Künstliche Intelligenz in der Klinik

Strukturierte Roadmap als Schlüssel zur erfolgreichen Integration von KI
in Krankenhäusern: Prof. Dr. Anderie legt in Statement dar, wie KI-
gestützte, gamifizierte Ansätze Prozesseffizienz und Patient*innenwohl in
Kliniken steigern können
Die rasanten Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz (KI) haben
inzwischen nahezu alle Lebensbereiche durchdrungen. Der Gesundheitssektor
bildet keine Ausnahme. „Insbesondere in Krankenhäusern hat KI das
Potenzial, die Qualität der Patient*innen-Versorgung zu verbessern, die
Arbeitsbelastung des medizinischen Personals zu reduzieren und Kosten zu
senken“, sagt Prof. Dr. Lutz Anderie. In seinem Statement legt der
Professor für Wirtschaftsinformatik der Frankfurt University of Applied
Sciences (Frankfurt UAS) und Games-Experte dar, wie KI-gestützte,
gamifizierte Ansätze Prozesseffizienz und Patient*innenwohl in Kliniken
steigern können.
Vortrag auf gamescom congress
Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Fachbereiche Wirtschaft und
Recht (verantwortlich: Prof. Dr. Lutz Anderie) sowie Soziale Arbeit &
Gesundheit (verantwortlich: Prof. Dr. Christiane Saure) der Frankfurt UAS
befasst sich seit dem Wintersemester 2024/25 mit der „Evaluation KI-
gestützter Opportunitäten der Digitalisierung im Gesundheitswesen“. Erste
Ergebnisse präsentiert Prof. Dr. Anderie gemeinsam mit Harald Agel,
Alumnus der Frankfurt UAS, am 21. August in einem Vortrag auf dem gamescom
congress¹, auf dem Expert*innen im Rahmen der internationalen Games- und
Videospielmesse gamescom in Köln branchenübergreifende
Einsatzmöglichkeiten von Games beleuchten.
OP-Training mittels VR-Brille
„Bevor ein Chirurg oder eine Chirurgin erstmals zum Skalpell greift,
trainiert er oder sie die Operation mithilfe einer XR-, also Extended
Reality bzw. MR, d.h. Mixed Reality Brille und sogenannten Head mounted
Displays, also am Kopf befestigten Anzeigen, die Bilder entweder auf einem
augennahen Bildschirm präsentieren oder sie direkt auf die Netzhaut
projizieren“, erläutert Anderie.² Virtual Reality und Serious Games, also
„ernste“ Spiele zu Schulungszwecken, mit denen medizinische Szenarien in
einer realitätsnahen, virtuellen Umgebung simuliert und Fähigkeiten fernab
echter Patient*innen trainiert werden, sind längst Bestandteil einer
innovativen Facharzt- und Pflegeausbildung.
KI-gestütztes Entlassmanagement
Die Anwendungsmöglichkeiten von KI im Krankenhaus gehen darüber weit
hinaus und betreffen sowohl klinische als auch administrative Prozesse.
„Ein exemplarisches Einsatzfeld ist das Entlassmanagement: Hier können KI-
gestützte Systeme Wiedereinweisungen reduzieren und die
Versorgungskontinuität optimieren“, so Anderie.
Mögliche KI-Anwendungen im Entlassmanagement umfassen:
• Prädiktive Analytik: KI-Modelle analysieren Patient*innendaten
(z.B. Krankengeschichte, Laborwerte), um das Risiko für Wiedereinweisungen
zu prognostizieren. Algorithmen wie Random Forest können
Hochrisikopatienten identifizieren und gezielte Nachsorgepläne
ermöglichen.
• Automatisierte Planung: KI-Systeme koordinieren
Nachuntersuchungen, Rezepte und Rehabilitationsmaßnahmen, was den
Verwaltungsaufwand reduziert.
• Natürliche Sprachverarbeitung (NLP): NLP standardisiert
Entlassberichte, um klare und konsistente Dokumentationen zu
gewährleisten.
• Patientenkommunikation: KI-Chatbots unterstützen Patient*innen
nach der Entlassung durch Erinnerungen an Medikamenteneinnahmen oder
Antworten auf Fragen.
