Migräne immer besser behandelbar: DGN und DMKG publizieren aktualisierte Therapieleitlinie
Heute, am Kopfschmerztag 2025, haben die Deutsche Gesellschaft für
Neurologie (DGN) und die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft
(DMKG) eine Aktualisierung der Leitlinie „Therapie der Migräneattacke und
Prophylaxe der Migräne“ publiziert. Sie bildet die hohe Dynamik im Bereich
der Kopfschmerzforschung ab und macht deutlich, dass die Migräne immer
besser zu behandeln ist, dank neuer medikamentöser und nicht
medikamentöser Therapien. Hierzu gehören auch Ausdauersport,
Entspannungsverfahren und Stressbewältigung.
Migräne ist eine häufige Erkrankung. Die 1-Jahres-Prävalenz der Migräne,
das ist der Anteil der Menschen, die innerhalb eines Jahres an Migräne
leiden, liegt zwischen 10 und 15 %. Die höchste Prävalenz besteht zwischen
dem 20. und dem 50. Lebensjahr. In dieser Lebensphase sind Frauen bis zu
dreimal häufiger betroffen als Männer. Die Erkrankung kann die
Lebensqualität sehr stark beeinträchtigen, auch gehören Kopfschmerzen, vor
allem die Migräne, zu den zehn häufigsten Ursachen für Arbeitsfehltage in
Deutschland [1]. Entsprechend wichtig sind eine adäquate Therapie und
effektive Prophylaxe von Migräneattacken.
Die neuesten Therapieempfehlungen wurden in der aktualisierten Leitlinie
[2] zusammengefasst, die zum heutigen Kopfschmerztag 2025 publiziert
wurde. Zeitgleich wird die Patientenleitlinie „Migräne“ der Deutschen
Hirnstiftung veröffentlicht.
„Wie sich zeigte, hat sich das Therapiespektrum in den vergangenen Jahren
stark erweitert, so dass es für nahezu alle Betroffenen
Behandlungsmöglichkeiten gibt“, betont Prof. Dr. Hans-Christoph Diener,
Essen, der neben PD Dr. Stefanie Förderreuther, München, Prof. Dr. Peter
Kropp, Rostock, und Prof. Dr. Uwe Reuter, Greifswald, federführender Autor
der Leitlinie ist. Grundsätzlich unterscheidet man in der Migränetherapie
zwischen der Akuttherapie, also der Behandlung akuter Migräneanfälle, und
der prophylaktischen Therapie zur Vermeidung der Attacken. „Beides muss
immer zusammengedacht werden, auch wenn die neuen prophylaktischen
Therapien sehr wirksam sind und die Anzahl und Schwere der Migräneanfälle
stark reduzieren“.
Für die Behandlung akuter Migräneattacken sind laut Leitlinie die Triptane
Eletriptan, Rizatriptan und Sumatriptan am wirksamsten. Allerdings stellen
bei Triptanen eine koronare Herzkrankheit, ein erlittener Herzinfarkt,
Schlaganfall, andere Gefäßerkrankungen oder ein nicht kontrollierbarer
Bluthochdruck Kontraindikationen dar. Menschen mit diesen Erkrankungen,
die im übrigen in der zweiten Lebenshälfte relativ häufig auftreten,
dürfen diese wirksamen Migränemedikamente also nicht einnehmen. „Es gibt
aber gute Alternativen zur Therapie akuter Migräneattacken. Beispielsweise
kann Lasmiditan, ein Serotonin-1F-Rezeptoragonist, in diesen Situationen
verschrieben werden, da es keine vasokonstriktiven Eigenschaften hat. Auch
Rimegepant, ein Antagonist am CGRP-Rezeptor, zeigt bei der Behandlung
akuter Migräneattacken eine gute Verträglichkeit und ist als erstes
Gepante in Deutschland bereits zugelassen“, erklärt der
Kopfschmerzexperte.
Ebenso können zahlreiche Wirkstoffe zur effektiven Prophylaxe von
Migräneattacken eingesetzt werden, darunter Betablocker, Flunarizin,
Amitriptylin, Topiramat, Onabotulinumtoxin A (bei chronischer Migräne),
Gepante oder monoklonale Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor.
Insbesondere die monoklonalen Antikörper sind in der Prophylaxe der
episodischen und chronischen Migräne hocheffektiv und haben ein gutes
Verträglichkeitsprofil. Die oralen Gepante erweitern das Therapiespektrum
seit kurzem. „Beide Substanzgruppen sollten allerdings nach derzeitigem
Kenntnisstand nicht bei Menschen mit erhöhtem Risiko für vaskuläre
Erkrankungen eingesetzt werden“, erklärt Prof. Diener. „Wer davon
betroffen ist, muss dennoch nicht auf eine wirksame medikamentöse
Migräneprophylaxe verzichten und kann auf Topiramat oder Onabotulinumtoxin
A ausweichen.“
Zur Therapie akuter Migräneattacken und zur Migräneprophylaxe werden
darüber hinaus auch nicht medikamentöse Therapieoptionen in der Leitlinie
empfohlen, wie die Remote Electrical Neuromodulation (REN) und die externe
transkutane Stimulation des N. trigeminus. Beide seien bisher aber keine
Kassenleistung und die Kosten nicht unerheblich.
„Eine wirksame und kostengünstige Möglichkeit der Anfallsprophylaxe ist
Ausdauersport“, betont Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der DGN.
Auch Kraftsport, Entspannungsübungen, Biorhythmushygiene bezüglich Schlaf
und Mahlzeiten sowie Methoden der Stressbewältigung können helfen,
Migräneattacken zu vermeiden, doch leider werden diese Empfehlungen oft
nicht umgesetzt. „Viele Betroffene wünschen sich zwar eine nicht
medikamentöse Therapie, finden jedoch nicht die Zeit, Basismaßnahmen wie
Entspannungstechniken und Ausdauersport regelmäßig zu praktizieren. Die
Einnahme eines Medikaments scheint bequemer, insbesondere, wenn es gut
vertragen wird. Was aber dabei nicht bedacht wird, ist, dass durch die
Kombination von nicht medikamentösen und medikamentösen Verfahren ein
besserer Therapieeffekt erreicht wird als mit einem allein. Sportliche
Betätigung sollte daher ein ‚Muss‘ für alle Migränepatientinnen und
-patienten sein.“
[1] AOK Fehlzeiten-Report 2024. Abrufbar unter https://www.aok.de/pp/gg
/daten-und-analysen/fehlzeiten
[2] Diener H.-C., Förderreuther S, Kropp P., Reuter U. et al., Therapie
der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, S1-Leitlinie, 2025, DGN und
DMKG, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für
Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien
(abrufbar ab dem 05.09.2025)