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Kreislaufwirtschaft im Gesundheitswesen - Hochschule Pforzheim zeigt Wege zu mehr Nachhaltigkeit in Kliniken

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Das Abfallaufkommen im Gesundheitswesen ist enorm: In Deutschland fallen
jährlich rund 4,8 Millionen Tonnen Abfall an, davon mehrere hundert Tonnen
Restmüll pro Klinik. Wie kann das Gesundheitswesen ressourcenschonender
werden, ohne Kompromisse bei Hygiene, Patientensicherheit und
Versorgungsqualität zu machen?


Diese Frage erörterte Prof. Jörg Woidasky, Direktor der INEC-
Forschungsstelle „Kreislaufwirtschaft im Gesundheitswesen“, gemeinsam mit
Expert*innen aus Klinikpraxis, Wissenschaft, Industrie und Beschaffung im
7. Symposium „Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz – Kreislaufwirtschaft
im Gesundheitswesen“, das am 5. Dezember 2025 an der Hochschule Pforzheim
stattfand.

Ökologischen Gestaltung von Produkten und Prozessen
Die Forschung des INEC zeigt, dass digitale Abfallanalysen,
standardisierte Sortiersysteme und einheitliche Farbcodes dazu beitragen
können, Wertstoffe gezielt zurückzugewinnen und Recyclingquoten deutlich
zu erhöhen. Materialflussanalysen zeigen zudem, dass medizinische
Verbrauchsprodukte einen erheblichen Beitrag zu CO₂-Emissionen leisten.
Pro Krankenhausbett entstehen täglich bis zu 2,5 Kilogramm CO₂-Äquivalente
- allein durch Herstellung und Entsorgung der eingesetzten Materialien.
Auch die Rolle von Lebenszyklusanalysen (LCA) in der Produktentwicklung
war Thema des Symposiums. Beispiele aus der Industrie verdeutlichten, dass
Mehrwegprodukte bei entsprechender Nutzung ökologische Vorteile bieten
können. Es fehlt jedoch noch an Bewertungsstandards und belastbaren Daten.
Forschungsprojekte der Hochschule Pforzheim, etwa zur kreislaufgerechten
Gestaltung von Beatmungssystemen, sollen hier fundierte
Entscheidungsgrundlagen für Hersteller und Kliniken liefern.

Erfolgreiche Umsetzungsbeispiele
Berichte aus Universitäts- und Klinikverbünden zeigen bereits, dass durch
zentrale Logistik, strukturierte Abfallkonzepte, Farbleitsysteme und
Schulungen der Mitarbeitenden sowohl Kosten gesenkt als auch
Recyclingmengen erhöht werden können.
Besonders im OP-Bereich ist die Abfalltrennung durch Zeitdruck,
Personalmangel und strenge Hygienevorgaben erschwert. Gleichzeitig wird
deutlich, dass nutzerorientierte Lösungen, gezielte Schulungen und
angepasste Sammelsysteme die Kreislaufwirtschaft auch hier unterstützen
können.
Digitale Plattformen, die den gesamten Lebenszyklus medizinischer Produkte
abbilden, er-möglichen zudem neue Ansätze zur Verbrauchsreduktion, zum
Recycling von Einmalinstrumenten und zur Einführung nachhaltiger
Alternativen. Die Maßnahmen bringen nicht nur ökologische Vorteile,
sondern auch einen nachhaltigen Kulturwandel in Kliniken.

Innovationen und neue Geschäftsmodelle
Auch über Innovationen für die Kreislaufwirtschaft wurde im Symposium
diskutiert: nachhaltige Beschaffungsstrategien, schrittweise Integration
von Umweltkriterien in Ausschreibungen, Entwicklung von Standards zur
vergleichbaren Bewertung von Produktökobilanzen.
Darüber hinaus wurden Rücknahme- und Recyclingsysteme vorgestellt, die
bereits heute erhebliche Mengen an Wertstoffen zurückführen und die CO₂-
Bilanz verbessern. Auch der Einsatz von KI-gestützter Röntgentechnik zur
Analyse infektiöser Abfälle zeigt, wie Digitalisierung Ressourcenschonung
und für geschlossene Stoffkreisläufe ermöglichen kann.

Über das INEC
Das INEC untersucht seit 2024 in mehreren Projekten
kreislaufwirtschaftliche Ansätze für Krankenhäuser. Schwerpunkte der
Arbeit sind die Messung des Produktverbrauchs, die Materialbestimmung
medizinischer Produkte sowie die Entwicklung spezifischer Kennzahlen für
die Kreislaufwirtschaft.

Das Symposium
Das Symposium ist Teil einer Veranstaltungsreihe der Hochschule Pforzheim
und versteht sich als interdisziplinäre Plattform für Austausch,
Vernetzung und Wissenstransfer. Ziel ist es, konkrete Lösungsansätze für
eine nachhaltigere Entwicklung zu diskutieren und den Dialog zwischen
Forschung und Praxis zu fördern.
Die Veranstaltungsreihe wird fortgesetzt. Das 8. Symposium „Nachhaltigkeit
und Ressourceneffizienz“ ist für das Sommersemester 2026 geplant.