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Brot der Zukunft: So wird Weizenbrot noch nährstoffreicher

Vom Acker bis in die Backstube: Im Projekt Betterwheat untersuchen Forschende unter anderem, wie sich der Nährstoffgehalt im Weizenbrot künftig steigern lässt.  Quelle: Longin  Copyright: Universität Hohenheim
Vom Acker bis in die Backstube: Im Projekt Betterwheat untersuchen Forschende unter anderem, wie sich der Nährstoffgehalt im Weizenbrot künftig steigern lässt. Quelle: Longin Copyright: Universität Hohenheim
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Weizen-Forschung der Universität Hohenheim: Wie nährstoffreich und gesund
ein Brot ist, hängt nicht nur von der Weizensorte ab – sondern auch vom
Backverfahren.
Weizen enthält viele wertvolle Nährstoffe – und kann dazu beitragen, eine
Ernährung mit Brot noch gesünder zu gestalten. Der Nährstoffgehalt ist
jedoch von der Weizensorte abhängig.

Ein Schnelltestverfahren könnte
helfen, den Nährstoffgehalt im Weizen entlang der gesamten
Wertschöpfungskette zu steigern. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende der
Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim in Stuttgart. Im Projekt
Betterwheat haben sie gemeinsam mit der Universitätsmedizin der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz sowie vier Weizenzüchtungsfirmen rund 6.000
Merkmale an mehr als 280 Weizensorten und 400 Zuchtlinien erfasst. Ein
weiteres Ergebnis des Teams um Prof. Dr. Friedrich Longin: Es liegt in den
Händen der Bäcker:innen, ob die gesunden Inhaltsstoffe im Weizenbrot auch
vom Körper aufgenommen werden können. Erst bestimmte Backverfahren, wie
z.B. eine verlängerte Teigführung mit Sauerteig, lassen die Nährstoffe für
den Körper verfügbar werden.

Höhere Erträge bei möglichst geringem Einsatz von Dünger und
Pflanzenschutzmitteln sowie gute Backeigenschaften: Darauf liegt bisher
das gemeinsame Interesse aller Akteur:innen in der Weizen-
Wertschöpfungskette – von der Züchtung bis in die Backstube.

Dass Weizen jedoch auch eine wichtige Nähstoffquelle sein könne, ginge
häufig unter: „Weizen ist nicht nur ein wichtiger Kohlenhydrat- und
Eiweißlieferant in der weltweiten Ernährung, sondern trägt laut FAO auch
über 20 Prozent zur weltweiten Versorgung mit Ballast- und Mineralstoffen
sowie Spurenelementen bei“, erklärt Prof. Dr. Friedrich Longin, Leiter der
Weizenabteilung der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim und
Koordinator des Projektes Betterwheat.

„Wie sich die Nährstoffe in Weizenprodukten steigern lassen, ist in den
globalen Wertschöpfungsketten bisher allerdings ein Randthema.“ Ein Grund
dafür: „Ein hoher Mineralstoffgehalt im Weizen geht oftmals mit geringeren
Erträgen einher.“

Fünf Jahre Forschungsarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette

Um herauszufinden, welche Weizensorten unter verschiedenen Umwelt- und
Anbaubedingung eine stabile Qualität aufweisen, haben die Universität
Hohenheim und die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität
Mainz sowie die Weizenzüchtungsfirmen Deutsche Saatveredelung AG, KWS
Lochow GmbH, Limagrain GmbH und W. von Borries-Eckendorf GmbH & Co. KG in
fünf Jahren Forschungsarbeit mehr als 6.000 Merkmale an 282 Weizensorten
und 400 Zuchtlinien erfasst.

„Das Einmalige am Projekt war die ganzheitliche Betrachtung von
Sorteneigenschaften entlang der gesamten Wertschöpfungskette“, betont
Prof. Dr. Longin. „Neben wichtigen Eigenschaften für einen erfolgreichen
Anbau wurden mehrere dutzend Verarbeitungsmerkmale für Bäckereien
betrachtet und zusätzlich noch wichtige Inhaltsstoffe und Proteine, die
für die menschliche Ernährung von Bedeutung sein könnten.“

Und dies erfolgte an vielen bedeutenden Weizensorten aus Europa, die in
zahlreichen Anbauumwelten getestet wurden. „Somit können wir abschätzen,
wie groß der Einfluss der Züchtung, aber auch der der Anbauumwelt auf
diese vielen Merkmale ist“, ergänzt Dr. Johannes Schacht, leitender
Weizenzüchter bei Limagrain GmbH und Koordinator der Wirtschaftspartner
dieses Projekts.

