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Sabrina Maurus
Sabrina Maurus

Die Deutsche Gesellschaft für Sozial- und Kulturanthropologie (DGSKA) hat
der Bayreuther Sozialanthropologin Sabrina Maurus ihren Dissertationspreis
verliehen. Der Preis wird alle zwei Jahre für die beste an einer
deutschsprachigen Universität eingereichte Dissertation in
soziokultureller Anthropologie vergeben. Es ist bereits die dritte
Auszeichnung für die Forschungsarbeiten von Sabrina Maurus, die sich mit
der Schulpflicht in Äthiopien und deren sozialen Folgen auseinandersetzen.

Die Preisverleihung fand am 29. September 2021 als virtuelle Veranstaltung
im Rahmen der Mitgliederversammlung der DGSKA statt. “Obwohl es natürlich
schön gewesen wäre, bei der Preisverleihung persönlich anwesend zu sein,
hat es mir gerade die digitale Form der Veranstaltung ermöglicht, von
Benin aus teilzunehmen, wo ich derzeit zu Forschungszwecken bin“, sagt
Sabrina Maurus, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Exzellenzcluster Afrika
Multipel an der Universität Bayreuth. Ihre Doktorarbeit war eine von
insgesamt 49 eingereichten Dissertationen und wurde von Prof. Dr. Erdmute
Alber nominiert, die Maurus‘ Arbeit an der BIGSAS (Bayreuth International
Graduate School of African Studies der Universität Bayreuth) betreut
hatte.

Die Bayreuther Sozialanthropologin wurde jetzt bereits zum dritten Mal für
ihre Dissertation ausgezeichnet: 2021 erhielt sie von der KfW
Entwicklungsbank den Förderpreis für herausragende und praxisrelevante
Entwicklungsforschung, 2020 den Preis der Stadt Bayreuth für exzellente
Dissertationen. Prof. Dr. Erdmute Alber, Vize-Dekanin des
Exzellenzclusters für den Bereich Forschung, erklärt: „Diese drei Preise
zeigen eindeutig die Exzellenz von Maurus‘ Doktorarbeit. Der
Dissertationspreis der DGSKA freut uns besonders, da es sich dabei um die
höchste Auszeichnung einer Doktorarbeit in der deutschsprachigen Welt zur
sozialkulturellen Anthropologie handelt.“

Maurus‘ Doktorarbeit mit dem Titel „Battles over State Making on a
Frontier. Dilemmas of Schooling, Young People and Agro-Pastoralism in
Hamar, South West Ethiopia” basiert auf langen Feldstudien in Äthiopien.
19 Monate lang forschte Sabrina Maurus in der südlichen Oma-Region, wo bis
2010 hauptsächlich Landwirtschaft und Viehzucht die Lebensgrundlage der
verschiedenen ethnischen Gruppen darstellte. Das änderte sich schlagartig,
als die äthiopische Zentralregierung anfing, die Infrastruktur nach Süd-
Omo auszudehnen, und begann, die Schulpflicht in der Region durchzusetzen.
Ein gewaltsamer Konflikt zwischen Repräsentanten der äthiopischen
Regierung und der Bevölkerung im Bezirk Hamar war die Folge. In ihrer
Studie beleuchtet die Bayreuther Sozialanthropologin diesen Konflikt aus
der Perspektive von Schüler*innen der ersten Generation, die Gewalt von
beiden Seiten erfahren mussten. Die Arbeit zeigt, wie dieser Streit, in
dem es ursprünglich um die junge Generation und ihre Schulbildung geht,
eigentlich Teil eines größeren Konflikts ist. In seinem Kern liegt die
Frage, wer das Recht hat, über die Ausbildung der jungen Generation zu
entscheiden: der Staat, die Eltern oder die Kinder selbst. Die oft
gegensätzlichen Auswirkungen der Durchsetzung der Schulpflicht betreffen
nicht allein die Kinder, sondern die Gesellschaft insgesamt.

“Regierungen und internationale Organisationen, die sich mit
Entwicklungsfragen beschäftigen, gehen davon aus, dass die Schulpflicht
ein wichtiger Impuls für das wirtschaftliche Wachstum eines Landes ist.
Allerdings zeigen Beispiele von agropastoralen Gesellschaften, wie komplex
die Frage nach einer guten und nachhaltigen Bildung ist, wenn sie
gleichzeitig die wirtschaftlichen Praktiken der ansässigen Menschen
berücksichtigt. Darüber hinaus sehen wir eine wachsende Anzahl von
Jugendlichen, die trotz Schulbildung arbeitslos sind. Das macht es umso
wichtiger, den realen und manchmal widersprüchlichen Ist-Zustand einer
Region zum Gegenstand der Planung von Bildungsprogrammen zu machen”,
erklärt die Bayreuther Preisträgerin. Im Exzellenzcluster der Bayreuther
Afrikastudien arbeitet sie derzeit an dem Projekt “Making a Living:
Learning trajectories towards the ability to earn a livelihood” in Benin.
Hier forscht sie zum Thema Bildung, aber nicht isoliert, sondern immer in
Verbindung zu Politik, Verwandtschaftsverhältnissen, Geschlecht und
Generationengefügen sowie wirtschaftlichen Lebensgrundlagen.