Regional

Pin It

Das Kulturbüro präsentiert anlässlich der Ausstellung „Das verdächtige Saxophon – ‚Entartete Musik‘ im NS-Staat“ im Haus Kemnade mit der Stiftung Lichterfeld, der Christuskirche Bochum sowie der Jüdischen Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen zwei besondere Kammerkonzerte, die sich den Werken verfemter Komponisten widmen. Dr. Albrecht Dümling, Kurator der aktuellen Ausstellung, führt in die Konzerte ein.

 

Das Konzert „Perlgrauer Liebesgesang“ findet am Donnerstag, 8. Februar, um 19 Uhr im Saal der Jüdischen Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen, Erich-Mendel-Platz 1, statt. Das Konzert „Es brennt. Die Zeit. Sanft. Im Ohr.“ findet am Freitag, 9. Februar, um 19 Uhr im Kulturhistorischen Museum Haus Kemnade, An der Kemnade 10, Hattingen, statt. Der Eintritt kostet für beide Konzerte 12 Euro, ermäßigt 6 Euro. Wegen des geringen Platzangebotes gibt es Karten nur im Vorverkauf unter www.christuskirche-bochum.reservix.de. Gegen Vorlage des Tickets können Interessierte am Donnerstag oder Freitag um 16 Uhr an einer Kuratorenführung durch die Ausstellung „Das verdächtige Saxophon ‚Entartete Musik‘ im NS-Staat“ mit Dr. Albrecht Dümling teilnehmen.

 

Sie waren lange Zeit im Musikbetrieb nicht präsent. Sie waren nahezu vergessen, aber dennoch gibt es sie. Mit ihrem klangvollen Schaffen haben sie die Welt bereichert. Ihre Schicksale sind Zeugnisse dafür, wie ein Staat die Ideologie über die Freiheit des Menschen und der Kunst stellt und damit jedes Abweichen von dem so gesetzten Ideal verfemt.

 

Sie mussten fliehen, sie waren existentiell bedroht. Einige von ihnen schafften es, andere fielen der Vernichtungsmaschinerie des Nationalsozialismus zum Opfer. Oft sind es Komponisten mit jüdischen Wurzeln, manchmal ist es die feindliche Nationalität, bisweilen das Andersdenken – die Nationalsozialisten bezeichneten die Werke jener Komponisten oder bestimmte Stilrichtungen wie den Jazz als „entartet“, verfemten zugleich die Musiker mit Auftritts- und Berufsverboten. Auch die Komponisten wurden zu Verfolgten. Und mit ihnen ihre Kunst.

 

Das Konzert „Perlgrauer Liebesgesang“ führt die Werke von vier verfemten Komponisten auf:

Ernst Bachrich (1892, Wien – 1942, Majdanek), der 1928/29 am Düsseldorfer und 1929–32 am Duisburger Stadttheater Kapellmeister war, 1942 von Wien nach Izbica deportiert und im selben Jahr im Vernichtungslager Majdanek ermordet wurde. Szymon Laks (1901, Warschau – 1983, Paris), der nach Auschwitz deportiert wurde und dort als Mitglied, später Arrangeur und Leiter des Lagerorchesters überlebte. Max Kowalski (1892, Kowal – 1956, London), der kurzzeitig deportiert wurde, um zur Ausreise erpresst zu werden. Und Erwin Schulhoff (1894, Prag – 1942, Wülzburg), der sich zum Kommunismus wandte, 1941 sowjetischer Bürger und mit dem deutschen Überfall auf die UdSSR zum Bürger eines Feindstaates wurde, weswegen er in das Internierungslager Wülzburg deportiert wurde, wo er an Tuberkulose starb.

 

Der Pianist Alexander Breitenbach spielt das „Prélude pour piano à Madame Helène Herschel“, die Sonate für Klavier (op. 1) und „Drei Portraits: Klavierstücke“ (op.6) von Ernst Bachrich. Olga Ryazantseva (Klavier), Leonardo Pedroza (Flöte), Paulo Francke (Cello) und Emanuel Rauch (Violine) interpretieren Szymon Laks’ “Divertimento”. Manon Blanc-Delsalle, (Sopran), Andria Chang (Violine), Josep Castanyer Alsono (Cello), Till Müller (Klarinette), Evgenios Anastasiadis (Flöte) und Vittoria Quartararo (Klavier) bringen Max Kowalskis “Pierrot lunaire” (Johannes Schöllhorn) zu Gehör. Von Erwin Schulhoff spielt der Pianist Elöd Ambrusz „Pittoresken“ (op.31).

 

Mit dem kleinen Konzert „Das Konzert „Es brennt. Die Zeit. Sanft. Im Ohr.“ erklingen die Werke weiterer drei verfemter Komponisten. Diese haben die dunkle Zeit überlebt: Alexandre Tansman (1897, Łódz – 1986, Paris), Ursula Mamlok (1923, Berlin – 2016, Berlin) und Mario Castelnuovo-Tedesco (1895, Florenz – 1968, Beverly Hills). Sie konnten sich ins Exil in die USA retten, kamen bis auf Mario Castelnuovo-Tedesco zurück nach Europa.

 

Von Alexandre Tansman wird Liying Zhu auf der Gitarre die „Suite in modo Polonico“ spielen. Liying Zhu wendet sich dann 5 Intermezzi von Ursula Mamlok zu. Schließlich wird sie zusammen mit der Flötistin Changhuan Xia von Mario Castelnuovo-Tedesco dessen Sonatina (op 205) interpretieren.