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Luzerner Theater nachtsRevolution, Terror, Flucht, Asyl, Menschenrechte. Diese Themen und Begriffe verbinden die Französische Revolution, Georg Büchners eigene Geschichte und unsere Gegenwart. «Dantons Tod» spielt in einer der düstersten Zeiten der Französischen Revolution: fünf Jahre nach der Erklärung der Menschenrechte herrscht nun der Terror. 1835 nutzte der junge Büchner diesen historischen Hintergrund, um in seinem Drama existentielle Fragen zu stellen: Kann es ein gerechtes politisches System geben, in dem jeder einzelne Mensch ein gutes, selbstbestimmtes Leben führen kann? Ist der Mensch zum friedlichen Zusammenleben fähig oder existiert in jedem von uns das «Tier», das bereit ist, zu töten, wenn es um den eigenen Vorteil geht? Diese Fragen stellen sich auch heute, vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Revolutionen im arabischen Raum und den dadurch ausgelösten politischen Debatten in Mitteuropa, mit grosser Dringlichkeit.
Paris, 1794. Aus den ehemaligen Gefährten Danton, Robespierre und St. Just sind Gegner geworden. Danton, der Held der Revolution, ist müde. Ekel hat ihn ergriffen angesichts des Leids, das mit dem menschlichen Dasein unauflöslich verbunden zu sein scheint. Der Kämpfe überdrüssig, propagiert er den Hedonismus und sucht den Rausch des Augenblicks. Unversöhnlich stehen sich die unterschiedlichen Positionen gegenüber: Hier der Tugendterror des Moralisten Robespierre und der Fanatismus des St. Just, dort Dantons Wille zum politischen Kompromiss. Am Ende bleibt allen der Gang zur Guillotine.
Büchner war Revolutionär und Künstler zugleich. Er schrieb «Dantons Tod» vor der Flucht ins französische Exil in wenigen Wochen nieder. Spätestens seit letztem Jahr sind Flüchtlinge nach den gescheiterten Revolutionen im arabischen Raum nun auch in Mitteleuropa nicht mehr zu übersehen. Können sie und wir noch von einer besseren Zukunft träumen? Können wir noch an den Erfolg von Revolutionen hin zu einer gerechteren Gesellschaft glauben? Büchner selbst war Realist genug, um einem Sieg der Prinzipien von Vernunft, Freiheit und Gleichheit zutiefst skeptisch gegenüber zu stehen. Seine Bestandsaufnahme ist von bestürzender Gegenwärtigkeit.
Der Regisseur Andreas Herrmann: Für mich steht die Auseinandersetzung im Zentrum, ob wir an die Möglichkeit gesellschaftlicher Veränderung zum Besseren noch glauben können oder ob wir von fatalistischen Gedanken geprägt sind, dass jede revolutionäre Bestrebung pervertiert wird und machtpragmatischen Handlungen zum Opfer fällt. Können wir noch von einer besseren Zukunft träumen, Utopien der Möglichkeit eines menschenwürdigen Daseins in der Gesellschaft ernst nehmen und diskutieren – oder haben wir schon längst die Meinung akzeptiert, dass unsere Welt von anderen komplexen und undurchschaubaren Interessen gelenkt wird.

Besetzung: Judith Cuénod, Julia Doege, Wiebke Kayser, Lilli Lorenz, Bettina Riebesel; Christian Baus, Jörg Dathe, Hans-Caspar Gattiker, David Michael Werner
Produktionsteam: Andreas Herrmann (Inszenierung), Max Wehberg (Bühne), Catherine Voeffray (Kostüme), David Hedinger (Licht), Erik Altorfer (Dramaturgie)
Weitere Informationen zum Stück sowie ein Gespräch zwischen Andreas Herrmann und Erik Altorfer finden Sie unter: luzernertheater.ch