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DGCH zum Tag der Patientensicherheit am 17. September 2025: Diabetes, der unterschätzte Risikofaktor bei Operationen

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Operative Eingriffe sind für Menschen, deren Blutzuckerstoffwechsel
beeinträchtigt ist, mit deutlich höheren Risiken verbunden als für
Stoffwechselgesunde. Nicht nur beeinflussen Operation und Narkose den
Glukosehaushalt auf vielfältige, teils unvorhersehbare Weise – umgekehrt
wirkt sich auch die Qualität der Blutzuckereinstellung auf den Verlauf der
Genesung aus.

Anlässlich des Welttages der Patientensicherheit, der
alljährlich am 17. September begangen wird, mahnt die Deutsche
Gesellschaft für Chirurgie e.V. (DGCH) deshalb dazu, vor Operationen weit
häufiger als bisher den Glukosespiegel zu bestimmen – auch weil ein
Diabetes oder Prädiabetes selbst den Betroffenen nicht immer bekannt ist.

Eine Operation bedeutet Stress für Körper und Seele. Ein belastender
Ausnahmezustand, für dessen Bewältigung der Körper Energiereserven in Form
von Zucker mobilisiert. „Dass es während größerer Operationen zu einem
Anstieg des Blutzuckerspiegels kommt, ist daher zunächst einmal als
normale Anpassungsreaktion zu werten“, sagt Professor Dr. med. Thomas
Schmitz-Rixen, Generalsekretär der DGCH.

Problematisch kann ein solcher Zuckerschub aber dann werden, wenn er auf
einen ohnehin bereits erhöhten Blutzuckerspiegel trifft: Hohe Zuckerwerte
schwächen die Immunfunktion, fördern die Ausscheidung von Wasser, können
damit zu Austrocknung führen und verändern die Gerinnungsneigung – um nur
die wichtigsten Effekte zu nennen. „Ein schlecht eingestellter Blutzucker
steigert daher die Komplikationsrate bei Operationen, von Infektionen über
Thrombosen und Wundheilungsstörungen bis hin zur Notwendigkeit eines
weiteren Eingriffs“, ergänzt Professor Dr. med. Roland Goldbrunner,
Präsident der DGCH. Das Risiko, im Zusammenhang mit der Operation zu
versterben, ist bei Diabeteserkrankten um bis zu 50 Prozent erhöht.(1)

Wie man heute weiß, ist es weniger der Diabetes an sich, sondern vielmehr
eine mangelhafte Blutzuckereinstellung im Vorfeld des chirurgischen
Eingriffs, der diese Risiken in die Höhe treibt. „Ist ein Diabetes
bekannt, sollten Patienten ihn beim Vorgespräch daher auf jeden Fall
erwähnen und für eine gute Blutzuckereinstellung in den Wochen vor der
Operation sorgen“, sagt Schmitz-Rixen und betont, dass geplante Eingriffe
bei zu hohen Blutzuckerwerten durchaus auch verschoben werden könnten.

Für diese Entscheidung sollte nicht nur der aktuelle Blutzuckerwert
herangezogen werden – er sollte nüchtern nicht über 180 Milligramm pro
Deziliter liegen –, sondern auch der sogenannte Langzeitblutzuckerwert
HbA1c. Dieser gibt Hinweise auf die Blutzuckereinstellung in den
zurückliegenden Wochen und sollte vor einer Operation einen Zielbereich
von 8 bis 9 Prozent nicht überschreiten. „Leider gibt es hier noch keine
einheitlichen Grenzwerte, und in der chirurgischen Praxis werden diese
Messungen selbst bei bekanntem Diabetes nicht immer vorgenommen“, bedauert
Goldbrunner.

Noch deutlich mehr Aufklärungsbedarf sehen die DGCH Vorstände in Bezug auf
die Diabetes-Dunkelziffer, sprich: den bislang unerkannten Typ-2-Diabetes.
In Deutschland leben zusätzlich zu den 9 Millionen Menschen mit einem
diagnostizierten Typ-2-Diabetes schätzungsweise 2 Millionen, die noch
nichts von ihrer Erkrankung wissen.

„Untersuchungen legen nahe, dass bei mindestens 10 Prozent der
Patientinnen und Patienten in der Chirurgie ein bislang unerkannter
Typ-2-Diabetes vorliegt“, so Schmitz-Rixen. Die DGCH plädiert daher für
die Anwendung eines selektiven präoperativen Blutzuckerscreenings, wie es
Empfehlungen vorsehen.(2) „Der Nüchternblutzucker sollte zumindest vor
Operationen mit hohem eingriffsbezogenem Risiko, bei Vorliegen von Herz-
Kreislauf-Risikofaktoren und bei einem Body-Mass-Index von mehr als 30
kg/m2 bestimmt werden“, erläutert der DGCH-Generalsekretär.

Ein unbekannter Typ-2-Diabetes als Risikofaktor bei Operationen dürfte
auch bei Kindern und Jugendlichen künftig an Relevanz gewinnen – der
Altersgruppe, der der Tag der Patientensicherheit in diesem Jahr gewidmet
ist. „Zwar ist der Typ-2-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen mit einer
Prävalenz von 18 von 100.000 noch recht selten“, sagt Professor Dr. med.
Udo Rolle, Kinderchirurg und Pastpräsident der DGCH. „Allerdings ist die
Häufigkeit in den vergangenen Jahren stark gestiegen und steigt noch immer
an.“

Gerade bei stark übergewichtigen Kindern und Jugendlichen komme einem
Diabetes-Screening vor chirurgischen Eingriffen daher eine besondere
Bedeutung zu. „Hier ist mit geringem Aufwand ein großer Gewinn an
Sicherheit zu erzielen“, so Rolle. Eine Messung des Blutzuckers sei
innerhalb von Sekunden möglich und schlage nur mit wenigen Cent zu Buche.
Und auch die im Falle erhöhter Blutzuckerwerte angeratene HbA1c-Bestimmung
sollte mit Kosten von rund 2 Euro keine finanzielle Hürde darstellen.

Quellen:
(1)     Positionspapier der DDG zur Therapie des Diabetes Mellitus im
Krankenhaus vom 5. August 2018.
https://www.ddg.info/politik/stellungnahmen/krankenhaus.
(2)     Zollner C, Bohmer A, Geldner G, Karst J, Obertacke U, Pauschinger
M et al: Präoperative Evaluation erwachsener Patientinnen und Patienten
vor elektiven, nicht herz-thorax-chirurgischen Eingriffen. Eine gemeinsame
Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und
Intensivmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und der
Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin. Anästh Intensivmed
2024;65:240–270. DOI: 10.19224/ai2024.240

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