Welttag der Patientensicherheit: Zertifizierte Kliniken bieten mehr Versorgungssicherheit für Menschen mit Diabetes
Zum Welttag für Patientensicherheit am 17. September betonen die Deutsche
Diabetes Gesellschaft und diabetesDE – Deutsche Diabetes Hilfe die
Notwendigkeit sicherer Krankenhausversorgung für 3 Millionen jährlich
stationär behandelte Menschen mit Diabetes. Sie benötigen spezialisierte
Pflege aufgrund hoher Risiken für Komplikationen und Wundheilungsstörungen
sowie Fachkenntnisse im Umgang mit Diabetestechnologien wie Insulinpumpen.
DDG zertifizierte Kliniken wie „Klinik mit Diabetes im Blick DDG“ tragen
zur Risikominimierung bei, doch fehlen solche Zertifizierungen im Bundes-
Klinik-Atlas. DDG und diabetesDE fordern deren schnelle Integration für
eine informierte Entscheidungen der Patienten.
Eine präzise und rechtzeitige Diagnose von Diabetes mellitus und des
korrekten Diabetes-Typs ist entscheidend für Krankheitsverlauf und
Therapieerfolg. So erfordert eine Operation bei einem Menschen mit
Diabetes ein besonderes Augenmerk auf die Stoffwechseleinstellung sowie
eine besonders intensive Betreuung und Pflege. Ganz besonders trifft dies
bei Kindern oder multimorbiden älteren Menschen mit Diabetes sowie
Menschen mit Typ-1-Diabetes oder mit diabetischem Fußsyndrom zu.
„Fehlerhafte oder verspätete Diagnosen führen zu Notfällen wie
Ketoazidosen, Hypoglykämien und Koma. Das ist gefährlich und verursacht
ganz erhebliches Leid für die Betroffenen“, erklärt Professor Dr. med.
Andreas Fritsche, Präsident der DDG. „Derzeit sind Patientinnen und
Patienten häufig stark verunsichert, in welchem Krankenhaus sie
bestmöglich umsorgt werden. Eine sichere Diagnosestellung ist die
entscheidende Voraussetzung für eine optimale Versorgung, mehr
Patientensicherheit und einen nachhaltigen Therapieerfolg.“ Daher ist es
für den Experten entscheidend, dass die Versorgung dieser Patientengruppen
in deutschen Krankenhäusern im Zuge des Krankenhausreformprozesses nicht
„unter die Räder kommt“. Die DDG Zertifikate sind ein Garant für die
Einhaltung höchster Qualitätsstandards. „Warum diese
patientenverständlichen Zertifikate im Bundes-Klinik-Atlas fehlen, ist
nicht nachvollziehbar und muss dringend nachgebessert werden!“, fordert
Fritsche.
Diabetesversorgung: Orientierungshilfe für Betroffene durch zertifizierte
Expertise
Die DDG zertifiziert seit Jahrzehnten Kliniken und Praxen, die sich auf
die Diagnose und Behandlung von Diabetes sowie dessen Folgeerkrankungen
und Komplikationen spezialisiert haben: Einrichtungen können sich als
„Diabeteszentrum DDG“, „Diabetes Exzellenzzentrum DDG“ oder als „Klinik
mit Diabetes im Blick DDG“ zertifizieren lassen. „Letzteres Zertifikat
feiert dieses Jahr 10-jähriges Bestehen. Aktuell sind 90 Häuser als
„Klinik mit Diabetes im Blick DDG“ zertifiziert– ein großer Erfolg für die
Patientensicherheit“, betont Fritsche. Diese Einrichtungen verpflichten
sich zur Einhaltung strenger Qualitätsstandards und standardisierter
Prozesse, sodass alle Patientinnen und Patienten systematisch auf Diabetes
untersucht werden, auch wenn sie aus anderen Gründen stationär behandelt
werden. „Das ist besonders wichtig, denn viele Menschen mit Diabetes sind
nicht wegen der Diabeteserkrankung stationär aufgenommen, sondern stellen
sich aufgrund anderer Erkrankungen oder Behandlungen vor“, so Fritsche.
