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Knieverletzungen, besonders wenn das Vordere Kreuzband betroffen ist,
bedeuten meist sofort: raus aus dem Sport. Nach einer Operation müssen
Athleten im Anschluss viel Geduld und Fleiß bei der Reha zeigen, ehe sie
wieder zurück in den Sport können. Doch wann ist es eigentlich so weit,
wie wird das untersucht, gemessen, getestet, was spielt eine entscheidende
Rolle dabei und was können Sportler selbst tun, um den Prozess eventuell
zu beschleunigen? Darüber berichtet Prof. Dr. Wolf Petersen, Chefarzt der
Klinik für Orthopädie/Unfallchirurgie und Stellvertretender Ärztlicher
Direktor am Martin-Luther-Krankenhaus Berlin auf dem 37. Kongress der
GOTS.

Das Hauptrisiko für eine Verletzung des vorderen Kreuzbands (VKB) liegt
vor allem in den Sportarten Fußball, Handball, Volley- und Basketball und
im Ski alpin, also in Sportarten mit schnellen Richtungswechseln.
Besonders die Altersklasse der 16 bis 25Jährigen ist hiervon betroffen,
Mädchen und Frauen durchaus häufiger, bedingt durch Bewegungsmuster, die
eine X-Bein-Stellung fördern.

In dieser Stellung kommt das vordere Kreuzband unter Stress. Kommt in der
Bewegung der Körperschwerpunkt zusätzlich noch hinter das Knie, muss der
Streckmuskel aktiviert werden um das Gelenk zu stabilisieren.  Die Kraft
dieses Muskels kann dann dazu führen, dass das vordere Kreuzband reißt.

Prof. Petersen: „Bei einer Begleitverletzung, zum Beispiel wenn der
Meniskus mit betroffen ist, heißt es schnell operieren. Durch Nähen des
Meniskus und den Ersatz des Kreuzbandes durch ein Transplantat. Gibt es
keine Begleitverletzung kann man auch 4 bis 6 Wochen mit der OP warten,
bis das Kniegelenk von der Reizung und Schwellung befreit ist.“

Als Transplantat – Ersatz für das VKB – eignen sich Beugesehnen,
Patellarsehne und Quadrizeps-Sehne. Letztere wird vor allem für jüngere
Sportler bevorzugt, um, je nach auszuübender Sportart, die Beugesehnen zu
schonen.

In den ersten beiden Wochen erfolgt eine Teilentlastung, zum Beispiel
durch Gehen an Krücken, Tragen von Orthesen oder ähnlichen Hilfsmitteln.
Insgesamt braucht es nach der Operation dann meist 8 Monate, ehe wieder
trainiert werden kann.

„Bei der Rückkehr in den Sport geht man heute aber vom rein zeitbasierten
Vorgehen weg hin zu funktionellen Tests“, so Petersen. Über 6 bis 8 Monate
werden Kraft, Balance, Beweglichkeit, Gelenkstabilität, Sprungkraft und
viele weitere Parameter in speziellen Messverfahren ermittelt. Bei der
Sprungkraft beispielsweise spielen die Höhe und Weite des Sprunges eine
ebenso entscheidende Rolle, wie die Qualität der Landung, die nicht in
einer X-Bein-Stellung erfolgen soll.

Für die Entscheidung „Back to Sports“ ist der sogenannte „Lower Limb
Symetry Index“ äußerst wichtig. Heißt: Im Verhältnis zur gesunden Seite
muss das operierte Knie mindestens über 85 Prozent eines jeden Parameters
wieder aufnehmen können.

Um dies so schnell wie möglich zu erreichen, können Sportler gezielte
Programme absolvieren. Die Experten der GOTS empfehlen hier unter anderem
das Programm „STOP-X“. Es beinhaltet eine Auswahl von geeigneten
neuromuskulären Übungen, um die Funktion des Kniegelenkes nach einer
Verletzung oder Operation wiederherzustellen.

„Nur ´ein bisschen´ Physiotherapie reicht hier nicht. Es ist wichtig, dass
die Sportler viel in Eigenregie machen. Eine gezielte Prä- und
Rehabilitation sind unerlässlich“, so Petersen.

Seltener gibt es nach VKB-Verletzung auch eine komplett konservative
Behandlung. Dies ist der Fall, wenn keine Begleitverletzungen vorliegen
und der Patient im Anschluss nicht mehr viel Sport treiben will. Mit
funktionellen Tests finden die Ärzte dann heraus, ob der Betroffene das
kaputte Band kompensieren kann oder nicht.