Intelligentes Absaugsystem schützt Frühgeborene
FAU-Forschende entwickeln mit „SMART NEO“ eine neue Absaugtechnik für die
BeatmungWenn Babys Wochen oder gar Monate zu früh zur Welt kommen, können sie ohne
Hilfe oft nicht atmen. Damit ihre Lungen frei bleiben, muss mehrmals
täglich Schleim über den Beatmungs-schlauch entfernt werden – ein
notwendiger, aber riskanter Eingriff. Forschende der Friedrich-Alexander-
Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des Universitätsklinikums Erlangen
(UKER) arbeiten an einem intelligenten System, das diesen Prozess
automatisch überwacht und die sen-siblen Lungen der Babys schützt.
Frühgeborene wiegen bei der Geburt oft nur wenige hundert Gramm und sind
auf medizinische Hilfe an-gewiesen. Wenn ihre kleinen Lungen noch zu
schwach sind, müssen sie künstlich beatmet werden. Dabei muss mehrmals
täglich Schleim und Flüssigkeit über den Beatmungsschlauch entfernt
werden. Bislang geschieht das Absaugen vollständig von Hand und erfordert
höchste Konzentration. „Es ist be-eindruckend, mit welcher Hingabe sich
das Pflegepersonal um seine Schützlinge kümmert“, sagt Dr. Navid Bonakdar
vom Lehrstuhl für Biophysik der FAU. „Mit SMART-NEO setzen wir alles
daran, einen Teil dieser großen Verantwortung abzunehmen und das Risiko
für bleibende Lungenschäden zu senken.“ Denn schon kleine Abweichungen
beim Unterdruck können Gewebeschäden bis hin zu Blutungen verur-sachen.
Das bedeutet lebenslange Folgen für die betroffenen Kinder und eine
erhebliche Belastung für das Gesundheitssystem. Gefördert wird das Projekt
deshalb vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft,
Landesentwicklung und Energie mit 300.000 Euro. Bis 2027 soll ein Prototyp
entstehen, der in einer klinisch relevanten Umgebung getestet wird.
Technik reguliert automatisch
Die bisherige Praxis hat sich seit Jahrzehnten nicht verändert: Das System
funktioniert rein mechanisch per Hand, ohne dass der Druck auf die Lungen
reguliert oder gemessen wird. „Dass es bislang kein ver-gleichbares System
gibt, ist kein Zufall,“ erklärt Prof. Dr. Patrick Morhart vom
Universitätsklinikum Er-langen. „Die Neonatologie ist ein
hochspezialisierter Bereich, wodurch sich Investitionen in diesem Be-reich
wirtschaftlich kaum lohnen. Aber in der Medizin geht es auch um
Verantwortung. Deshalb ist es uns so wichtig, hier voranzugehen und eine
Lösung zu entwickeln.“ SMART-NEO setzt dabei auf eine intelligente
Regelungstechnik. Das System überwacht das Absaugen in Echtzeit und passt
den Unter-druck automatisch an. Es erkennt, ob Luft oder Flüssigkeit
abgesaugt wird und verhindert gefährliche Druckspitzen. Die innovative
Technik reduziert die Belastung für das Lungengewebe deutlich.
Forschung über Fachgrenzen hinweg
Dr. Bonakdar, Prof. Dr. Patrick Morhart und Dr. Frederick Krischke vom
Universitätsklinikum Erlangen entwickeln SMART-NEO gemeinsam mit einem
interdisziplinären Team: Beteiligt sind unter anderem der Lehrstuhl für
Regelungstechnik (Prof. Knut Graichen), das Department Artificial
Intelligence in Biomedi-cal Engineering - AIBE (Prof. Andreas Kist), die
Strömungsmechanik (Prof. Stefan Becker) und die Ne-onatologie (Leiter
Prof. Heiko Reutter) der Kinderklinik Erlangen (Prof. Joachim Wölfle).
Genau dieses Zusammenspiel macht SMART-NEO so besonders: „Es ist schön zu
sehen, wie wir gemeinsam im Team arbeiten und dadurch ganz neue
Möglichkeiten entstehen“, betont Prof. Morhart. „Unsere neue Technik ist
nur durch die Verbindung von klinischem Wissen, technischer Innovation und
KI möglich. Gerade dieses Zusammenspiel macht das Projekt einzigartig.“