Wenn Rheuma müde macht – Fatigue als unterschätztes Leitsymptom entzündlich-rheumatischer Erkrankungen
Fatigue zählt zu den häufigsten und oft belastendsten Symptomen
entzündlich-rheumatischer Erkrankungen – und bleibt dennoch oft
unbeachtet. Betroffene beschreiben Fatigue als anhaltende, lähmende
Erschöpfung, die weit über all-tägliche Müdigkeit hinausgeht.
Sie schränkt
Lebensqualität, Arbeitsfähigkeit und soziale Teilhabe massiv ein – häufig
stärker als die Gelenkbeschwerden. Das Thema steht im Zentrum des
Deutschen Rheumatologiekongresses 2025
„Fatigue ist kein psychosomatisches Randthema, sondern ein zentrales
Symptom rheumatischer Erkrankungen – das intensiver systematisch erforscht
und behandelt werden muss“, betont Professor Dr. med. Andreas Schwarting,
Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und
Klinische Immunologie e.V. (DGRh) und Leiter des Schwerpunktes
Rheumatologie und klinische Immunologie an der Universitätsmedizin Mainz.
Allein die Tatsache, dass die Erfassung der Fatigue durch subjektive
Fragebögen erfolge und es noch keinen objektiven Test zur
Diagnosesicherung gibt, verdeutliche die Komplexität der Symptomatik, so
der Experte.
Entzündliche Prozesse im Gehirn
Neue Studien geben Hinweise auf mögliche Pathomechanismen, also kausale
Abläufe im Körper, die zu Fatigue führen könnten. Bei Betroffenen wurden
unter anderem entzündliche Prozesse im zentralen Nervensystem
nachgewiesen. So zeigen sich Aktivierungen von Immunzellen des Gehirns,
die Signalwege beeinflussen, die für Wachheit, Energiehaushalt und
Motivation zuständig sind. Zudem verdichten sich Hinweise, dass
Autoantikörper bei einigen Betroffenen die Blut-Hirn-Schranke überwinden
und dort neuroinflammatorische Prozesse auslösen.
Zellenergie als Schlüssel zur Erschöpfung?
Auch der Energiestoffwechsel rückt in den Fokus: Fatigue könnte durch
Störungen in den Mitochondrien – den „Kraftwerken“ der Zellen –
mitverursacht sein. Studien haben gezeigt, dass mitochondriale
Fehlfunktionen in Immunzellen bei Menschen mit Rheumatoider Arthritis mit
Fatigue deutlich ausgeprägter sind als bei jenen ohne Fatigue. Diese
Erkenntnisse könnten mittelfristig neue Therapieansätze eröffnen.
Therapien noch in der Entwicklung
Klinisch gibt es bislang keine gezielte Therapie gegen Fatigue. Kortison,
Biologika oder Schmerzmittel lindern die Erschöpfung meist nur begrenzt.
Erste Ansätze testen nun spezifische Antikörpertherapien, die
Entzündungsprozesse im Gehirn dämpfen oder den Zellstoffwechsel
stabilisieren sollen. Auch der Einsatz von Biomarkern zur personalisierten
Steuerung der Therapie wird intensiv erforscht.
Fatigue ernst nehmen – auch in der Versorgung
Professor Schwarting fordert, Fatigue systematisch in Diagnostik und
Versorgung zu integrieren. „Wir brauchen eine multidimensionale
Betrachtung, die Fatigue ebenso ernst nimmt wie Schmerzen oder
Funktionseinschränkungen“, so Schwarting. Fatigue ist Thema bei der
Kongresspressekonferenz in Wiesbaden und online am 18. September um 12
Uhr.
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Der Deutsche Rheumatologiekongress findet vom 17. - 20. September 2025 im
RheinMain Congress Center in Wiesbaden statt. Die Presseakkreditierung ist
unter folgendem Link möglich:
https://www.m-anage.com/Home/I
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Terminhinweis:
Fatigue bei Autoimmunerkrankungen – same same but different?
Referentin: Hanna Graßhoff (Lübeck, Germany)
Datum: Freitag, 19. September, 10:45 bis 11:10 Uhr
Raum: Studio 1.5 A & B