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Das 3D-Erfassungssystem CeramDetect ermöglicht eine sichere Erkennung des Modelltyps und eine Lagebestimmung von Werkstücken.  Copyright: GFaI
Das 3D-Erfassungssystem CeramDetect ermöglicht eine sichere Erkennung des Modelltyps und eine Lagebestimmung von Werkstücken. Copyright: GFaI

Der Sommer ist die Zeit fürs Renovieren und
Sanieren. Einer der größten Posten bei den Investitionen in den eigenen
vier Wänden ist das Badezimmer. Mieter wie Eigentümer von Wohnraum wollen
ihre Bäder individuell gestalten – dafür profitieren sie von Neuerungen
der Forschung, die sich das Potenzial der Automatisierung zunutze machen.
Innovationen aus dem Kreis der Zuse-Gemeinschaft sind in mehr Komfort,
Ressourcenschutz und Sicherheit gemündet.

Die Sanitärwirtschaft mit ihrer Expertise rund ums Bad gehört mit
jährlichen Umsätzen von mehr als 20 Mrd. Euro zu den wichtigsten Branchen
am Bau. An vorderen Positionen in der Beliebtheitsskala der Verbraucher
rangiert die Sanitärkeramik mit Waschbecken, Wannen und WCs. Glasiert
werden diese zunehmend automatisiert in Roboterlinien. Die einhergehenden
Produktivitätszuwächse mit Automatisierungstechnik aus Deutschland bringen
angesichts des globalen Wettbewerbs Vorteile für die Produktion in Europa.
Damit die Modellwechsel in den Roboterlinien reibungslos und effizient
verlaufen, hat die Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik
(GFaI) den Einsatz der Roboter mit ihrem System CeramDetect vorangebracht.

Laserlichtschnitt meistert Vielfalt auf dem Fließband
Die auf einem Drehtisch platzierte Keramik wird mit dem von der GFaI
entwickelten 3D-System per Laserlichtschnitt komplett erfasst. Aus den
gewonnenen Daten lassen sich dann über eine Datenbank der Typ des Werk-
stücks wie auch dessen ideale Position für die bevorstehende Glasur
bestim-men. Problemlos lässt sich die große Vielfalt von Modellen auf
demselben Fließband - Resultat vieler individueller Kundenwünsche -
automatisiert bearbeiten. Die manuelle Eingabe von Modellnummern entfällt,
denn das Zusammenspiel von Laser- und Rechenleistung meistert die Vielfalt
auf dem Fließ-band. Im Anlernmodus lassen sich neue Modelle bequem
innerhalb von 60 Sekunden pro Modell in die Datenbanken einpflegen. Mit
künftigen Versionen von CeramDetect werden weitere Entlastungen für die
Arbeitskräfte erwartet.

Verlässliche Verbindungen für Fußbodenheizungen
Für Automatisierung, bei der man keine kalten Füße bekommt, steht eine
Forschungsinnovation aus Sachsen: Am Institut Chemnitzer Maschinen- und
Anlagenbau (ICM) haben die Forschenden ein neues kosten- und
materialsparendes Verfahren zur Produktion aufwändiger Verteilerbalken
entwickelt. Es führt das Einbringen der Kragen und Gewinde an den Rohren
mit der Herstellung der Verteilerbalken zusammen, die u.a. für
Fußbodenheizungen benötigt werden.
Ausgangsbasis ist das Innenhochdruck-Umformen (IHU), das durch die
Integration der Gewindeherstellung erweitert wurde. Mit bis zu 2.500 bar
wird beim IHU zunächst eine Wasser-Öl-Emulsion in die Rohlinge gedrückt.
Dadurch fließen die Metalle in eine Werkzeugform. Anschließend werden
Gewindefittinge und Dichteinsätze eingepresst. In einem einzigen
Arbeitsschritt fertigen die Chemnitzer Forscher auf diese Weise aus einem
rohrförmigen Halbzeug die fertigen Endprodukte. Eventuelle Schweiß- oder
Klebeprozesse können entfallen.

Somit lassen sich die Fertigungskosten um rund ein Drittel senken. Durch
die Verfahrenskombination ist es auch möglich geringere Wandstärken des
Ausgangsrohres zu verwenden, wodurch sich Materialeinsparungen bis zu rd.
30 Prozent ergeben. „Das Herstellverfahren ist automatisierbar, das darauf
aus¬gelegte Maschinen- und Werkzeugkonzept flexibel. Somit wird es vor
allem für eine roboterunterstützte Klein- und Mittelserienfertigung
lukrativ“, erklärt ICM-Institutsleiter Dr. Sebastian Ortmann. Die
erfolgreiche Entwicklung für die Sanitärbranche lässt sich nach seiner
Einschätzung auf andere Branchen übertragen, so auf Auto- oder
Lebensmittelindustrie und den Wärmetauscherbau.

Individuelle Gestaltung – Gesellschaftlicher Anspruch
Bei aller individueller Gestaltung des Bades: Mit der Küche bildet es über
den Anschluss an die Kanalisation zugleich die Verbindung zu den
Kreisläufen der Abwasserwirtschaft. Rund 576.000 km Kanalnetz ziehen sich
durch Deutschland, wo jährlich rund 5 Milliarden Kubikmeter Schmutzwasser
entstehen. Das Institut für Automation und Kommunikation (ifak) aus
Magdeburg hat nun in Zusammenarbeit mit Partnern aus Wissenschaft und
Praxis einen kostenlosen Simulator entwickelt, der Anstöße für ein
Umdenken weg von konventionellen Verfahren der Schwemmkanalisation gibt
und neuartige kommunale Sanitärkonzepte visualisiert.

Dabei geht es um die Veranschaulichung von Stoffströmen in der
Wasserwirtschaft. „Mit dem Simulator können Planer und Kommunen
überschlägig einschätzen, welcher Aufwand und welche Vorteile sich durch
ausgewählte oder umfassende Investitionen in ihre Abwassersysteme bieten“,
erläutert ifak-Projektleiter Dr. Manfred Schütze den Ansatz des von der
Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projekts, dessen erste
Ergebnisse jüngst in der Fachzeitschrift Water, Science and Technology
publiziert worden sind. Beispielsweise vermag der Simulator überschlägig
Nährstoffströme, Treibhausgasemissionen und Energiebilanzen in
Abwassersystemen abzuschätzen. „In einer Branche wie der Wasserwirtschaft,
die an vielen Stellen an der Schwelle zur Digitalisierung steht, ist bei
Investitionen auch die Automatisierung von Arbeitsabläufen mitzudenken, so
z.B. beim Betrieb von Pumpen und Klärwerken“, erläutert Dr. Schütze.