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Radu Lupu, Solist am Piano

 

 

 

 

 

Drei grosse B erwarteten uns an diesem Abschlusskonzert des Lucerne Festival an Ostern 2015: 1. B (Beethoven), 2. B (Bruckner), 3. B (Bayerisches Sinfonieorchester), dazu der grosse MMJ (Maestro Mariss Jansons)

Erster Teil des Abends: Beethoven, Konzert für Klavier und Orchester Nr.1

Den ersten Satz absolvierte Radu Lupu leicht distanziert, unterkühlt, wirkte irgendwie emotionsarm, bevor ihn Mariss Jansons mit entsprechenden aufmunternden Gesten im zweiten Satz behutsam an sein Orchester heranführte und ihn dann im Verlauf des dritten Satzes optimal integriert hatte. Die Bayern, souverän wie immer in Ausdruck, Harmonie und Ausführung demonstrierten einmal mehr, dass sie unter dem Dirigat des Letten ständig noch kompakter und stilsicherer werden, unbeeindruckt von den Wirren und dem Gezänke um die Errichtung eines neuen, den heutigen Ansprüchen und Anforderungen gerecht werdenden Konzertsaales in München. Dies sahen und hörten die Anwesenden auch so und honorierten die schlussendlich doch kompakt harmonische Darbietung mit dementsprechendem, langanhaltendem Applaus, der wiederum vom rumänischen Solisten mit einer kurzen Zugabe belohnt wurde. Gutgelaunt begab man sich in die Pause.

Zweiter Teil des Abends: Bruckner, Sinfonie Nr. 6 A-Dur WAB 106

Sinfonieorchester des Bayerischen RundfunksEntspannt sitzend und mit grosser Vorfreude erwartete man die Musiker für das Werk Bruckners, des momentanen Lieblingskomponisten von Mariss Jansons.

Der 1. Satz, das „Majestoso“ wurde dem Namen entsprechend geboten, schlicht und einfach grandios majestätisch.

Das „Adagio“ des 2. Satzes berührend ans Herz klopfend.

Das „Scherzo“ des 3. Satzes genau richtig im Tempo, die optimale Spannung aufbauend für den abschliessenden 4. Satz, folgerichtig als „Finale“ (bewegt, doch nicht zu schnell), betitelt.

Die ganze „Sechste“ kam wunderschön wogend, wo gefragt auch furios glorifizierend und berauschend daher, Bruckners Gedanken perfekt umgesetzt und interpretiert.

Fazit: besser geht Bruckner nicht, beeindruckend berührend und aufwühlend, dann wieder versöhnlich besänftigend, nicht kirchlich mystifiziert sondern erstaunlich weltlich und aktuell. Das Publikum sichtlich gerührt und ergriffen ob der grandiosen Darbietung spendete den Applaus langanhaltend respektvoll aber nicht überbordend, einzelne Bravorufe waren hörbar. Ein  gelungener würdiger Abschluss des diesjährigen Osterfestivals, das auch sonst nicht arm an Aussergewöhnlichem war, ich denke da im Besonderen an „Musica Aeterna“ unter Teodor Currentzis am 25. März.

Nachtrag:

Dirigent Mariss Jansons, c, Marco BorggreveDer 72jährige Mariss Jansons musste in den letzten paar Jahren schon des Öfteren Konzerte aus gesundheitlichen Gründen absagen, wirkte beim ersten Erscheinen an diesem Abend auch ein bisschen gebeugt und zerbrechlich, aber immer wenn er auf dem Dirigentenpult stand war er präsent, mächtig und stark, autoritär und liebevoll gleichzeitig. Einige nähere Informationen zu Mariss Jansons finden Sie auch über unten eingefügte Links.

 

Nebenbei: was mir bis anhin auch noch nie aufgefallen war:

Leonard Bernstein verwendete (plagiierte) wahrscheinlich ein Bläsermotiv des zweiten Satzes für sein „Somewhere“ in der „West Side Story“, präziser:  bei der Textpassage „There`s a Place for us,  somewhere a Place for us“.

 

 Zitate aus einer Rede Mariss Jansons:

„Ich habe keinen Druck ausgeübt und das Bleiben in München vom Konzertsaal abhängig gemacht. Das wäre Primadonnen-Gehabe, so bin ich nicht.

- „Ich habe große Sorge, dass Radio Bayern 4 Klassik als UKW-Welle abgeschafft wird. Ich kann nur hoffen, dass nichts passiert, um der Klassik zu schaden. Warum muss man dem einen etwas wegnehmen und dem anderen geben? Warum soll der Jugendsender nicht im Digitalen bleiben? Es ist traurig, aber wie immer wird an der Kultur gespart. Die Digitalisierung ist die Zukunft, dagegen verschließen wir uns nicht. Aber wenn der Übergang zu abrupt ist, führt das zu Zuhörerschwund.“

- „Ich habe Komponisten-Phasen: Das waren Haydn, Brahms, Beethoven, Richard Strauss. Nicht, dass ich sie jetzt nicht mehr lieben würde, aber es kommt immer ein Neuer. Derzeit ist Bruckner meine Krankheit.“

 

Die ganze Rede/Interview von Mariss Jansons zu seiner Zukunft in München:

http://www.tz.de/muenchen/stadt/mariss-jansons-spricht-ueber-zukunft-3517774.html

 

Nähere Informationen zu Mariss Jansons Herzinfarkt am Dirigentenpult in Oslo 1996 über eingefügten Link:

http://www.zeit.de/2013/23/rettung-dirigent-mariss-jansons-herzinfarkt