Eine gesunde Ernährung mit Weizen beginnt bei der Sortenwahl

Ein Fokus des Teams lag auf den Nährstoffprofilen unterschiedlicher
Weizensorten. „Wir haben rund 800 Weizenerntemuster auf ihren Gehalt an 13
wertvollen Spuren- und Mineralstoffen, wie zum Beispiel Eisen und Zink,
untersucht – Mikronährstoffen, die unter anderem für das Immunsystem,
unsere Zellen und den Stoffwechsel von Bedeutung sind.“

Das Ergebnis: „Wir konnten feststellen, dass sich der Nährstoffgehalt in
verschiedenen Weizensorten stark unterscheidet – und um bis zu 50 Prozent
schwanken kann“, fasst Prof. Dr. Longin zusammen. „Unsere Versuche zeigen
zudem, dass sich die Nährstoffe im Weizen züchterisch gut mit den
geforderten Backqualitäten kombinieren lassen. Diese korrelierten nämlich
stark positiv mit dem Proteingehalt und Teigeigenschaften.“

Nährstoffe im Weizen lassen sich mithilfe einer Schnellmethode messen

„Um diese Erkenntnis in der Praxis zu nutzen, stünde mit der sogenannten
xrf-Floureszensspektrometrie eine Methode zur Verfügung, mit der sich der
Nährstoffgehalt im Weizen schnell und zuverlässig messen lässt“, führt
Prof. Dr. Longin aus. Bei dem Verfahren werden mithilfe von
Röntgenstrahlen die Inhaltsstoffe im Weizen erfasst und basierend auf
vorherigen Kalibrationen dann schnell berechnet. Das Verfahren, bisher nur
zu Forschungszwecken eingesetzt, könnte helfen, die Gehalte an
Mineralstoffen und Spurenelementen entlang der Wertschöpfungskette zu
erfassen und zu steigern.

„Aber dies ist nur möglich, wenn der Mehraufwand auch bezahlt wird“,
betont Prof. Dr. Longin. Zudem mache die Steigerung vieler Nährstoffe beim
Weizen erst Sinn, wenn deutlich mehr Vollkorn oder zumindest Mehle mit
hoher Typenzahl (1050 oder besser noch höher) konsumiert würden. Die
wertgebenden Nährstoffe sitzen nämlich meistens in den Kornrandschichten
und dem Keimling, die beide im hellen Mehl der Type 405, 550 und 812
weggemahlen werden.

Backverfahren entscheidet über die Bioverfügbarkeit der Nährstoffe

Und ein bekanntes Problem haben die Forschenden genauer untersucht: „Die
gesunden Inhaltsstoffe im Weizen sind in der Phytinsäure gebunden. Diese
kann aber nicht verdaut werden und wird mitsamt den positiven Nährstoffen
wieder ausgeschieden.“

In einem weiteren Schritt untersuchten Prof. Dr. Longin und sein Team
daher, welchen Einfluss unterschiedliche Backverfahren auf die Menge der
Phytinsäure im Brot haben können. „Hierfür haben wir mit Handwerksbäckern
zusammen vier sehr verbreitete Backverfahren getestet“, so der Weizen-
Experte.

Als besonders wirksam erwies sich die Kombination einer langen Teigführung
mit einem Sauerteig. „Wir konnten feststellen, dass sich die Phytinsäure
bei diesem Backverfahren fast ganz abbaut und die Inhaltsstoffe dadurch
für den Körper verfügbar werden.

„Alle Partner der Weizenwertschöpfungskette können den Nährstoffgehalt von
Brot beeinflussen“, fasst Prof. Dr. Longin zusammen. „Allerdings muss klar
priorisiert werden: Zunächst sollten wir Verbraucher:innen mehr Vollkorn
essen. Dies sollte dann mit einer langen Sauerteigführung gebacken werden,
und erst dann machen Züchtung und gezielter Getreidehandel Sinn, um das
Nährstoffprofil noch weiter zu optimieren.“

HINTERGRUND: Projekt Betterwheat

Das Projekt Betterwheat ist im Winter 2019/20 angelaufen und endet im
September 2025. Es wird vom Bundesministerium für Landwirtschaft,
Ernährung und Heimat über das Programm der Innovationsförderung mit
insgesamt 2,33 Millionen Euro unterstützt und von der Bundesanstalt für
Landwirtschaft und Ernährung administrativ betreut. Die beteiligten
Züchtungsfirmen haben zusätzlich nochmal eine Eigenbeteiligung von knapp
700.000 Euro über aufwendige Feldversuche und Qualitätsanalysen
beigesteuert. Damit zählt das Projekt Betterwheat weltweit zu den sehr
großen Forschungsprojekten zur Qualität von Weizen.

Am Projekt beteiligt sind die Universität Hohenheim, die
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie die
Pflanzenzüchtungsfirmen Deutsche Saatveredelung AG, KWS Lochow GmbH,
Limagrain GmbH und W. von Borries-Eckendorf GmbH & Co. KG.

HINTERGRUND: Schwergewichte der Forschung

37,1 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler:innen der
Universität Hohenheim 2024 für Forschung und Lehre. In loser Folge
präsentiert die Reihe „Schwergewichte der Forschung“ herausragende
Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 350.000
Euro für apparative Forschung bzw. 150.000 Euro für nicht-apparative
Forschung.

Weitere Informationen:
Vorträge, Feldführungen sowie Ausstellungen rund um die Themen Züchtung,
Anbau und Verarbeitung von Brotgetreide bietet der Feld- und Fachtag der
Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim. Dieser findet am 8. Juli
2025 an der Versuchsstation Heidfeldhof statt. Weitere Informationen:
https://weizen.uni-hohenheim.de/fileadmin/einrichtungen/lsa-
weizen/Feldtag25_Programm.pdf

Zu den Pressemitteilungen der Universität Hohenheim
https://www.uni-hohenheim.de/presse

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