Darüber hinaus nennt Anderie weitere vielversprechende KI-Anwendungen im
Krankenhaus:
• Bildgebende Diagnostik: Deep-Learning-Algorithmen analysieren
Röntgenbilder oder MRTs, um Krankheiten wie Krebs frühzeitig zu erkennen.
• Ressourcenplanung: KI optimiert die Auslastung von Betten und
Personal durch Analyse von Echtzeit- und historischen Daten, was
Wartezeiten reduziert.
• Patient*innenüberwachung: KI-Systeme überwachen Vitaldaten in
Intensivstationen und warnen bei Anomalien wie Herzrhythmusstörungen.
• Personalisierte Medizin: KI analysiert genetische Daten für
maßgeschneiderte Therapien, was die Behandlungseffizienz steigert.
Rahmen setzen durch Priorisierung
Mit Blick auf die Potenziale stehen Krankenhäuser vor erheblichen
Herausforderungen bei der Implementierung von KI. Zu den größten Hürden
zählen Datenschutz und Datensicherheit, erhebliche Investitionen in
Technologie und Schulungen für das Personal sowie Akzeptanzprobleme und
ethische Fragen. „Im Vergleich zum Entlassmanagement bietet die Bildgebung
z.B. einen hohen klinischen Nutzen, erfordert aber komplexe Algorithmen“,
so Anderie. „Ressourcenplanung ist wirtschaftlich attraktiv, stößt jedoch
auf organisatorische Hürden.“
Für die Bewertung ethischer und regulatorischer Aspekte setzt der
Europäische AI Act klare Maßstäbe für den Einsatz von KI in
Krankenhäusern, insbesondere bei Hochrisiko-Anwendungen wie der
Diagnostik. „Die Einhaltung dieser Vorgaben ist essenziell, um Datenschutz
und Patientensicherheit zu garantieren“, so Anderie. „Auch Haftungsfragen
sind zu klären: Wer ist verantwortlich, wenn eine KI-Fehlentscheidung zu
Schäden führt? Eine klare Governance-Struktur ist notwendig, um
Haftungsrisiken zu minimieren.“
Transparente und ethisch geprüfte KI-Modelle sind entscheidend, um Bias,
also Verzerrungen und systematische Fehleinschätzungen in KI-Systemen zu
minimieren und das Vertrauen von Patient*innen und medizinischem Personal
zu gewinnen. „Serious Games wie ,Keine Angst vor KI‘ und
,Entlassmanagement Training‘ bieten hier innovative Ansätze, um Personal
und Patient*innen zu schulen“, so Anderie.
Sein Fazit: Um das Potenzial von KI effektiv zu nutzen, muss letztlich
jedes Krankenhaus KI-Anwendungsfälle für sich identifizieren und nach
einem individuellen Bewertungsrahmen priorisieren. Eine klare Strategie
mithilfe einer strukturierten Roadmap ist der Schlüssel zur erfolgreichen
Integration von KI in Krankenhäusern. Pilotprojekte und Partnerschaften
mit Technologieanbietern und Forschungsinstituten ermöglichen eine
nachhaltige Skalierung, die sowohl klinischen Nutzen als auch
wirtschaftliche Effizienz maximiert.
Zur Person Anderie:
Prof. Dr. Lutz Anderie ist Honorar-Professor für Wirtschaftsinformatik an
der Frankfurt University of Applied Sciences. Zu seinen
Forschungsschwerpunkten gehören u. a. Gamification, Künstliche Intelligenz
sowie die digitale Transformation. Der Games-Experte ist Autor mehrerer
Fachbücher, zahlreicher wissenschaftlicher Schriften und regelmäßig als
Referent auf internationalen Fachkonferenzen, in Hochschulen und in der
Praxis tätig.
Mehr Informationen: <https://www.frankfurt-univers
¹ Prof. Dr. Lutz Anderie u. Harald Agel: „KI-gestützte Games und
Digitalisierung im Klinikmanagement: Gamification für Effizienz und
Patientenwohl“, siehe <https://congress.gamescom.glo
²siehe auch Vortrag von Prof. Dr. Lutz Anderie zu „Serious Games und KI im
Gesundheitswesen“ auf den GameDays 2025 an der TU Darmstadt unter:
<https://www.youtube.com/watch