Laut dem Diabetologen minimieren strukturierte Abläufe das Risiko, dass
eine Diabeteserkrankung übersehen oder fehldiagnostiziert wird. Denn: In
deutschen Krankenhäusern hat jeder fünfte Patient einen bekannten
Diabetes1. Hinzu kommt eine nicht unerhebliche Dunkelziffer von bis zu 14
Prozent für unerkannten Diabetes, wie Studien zeigen.2/3„Da die
Stoffwechselerkrankung erheblichen Einfluss auf den Genesungsprozess haben
kann, braucht es eine interdisziplinäre Versorgung“, so Fritsche. Zudem
verpflichten sich zertifizierte Kliniken, ihr medizinisches Personal
regelmäßig in der Früherkennung und Behandlung von Diabetes
weiterzubilden. Eine Schlüsselrolle kommt dabei dem diabetesgeschulten
Pflegepersonal zu, das auf jeder Station vorgehalten werden muss.
Zertifikate: Schlüssel zu mehr Patientensicherheit und Selbstbestimmung
Dr. med. Jens Kröger, Vorsitzender der gemeinnützigen Organisation
diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, hebt noch einen weiteren Vorteil
hervor: „Zertifikate erleichtern nicht nur die Orientierung der
Patientinnen und Patienten, sondern stärken auch ihre Selbstbestimmung und
Selbstwirksamkeit in der Therapie. Wenn Betroffene sehen, dass eine Klinik
zertifiziert ist, können sie sicher sein, dass sie sich für eine
Einrichtung entscheiden, die strengen Qualitätsstandards entspricht. Dies
trägt zur Erhöhung der Diagnosesicherheit und Patientensicherheit bei.“
Lücken im Bundes-Klinik-Atlas gefährden die Patientensicherheit
Es ist daher sinnvoll, diese Zertifizierungen als einen Mehrwert für
Patientinnen und Patienten auch transparent im jüngst eingeführten Bundes-
Klinik-Atlas abzubilden. Fritsche und Kröger kritisieren, dass die
Plattform in ihrem aktuellen Zustand kaum aussagekräftig ist und wichtige
Informationen zur Diabetesversorgung fehlen. „Die rund 3 Millionen
Menschen, die jährlich mit Diabetes mellitus in deutschen Kliniken
behandelt werden, finden im neuen Portal keine korrekten Informationen,
insbesondere zur realen Verfügbarkeit spezialisierter Diabeteszentren“, so
Kröger. „Dies führt zu einer massiven Desinformation, da Betroffene und
deren Angehörige nicht die für sie geeignete medizinische Versorgung
finden.“ Trotz angekündigter Anpassungen finden sich seit Einführung des
Online-Portals weiterhin Kliniken mit Diabetes-Expertise lediglich im
niedrigen zweistelligen Bereich. „Es gibt derzeit allein 400 DDG
zertifizierte Klinken, die hier nicht abgebildet sind“, kritisiert
Fritsche.
Zum Welttag der Patientensicherheit fordern DDG und diabetesDE - Deutsche
Diabetes-Hilfe daher rasche Nachbesserungen am Bundes-Klinik-Atlas,
insbesondere die Integration der relevanten Zertifikate. „Patientinnen und
Patienten müssen ein realistisches Bild von der Versorgungslandschaft
bekommen“, so Kröger. „Die derzeitige Darstellung im Bundes-Klinik-Atlas
ist irreführend und gefährdet die Patientensicherheit.“
Literatur
1 Marie Auzanneau et al., Diabetes in the Hospital - A Nationwide Analysis
of All Hospitalized Cases in Germany With and Without Diabetes, 2015–2017,
Dtsch Arztebl Int 2021 Jun 18;118(24):407-412.
doi: 10.3238/arztebl.m2021.0151.
2 Dirk Müller-Wieland et al., Survey to estimate the prevalence of type 2
diabetes mellitus in hospital patients in Germany by systematic HbA1c
measurement upon admission, Int J Clin Pract. 2018 Dec;72(12):e13273. doi:
10.1111/ijcp.13273. Epub 2018 Oct 8.
3 Kufeldt et al., Prevalence and Distribution of Diabetes Mellitus in a
Maximum Care Hospital: Urgent Need for HbA1c-Screening, Exp Clin
Endocrinol Diabetes. 2018 Feb;126(2):123-129.
doi: 10.1055/s-0043-112653. Epub 2017 Jul 27.