Zum Hauptinhalt springen

Solarbetriebene Kläranlage reinigt Abwasser - Forschungsprojekt wird in der Kläranlage Lollar praktisch umgesetzt

Pin It

Prof. Dr.-Ing. Markus Röhricht forscht an der Entwicklung einer
neuartigen, solarbetriebenen Abwasserbehandlung für den Katastrophenfall
(EnsAK). Nach der Grundlagenforschung im Labor seit September 2024 ist das
Projekt nun in die praktische Phase übergegangen. Die Versuchskläranlage
ist in der Kläranlage Lollar aufgebaut. Partner des Forschungsprojektes
sind die Firma Saygin & Stein und die EMW filtertechnik GmbH, der
Zweckverband Lollar-Staufenberg ist ideeller Projektpartner. Das
Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt fördert das
Forschungsprojekt mit 242.500 Euro.



Ein Reaktor, stabile Schaumstoffwürfel und Mikroorganismen: Das sind die
wichtigsten Bestandteile der Kläranlage, die Prof. Dr.-Ing. Markus
Röhricht und sein studentisches Team benötigen, um Abwässer zu reinigen.
Dabei soll die Kläranlage tagsüber mit Solarstrom betrieben werden können,
in der Nacht dagegen ruhen. Nachdem das Team zunächst im Labor der
Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) Grundlagenforschung betrieben
hat, läuft seit September dieses Jahres der praktische Versuch in der
Kläranlage in Lollar.
EnsAK (Entwicklung einer neuartigen, solarbetriebenen Abwasserbehandlung
für den Katastrophenfall) heißt das Forschungsprojekt, das vom
Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt mit 242.500
Euro gefördert wird. Es ist auf insgesamt zwei Jahre angelegt. Neben den
Projektpartnern der Firma Saygin & Stein, der THM und der EMW
filtertechnik GmbH ist der Zweckverband Lollar-Staufenberg ideeller
Projektpartner.
Die kleine Kläranlage, die aktuell in Lollar betrieben wird, hat die Firma
Saygin & Stein innerhalb weniger Tage aufgebaut. So, wie es auch im
Katastrophenfall funktionieren muss. THM-Student Louis Müller betreut und
wartet die Anlage. Er studiert Klimaschutz, Umwelt- und
Sicherheitsingenieurwesen im Master. Alle zwei Tage ist er vor Ort, gibt
es Probleme, ist er täglich da. „Das vorgereinigte Abwasser aus der
Kläranlage fließt in den Reaktor. Es ist bereits im Rechenhaus von grobem
Schmutz befreit worden und durch einen Sand- und Fettfang gelaufen“,
erklärt Müller. Er öffnet den Deckel des Reaktors, Schaumstoffwürfel
wirbeln durch das Abwasser. Auf die Würfel sind Mikroorganismen geimpft
worden. Sie bilden einen Biofilm, der sich immer wieder selbst erneuert.
Der Schlamm, der durch den abfallenden Biofilm entsteht, setzt sich im
Nachklärbecken der Versuchsanlage ab. Danach könnte das gereinigte
Abwasser wieder in einen Fluss geleitet werden. In Lollar durchläuft es
noch einmal die Kläranlage.
„Mit unserer Versuchskläranlage können wir schon den strengen Grenzwert
bei der organischen Schmutzfracht einhalten, der in Deutschland für große
Kläranlagen gilt. Dieser wird als chemischer Sauerstoff gemessen und von
unserer Anlage zu 90 Prozent reduziert“, erklärt Professor Röhricht.
Stickstoff im Abwasser, der den Gewässern durch Überdüngung schadet, wird
bereits zu 60 bis 70 Prozent eliminiert. Regelmäßig wird das im Reaktor
gereinigte Wasser überprüft. Sonntags, dienstags und donnerstags werden
Proben genommen, die als Mischproben ins THM-Labor gebracht werden. Das
heißt, das Abwasser aus einem gesamten Zwölf-Stunden-Zyklus wird in einem
Probenbehälter gesammelt und anschließend im Labor analysiert.
In neuen Versuchsreihen im THM-Labor, die parallel weiterlaufen, will das
Forschungsteam zum einen herausfinden, wie die Verweildauer des Abwassers
von aktuell 16 Stunden im Reaktor auf etwa zehn Stunden gesenkt werden
kann. Zum anderen ist es das Ziel, auch weniger Würfel einsetzen zu
können. Diese machen aktuell noch etwa 30 Prozent des Reaktorvolumens aus,
wie Röhricht erklärt.
Biotechnologie-Student Nicolas Jost untersucht aktuell im Labor noch
unterschiedliche Materialien für die Würfel, feinporiges und grobporiges
Material. Außerdem läuft ein Versuch mit höherer Abwasserlast. Er wird
darüber seine Masterarbeit schreiben.
Die Versuchsanlage in Lollar soll einen kompletten Jahreszyklus
durchlaufen, um zu sehen, wie gut das Abwasser auch bei unterschiedlichen
Temperaturen gereinigt wird. Nach dem Versuch soll die optimierte Anlage
überall dort eingesetzt werden können, wo Krisen oder Kriege Menschen in
Notsituationen bringen.

Originalpublikation:
https://www.thm.de/site/hochschule/campus/aktuelles/aus-lehre-und-
forschung/solarbetriebene-klaeranlage-reinigt-abwasser.html