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Frauen der Loge, um 1900, ZhL.kljpg
Frauen der Loge, um 1900, ZhL.kljpg

Eine Fotografie in der stadtgeschichtlichen Dauerausstellung zeigt eine große Gruppe gutbürgerlicher Damen im Innenhof der Hammer Loge. Die von Hermann Sommer aufs Bild gebannten Damen, zumeist die Ehefrauen der Logenbrüder, waren zu einer Geselligkeit des freimaurerischen Zirkels eingeladen. Zu solchen Anlässen hatten sie Zugang zur Loge, nicht aber zur „maurerischen Arbeit“, also den Zeremonien der männlichen Logenmitglieder. Bis heute verfahren die Freimaurer in Hamm so: Zu kulturellen, humanitären oder geselligen Veranstaltungen sind die Damen eingeladen und gern gesehen; die eigentlichen Logenprozeduren bleiben aber den Männern vorbehalten.

Die Loge „Zum hellen Licht“ hatte damals – das Foto dürfte um das Jahr 1900 entstanden sein – ihr Domizil an der Poststraße, die wir  seit 1974 als Gutenbergstraße kennen. Das Gebäude befand sich auf dem Areal, auf dem jetzt der Supermarkt Edeka seine Waren anbietet.

Auch im Jahr 1830 hatten die Logenbrüder in Hamm ihre Frauen eingeladen, und bei dieser Gelegenheit hielt Franz von Tabouillet am 10. Mai 1830 einen Vortrag zum Thema „Warum schließt der Orden die Schwestern von der Theilnahme an den Arbeiten aus?“ OLG-Assessor Franz von Tabouillet war im Jahr 1829 der Loge beigetreten; seit 1830 hatte er das Amt des Redners inne und in dieser Funktion erklärte er den anwesenden Frauen, warum die Brüder „Ihnen diese Hallen nur dann öffnen dürfen, wenn ein frohes Fest, und nicht ernste Thätigkeit uns hier vereint“. Das habe nichts damit zu tun, dass die Logen aus dem Orient stammten, wo man „keinen Sinn für die hohe Würde edler Weiblichkeit“ aufbringe. Die Loge glaube auch durchaus daran, dass die Frauen die „nöthige Festigkeit und Standhaftigkeit des Geistes und des Herzens“ besäßen. Man unterstelle ihnen auch keineswegs Geschwätzigkeit, so dass die Loge deshalb bei den Frauen um ihre Geheimnisse fürchten müsse. Nein, der eigentliche Grund für den Ausschluss der Frauen liege in der „Schwäche“ der Männer. Sie versagten sich „die beseligende Gegenwart der Schwestern“, denn wären Frauen bei der maurerischen Arbeit anwesend, würde ihre „Nähe unsere Blicke“ ständig auf sich ziehen. In Gegenwart von Frauen, so lässt sich Tabouillets Gedanke auf den Punkt bringen, seien die Logenbrüder nicht imstande, Geistesruhe zu bewahren.

Jean-Jacques Rousseau erklärte in seiner pädagogischen Abhandlung „Emile oder über die Erziehung“ aus dem Jahr 1762, dass sich „die ganze Erziehung der Frauen im Hinblick auf die Männer“ vollziehen müsse; ähnlich schilderte Tabouillet als „Beruf“ der Frauen: „Sie trösten als Gattin mit liebender Theilnahme den Gatten“, ihre herzlichen Gefühlsqualitäten sollten sich auf Mann, Kinder und besonders die Söhne richten, und so würden die Frauen ihre „schönen Tugenden uns stets vor Augen bringen“. Auch wenn Tabouillet durchaus ein bürgerlich-biedermeierliches Frauenbild zeichnet, wie es seit Rousseaus Tagen wirksam war, nutzt er das Klischee aber nicht als Argument für die Exklusivität der Loge. Tabouillet ist schließlich charmant genug oder hinreichend einsichtsvoll, den Grund für die Ausgrenzung von Frauen allein bei den Männern und ihren Schwächen zu sehen.

Auch heute, da die Frauen nicht mehr biedermeierlich als „sanft und engelsgleich“ gelten, hält die Loge in Hamm  daran fest, dass nur Männer an der Freimaurerei teilnehmen können. Wolfgang Paus, ehemaliger Meister vom Stuhl, erklärte dies in einem WA-Interview am 8. August 2017 folgendermaßen: „Viele Dinge würden in einer gemischten Loge nicht mehr vorurteilsfrei laufen. Es gäbe vielleicht sogar einen Geschlechterkampf.“ An etwa der Hälfte aller Logen-Veranstaltungen könnten Frauen teilnehmen, und „wenn eine Frau Interesse an einer Mitgliedschaft hat, verweisen wir sie an eine Frauenloge.“ Frauenlogen gibt es inzwischen auch in der Umgebung von Hamm, in Dortmund und Lippstadt. Die wohl erste geschlechtergemischte Loge, „Le droit humain“, gründeten die Schriftstellerin Maria Deraismes und Georges Martin um 1900 in Paris.

Dr. Maria Perrefort
Wissenschaftliche Mitarbeiterin