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80 Prozent Luft, 20 Prozent Ziegel: Der luftige Stein nutzt Luft gegen Lärm.  Bildquelle: D. Ivanova/Institut für Ziegelforschung
80 Prozent Luft, 20 Prozent Ziegel: Der luftige Stein nutzt Luft gegen Lärm. Bildquelle: D. Ivanova/Institut für Ziegelforschung

In vielen Teilen Deutschland wächst die Bevölkerung wieder und mit ihr der
Bestand an Wohnungen. Für nachhaltiges, effizientes Bauen entwickeln
Forschungsinstitute der Zuse-Gemeinschaft praxistaugliche Innovationen -
vom Ziegel bis zur Heizung.

Berlin, 19. Februar 2019. Mit dem zu Ende gehenden Winter und der milderen
Witterung erhöht sich die Aktivität auf den Baustellen. In den heute
entstehenden Häusern bekommen nicht nur Menschen und Gewerbe ein neues
Zuhause, es wird auch das Fundament für die Energieversorgung der Zukunft
gelegt. Grundlagen dafür haben Wissenschaftler geschaffen: Wie z.B.
Wasserstoff nachhaltig Energie liefert, weiß man beim DBI in Freiberg.
Dort haben Forschende gezeigt, wie sich mit Wasserstoff in
Brennstoffzellen hocheffizient nicht nur Heizenergie, sondern durch Kraft-
Wärme-Kopplung auch Strom erzeugen lässt. Der für die Brennstoffzellen
benötigte Wasserstoff kann dezentral im eigenen Keller z.B. aus Erdgas
gewonnen werden. Aber auch am direkten Einsatz nachhaltig erzeugten
Wasserstoffs arbeiten die Wissenschaftler. Das DBI entwickelt dafür
innovative Komponenten für Brennstoffzellen-Heizungen, wie
Spitzenlastkessel und Deodorierungssysteme.

Solarenergie vom Dach und von der Fassade
Dass Verbraucher nicht nur im Keller, sondern auch auf dem Dach Strom und
Wärme kombiniert erzeugen können, zeigt das Institut für
Solarenergieforschung in Hameln (ISFH). Dem in Kooperation mit
Mittelständlern entstandenen und in Kleinserie verfügbaren solaren
Hybridsystem gelingt eine effiziente Flächennutzung durch die
gleichzeitige Umwandlung der Solarstrahlung in Nutzwärme und Strom. Das
funktioniert, indem der mit Flüssigkeit durchströmte Wärmeüberträger aus
Aluminium zugleich das selbsttragende Montagesystem für die Photovoltaik-
Module bildet, das ins Dach integriert ist. Dass die Nutzung der
Solarenergie nicht aufs Dach beschränkt bleiben muss, zeigt das Institut
für Angewandte Bauforschung in Weimar (IAB). Zusammen mit Partnern hat es
eine solaraktive Designfassade entwickelt. Auch an anderen Instituten der
Zuse-Gemeinschaft arbeiten Forschende an der Integration der Solarenergie
in Bauelemente.

Ziegel arbeitet mit dem Schall
Ist die Gebäudehülle fertig, geht es an den Innenausbau, wo Materialien
gefragt sind, die Behaglichkeit, Ruhe und ansprechende Optik verströmen.
Eine Erfindung des Instituts für Ziegelforschung (IZF) bringt diese
Eigenschaften in einem Schall schluckenden Keramikziegel zusammen. Der hat
nur etwa ein Zehntel des Gewichts, den sein massives Pendant beanspruchen
würde. Um das zu erreichen, nutzen die Bau-Experten aus Essen einen Trick:
Am Anfang der Produktion steht ein Schaumstoffschwamm, der mit einer
dünnen Tonschicht überzogen und dann gebrannt wird. Der Kunststoff
verbrennt, doch der entstehende Ziegel behält die luftdurchlässige
Struktur des Kunststoffs, auf dem er entstanden ist. Wie alle
offenporigen, porösen, Materialien kann der neue Ziegel hervorragend den
Schall aufnehmen. Denn seine poröse Struktur provoziert viel Reibung
zwischen den Luftmolekülen, wodurch sie an Schallenergie verlieren. Der
innovative Ziegel aus Essen eignet sich nicht nur zur Schalldämmung,
sondern auch als schickes Gestaltungsobjekt in Seminarräumen, Restaurants
oder Klassenzimmern. Hinzu kommt: Im Unterschied zu Akustikschaumstoffen
erreicht er die höchste Brandschutzklasse A1.

Forschung mit Fingerspitzengefühl
Ist das Haus schlüsselfertig übergeben, heißt es umsichtig beim Einzug
sein. Denn die meisten Unfälle passieren zu Hause - nicht zuletzt an
Türen. Forschung mit Fingerspitzengefühl hat daher das Institut für
Holzenergie (IHD) in Dresden abgeliefert: Die Tüftler entwickelten
zusam¬men mit zwei Firmen eine neuartige Fingerschutzvorrichtung für die
Montage an Innentüren. Der Mechanismus schlägt nur bei raschen Bewegungen
an, langsam lässt sich die Tür hingegen ganz einfach schließen. Nicht nur
zu Hause, sondern gerade auch in Kindergärten oder Schulen bewahrt dieser
Einklemmschutz vor schlimmen Verletzungen.

„Bei zahlreichen weiteren Forschungsprojekten rund ums Bauen, sei es zur
Energieversorgung oder Bauteilentwicklung, für Baustoffe und für
Gebäudetechnik, haben Institute der Zuse-Gemeinschaft mehr als nur einen
Fuß in der Tür für eine nachhaltige Entwicklung der Branche. Denn für
erfolgreichen Technologietransfer arbeiten die Forschenden eng mit
Unternehmen und anderen Praxispartnern zusammen“, erklärt die
Geschäftsführerin der Zuse-Gemeinschaft, Dr. Annette Treffkorn.

Erfolgreiche Forschung kann damit zu nachhaltigem Bauen und Wohnen
beitragen. Die Wohnflächennachfrage aller Haushalte wird sich laut
Prognose des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in
Deutschland bis 2030 um rund 7 Prozent auf 3,5 Milliarden Quadratmeter
erhöhen. Dies ist laut BBSR insbesondere dem Bedeutungsgewinn  der
Eigentümerhaushalte sowie der Zunahme der Haushaltszahlen geschuldet.