzeugte Wirkstoff noch nicht selektiv genug, zeigt aber
schon die Richtung auf, wie weitere Varianten nun optimiert werden können,
um Nebenwirkungen zu reduzieren.

Diese sollen in Zukunft am Reißbrett und im hohen Durchsatz erzeugt
werden, um so die besten Varianten für die spezifische Anwendung aussuchen
zu können.

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