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Igor Levit c Gregor HohenbergBesetzung und Programm:

Igor Levit  Klavier

Johann Sebastian Bach (1685–1750)
Aria mit 30 Veränderungen BWV 988 Goldberg-Variationen

Rezension:

Eigentlich eine erstaunliche „Karriere“, die dieser IV. Teil der Clavier Übung von Johannes Sebastian Bach gemacht hat, komponiert 1741, sind sie doch heute bekannter als so manche Sinfonien oder Sonaten anderer berühmter Komponisten. Ausser den „Diabelli -Variationen“ von Ludwig van Beethoven gibt es nichts auch nur annähernd Ähnliches in der Musikliteratur. Übungsstücke, die ungleich populärer sind als viele der ausgereiften, aufwändig orchestrierten Kompositionen anderer Musiker.

Glenn Gould  (1932 – 1982)Die Mystik der Bachschen „Goldberg- Variationen“ gründet wohl zum grossen Teil auf deren Einspielung durch den kanadischen Ausnahmepianisten Glenn Gould  (1932 – 1982) im Juni 1955.

„Bach wird oft als verkopfter Mathematiker bezeichnet“. Die „Goldberg-Variationen“, ursprünglich für zweimanualige Cembali komponiert, spalten heute noch die Musikergemüter in zwei Lager. Einige Musiker meinen, diese Komposition passe nicht zu einem Piano. Doch das erschwere das einmanualige Spielen und habe einen besonderen Reiz, so die Pianistin Rosa Günter.

Um in die tiefen Geheimnisse einzudringen unterteilt z.B. der ungarische Pianist und Dirigent András Schiff (*1953), wenn er die «Goldberg-Variationen» vorträgt, den Abend bisweilen in zwei Teile. In einem ersten Teil führt er erläuternd, nämlich sprechend und spielend, durch die Komposition, Im zweiten Teil des Abends trägt er dann das Werk vor. (Zitat Peter Hagmann in seinem  Blog zur klassischen Musik). Schiff ist unbestritten einer der weltbesten „Goldberg“  Interpreten und hat diese auch schon in den Jahren 2000 und 2015 im Rahmen des Lucerne Festival dargebracht.  Auch Igor Levit scheut sich nicht, diese „heissen Eisen“ anzugehen und sich damit zu exponieren. Beide Variationen gehören in sein Standardrepertoire, deswegen auch die perfekte Darbietung, ob Tempi, Lautstärke oder technische Raffinessen, Levit beherrscht alles perfekt, spielt nicht verbissen konzentriert, sondern auffällig gelassen, locker, manchmal gar sich verschmitzt freuend, wie ein Lausbub. Immer wieder auffallend beim Spiel sind die virtuosen Effekte der gekreuzten Hände, also die Über – und Untergriffe, deren es ausreichend gibt im Werk und die Levit beherrscht und auch meisterhaft inszeniert. Er weidet das Werk richtiggehend aus, seziert und fügt es wieder zusammen. Damit erweist er sich als veritabler „Goldgräber“. Dieses Konzert verlangt auch vom Publikum grösste Aufmerksamkeit und Konzentration, bis am Ende auf atemlose Stille begeisterter Applaus des tief beeindruckten Auditoriums folgt.

Nachtrag:

«Womit wird uns dieser Klavierverrückte als Nächstes kommen?», fragte sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung, als Igor Levit im vergangenen Herbst zwei absolute Meilensteine des Repertoires, nämlich Bachs Goldberg-Variationen und Beethovens Diabelli-Variationen, in Koppelung mit einem pianistischen Parforceritt von Frederic Rzewski als Triptychon herausbrachte.

Text: www.leonardwuest.ch Fotos: www.lucernefestival.ch

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