Studenten entwickeln einen Koffer, der automatisch auf Schritt und Tritt folgt


Lästiges Schleppen und kippeliges Hinterherziehen von Reisegepäck könnten
bald der Vergangenheit angehören: Studenten der Universität des Saarlandes
wollen mit einem smarten Koffer dafür sorgen, dass Reisende in Zukunft
ihre Hände für Wichtigeres frei haben. Der „Smartcase“ genannte Prototyp,
den die vier Nachwuchsforscher gerade entwickeln, heftet sich an die
Fersen - oder bei Rollstuhlfahrern auch an die Felgen - seines Besitzers
und fährt ihm oder ihr ohne Weiteres hinterher. Möglich wird dies durch
eine Kombination aus Kamera, Sensoren und einer pfiffigen Regelung und
Steuerung. Mit ihrer klugen Tüftelei vertreten die Studenten ab 28.
Oktober die Saar-Universität beim Wettbewerb Cosima.
Die nötigsten Habseligkeiten mit auf Reisen zu nehmen, kann eine echte
Herausforderung sein. Wer Reiseunterlagen, Handgepäck und Taschen, Jacken,
mitunter auch heißgeliebte Teddys oder Kekse von kleinen Mitreisenden
zugleich jonglieren muss, hat alle Hände voll zu tun. Da kann ein Koffer,
auch wenn er Rollen hat, zum Ballast werden – erst recht, wenn die Zeit
drängt. Würde einem das Reisegepäck wie ein treuer Hund von selbst
nachfolgen, wäre dies für Tausende und Abertausende von Reisenden
tagtäglich eine enorme Erleichterung. „Wir denken dabei gerade auch an
Menschen mit Einschränkungen wie Gehbehinderungen. Ihnen könnte solch ein
intelligenter Koffer unabhängigeres Reisen möglich machen“, erklärt Joshua
Summa, der Systems Engineering an der Universität des Saarlandes studiert.
Gemeinsam mit seinen Studienkollegen Till Mertin, Nick Kempel und dem
Informatikstudenten Joshua Arens, baut der angehende
Ingenieurwissenschaftler derzeit einen intelligenten Koffer, der das
Reisen künftig stressfreier machen soll.
Der „Smartcase“-Prototyp ist bereits jetzt in der Lage, sich an die Fersen
einer bestimmten Zielperson zu heften, und dann konsequent ihre Verfolgung
aufzunehmen. „Unser System beruht auf einer Kombination mehrerer
Sensoren“, erklärt Joshua Summa. Kernstück ist eine Kamera, die denjenigen
erkennt, dem sie folgen soll, und jede seiner Bewegungen erfasst. Hinzu
kommen drei Ultraschallsensoren, die unter anderem permanent Entfernungen
messen und so etwa dabei helfen, Hindernisse zu erkennen und ihnen, wenn
nötig, auszuweichen.
Die Messdaten der Sensoren laufen in einem Mikro-Prozessor zusammen, der
die Informationen auswertet, weiterarbeitet und entsprechende Befehle an
die Elektromotoren der Räder des Koffers weitergibt. Dies alles haben die
Studenten dem Prozessor beigebracht. „Wir haben das System so angelernt,
dass es mit den Daten der Sensoren die Route permanent neu berechnen kann
und entsprechende Signale an den Motor sendet“, sagt Joshua Summa.
„Die Einsatzmöglichkeiten eines solchen Sensorsystems lassen sich noch
weiterdenken: etwa im Transportbereich oder in der Lagerlogistik“,
erläutert Summa das weitere Potenzial der Erfindung, an der die vier
Nachwuchsingenieure derzeit in den Räumen des Lehrstuhls für Mikromechanik
von Professor Helmut Seidel auf dem Saarbrücker Uni-Campus arbeiten. Die
Idee zum smarten Koffer hat ihren Ursprung in einer Vorlesung von
Professor Seidel über Mikromechanik. Diese gilt an der Saar-Uni bereits
seit Langem als Ideenschmiede für besondere Prototypen: Ein anderes
Studententeam hat etwa einen kopfgesteuerten Rollstuhl entwickelt.
Besonders erfolgreich war auch ein Sensorsystem gegen Falschfahrer, das in
Leitpfosten eingebaut werden kann: Die Jungforscher, die dieses System
entwickelt hatten, wurden mehrfach ausgezeichnet.
„Hier an der Uni haben wir ein gutes Umfeld für unsere Arbeit am Prototyp,
bei Fragen können wir uns an die Professoren und ihre Teams wenden. So
unterstützt uns zum Beispiel auch die Forschergruppe von Antriebstechniker
Professor Matthias Nienhaus, die unter anderem auf intelligente
Elektromotoren in Rädern spezialisiert ist“, sagt Joshua Summa.
Mit ihrem Prototyp „Smartcase“ nehmen die Bachelor-Studenten Joshua Summa,
Till Mertin, Nick Kempel und Joshua Arens vom 28. bis 30. Oktober am
Cosima-Wettbewerb in Berlin teil: Der Studentenwettbewerb, der jedes Jahr
vom Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE)
ausgeschrieben wird, soll dazu beitragen, neue Einsatzmöglichkeiten von
Mikrosystemen zu finden.
(Info über Cosima 2019: <http://partner.vde.com/cosima