Handelsgespräche EU–USA: Dienstleistungshandel sollte berücksichtigt werden
In der Diskussion um die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA
wird der Handel mit Dienstleistungen vernachlässigt, kritisiert ein
aktueller Kiel Policy Brief. Dabei liegt er in einer ähnlichen
Größenordnung wie der Warenhandel. Zwischen 2014 und 2024 verzeichneten
die USA in jedem Jahr einen teils erheblichen Überschuss im
Dienstleistungshandel mit der EU, der das US-Defizit beim Warenhandel zum
Teil ausgleicht.
„Die Bedeutung des Dienstleistungshandels für die USA mit der EU spielt in
den Handelsgesprächen der beiden Länder leider nur eine untergeordnete
Rolle, andernfalls würde diese Tatsache der EU eine erhebliche
Verhandlungsmacht verleihen“, sagt Holger Görg, Forschungsdirektor
„Außenhandel“ am Kiel Institut für Weltwirtschaft und einer der Autoren
des Kiel Policy Briefs „Transatlantic Ties beyond Goods Trade:
Significance and Policy Implications of EU-U.S. Service Trade“
(https://www.ifw-kiel.de/de/pu
ueber-den-warenhandel-hinaus-b
dienstleistungshandels-zwische
Demnach haben technologischer Fortschritt und Kostensenkungen bei
Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sowie die
Digitalisierung von Geschäftsmodellen den grenzüberschreitenden Handel mit
Dienstleistungen in den letzten Jahren erheblich erleichtert. Nach Zahlen
des statistischen Amts der EU, Eurostat, ist das Volumen des
Dienstleistungshandels – also die Summe der Im- und Exporte – zwischen der
EU und den USA in den Jahren 2014 bis 2024 um 169 Prozent gestiegen, hat
sich damit also fast verdreifacht. Dabei sind die EU und die USA bei
Dienstleistungen der jeweils wichtigste Handelspartner füreinander.
Handel mit Dienstleistungen beinahe so bedeutend wie Handel mit Waren
Eurostat beziffert das Dienstleistungshandelsvolumen für 2024 auf 816,9
Milliarden Euro und das Warenhandelsvolumen auf 867,1 Milliarden Euro. Der
Dienstleistungsverkehr zwischen den USA und der EU ist damit quantitativ
mittlerweile fast so bedeutend wie der gesamte Warenverkehr zwischen den
beiden Volkswirtschaften. Den US-Überschuss im Dienstleistungsverkehr
beziffert Eurostat auf 148,0 Milliarden Euro und damit auf etwa drei
Viertel des US-Defizits im Warenhandel von 197,4 Milliarden Euro.
In einer Gesamtbetrachtung des Handelsdefizits der USA mit der EU, die
neben dem Waren- auch den Dienstleistungshandel berücksichtigt, schrumpft
das Defizit also erheblich.
Eine herausragende Rolle spielen dabei digital erbringbare
Dienstleistungen wie Gebühren für die Nutzung von geistigem Eigentum oder
digitale Unternehmensdienstleistungen. Laut Eurostat lag ihr
Handelsvolumen 2023 bei 77,2 Prozent des gesamten Dienstleistungshandels
zwischen der EU und den USA. „Dies spiegelt die weltweit dominante Rolle
von US-Tech-Konzernen wie Google, Meta oder Microsoft wider“, so Görg.
Die Zahlen des US-amerikanischen Bureau of Economic Analysis weichen
aufgrund unterschiedlicher Datenquellen und Erhebungsmethoden zwar von den
Eurostat-Zahlen ab. Aber auch sie zeigen die immense Bedeutung des
Dienstleistungshandels zwischen der EU und den USA und wie stark dieser in
den vergangenen Jahren zugenommen hat.
Handelsgespräche mit den USA: Zuckerbrot und Peitsche
Görg: „Die EU sollte in den Verhandlungen mit den USA auf eine Zuckerbrot-
und-Peitsche-Strategie setzen. Sie sollte die USA einerseits mit
Erleichterungen im Dienstleistungshandel locken, indem sie etwa Regelungen
in den EU-Mitgliedsstaaten vereinheitlicht oder Bürokratie abbaut.
Andererseits den USA mit Beschränkungen drohen, sollten sie im Warenhandel
unbeirrt auf Abschottung setzen.“
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Significance and Policy Implications of EU-U.S. Service Trade (https://www
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