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Im Zuge des Klimaschutzes gilt es, die Sanierungsquote von Gebäuden in die
Höhe zu treiben. Forschende von sieben Fraunhofer-Instituten entwickeln im
Leitprojekt »BAU-DNS« daher Verfahren für eine modulare, ganzheitliche und
zirkulare Gebäudesanierung. Am 3. Mai wurden sowohl der aktuelle Stand des
Projekts als auch die nächsten Schritte Fachleuten aus Wirtschaft und
Wissenschaft präsentiert sowie die bisher erarbeiteten Ergebnisse
vorgestellt und diskutiert.

Sollen die klimapolitischen Ziele von Bundesregierung und EU erreicht
werden, führt kein Weg am Bausektor vorbei: Schließlich gehen in
Deutschland rund 40 Prozent aller CO2-Emissionen auf den Bau und den
Betrieb von Gebäuden zurück – der größte Teil davon für Strom und Wärme.
95 Prozent unserer Gebäude sind bereits gebaut, sie müssen schnell,
effizient und CO2-neutral saniert werden. Derzeit liegt die
Sanierungsquote jedoch lediglich bei etwa einem Prozent. Anders gesagt:
Geht es in diesem Tempo weiter, würde es etwa hundert Jahre dauern, den
gesamten Gebäudebestand zu sanieren.

Sanierungsdauer um etwa zehn Prozent senken

Im Leitprojekt »BAU-DNS« haben sich daher sieben Fraunhofer-Institute
unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP
zusammengeschlossen, um dies zu ändern. »Unser Ziel liegt darin, die
Produktivität im Bereich der Gebäudesanierung zu steigern, die Kosten zu
halten, die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben und eine CO2-Neutralität
von Materialien und Systemen auf den Weg zu bringen«, sagt Dr. Simon
Schmidt, Abteilungsleiter Hygrothermik am Fraunhofer IBP. Die Sanierung
könnte dann um etwa zehn bis fünfzehn Prozent schneller vonstattengehen,
die graue Energie der Materialströme durch biobasierte Materialien und
andere Ansätze auf die Hälfte reduziert werden. Dabei geht es im
Leitprojekt nicht primär darum, Produkte zu entwickeln. Vielmehr liegt der
Fokus auf elementaren Vorarbeiten. »Industriekunden können in
Anschlussprojekten mit uns sofort konkrete Lösungen entwickeln – ohne
langwierige Untersuchungen der Vorlaufkette. Der Mehrwert des Leitprojekts
kommt also direkt bei den Unternehmen an«, sagt Schmidt.

Serielle Sanierung: Beispiel Fassadenbauteile

Die Forschenden verfolgen dabei drei Stränge: Daten sollen durchgängig
genutzt, Prozesse nachhaltig ausgelegt und Bauteile systematisch gefertigt
werden. Am Beispiel von Fassadenbauteilen bildet das Team den gesamten
Sanierungsprozess beispielhaft ab, angefangen bei Aufnahmen und Scans des
zu sanierenden Gebäudes über die Digitali-sierung der Daten und Fragen der
Bauphysik wie Energieeffizienz und Dauerhaftigkeit bis hin zur Fertigung
der Bauteile und zur Logistik. Die entwickelten Prozesse sollen sich
später auf andere Fragestellungen übertragen lassen. Ein
Entwicklungsbeispiel ist ein Gebäudescanner, mit dem das Gebäude in
Echtzeit vermessen werden kann. Langfristig sollen die Gebäude hierdurch
auch energetisch bewertet und »Schwachstellen« angezeigt werden können.

Was die Produktion und die Montage angeht, so setzen die Forschenden auf
die serielle Fertigung: Die Fassadenelemente werden in der Produktion
vorgefertigt und müssen an der Baustelle lediglich montiert werden – auf
diese Weise können Bauunternehmen dem Fachkräftemangel besser begegnen.
Beim Entwurf der Fassadenelemente stehen Fragen nach der optimalen Größe
der Elemente sowie Anforderungen von Robotern und anderen Hilfsmitteln im
Vordergrund, die auf der Baustelle hilfreich sein könnten. Was die
Materialien angeht, setzen die Forschenden auf regionale Produkte und
rezyklierbare Materialien. »Wir denken den Bauprozess aus der Sicht von
Rückbau und Recycling und gehen Komponentenentwicklung, Fabrikauslegung,
Gebäudeplanung und weitere Projektschritte daher vom Ende her an«,
beschreibt Schmidt. Auch beschäftigt sich das Team mit Fragestellungen wie
der »Cloud-Produktion«: Lassen sich die Module durch kleinere
Handwerksbetriebe, die in der Gegend ansässig sind, produzieren? »Die
kleinen und mittelständischen Unternehmen ins Boot zu holen, ist uns sehr
wichtig«, betont Schmidt.

Erste Module sind bereits entwickelt

Der Scan eines Bürogebäudes auf dem Gelände des Fraunhofer IBP in
Holzkirchen ist bereits abgeschlossen, zudem sind die Informationen
bereits in ein digitales Modell überführt. Auch erste Module hat das Team
bereits entwickelt – im Juni 2024 sollen diese am Versuchsgebäude
angebracht werden. Ende 2024 soll darüber hinaus eine Produktionsstraße
aufgebaut sein, an der die Produktionsprozesse beispielhaft dargestellt
werden können.

Am Projekt beteiligte Fraunhofer-Institute

Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF
Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD
Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE
Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT
Fraunhofer Italia IEC