Robocabs: Die Mobilität der Zukunft?
Untersuchung zur Akzeptanz autonomer Mobilitätskonzepte aus Nutzersicht
Autonomes Fahren scheint in naher Zukunft möglich, bisher ist die
Technologie jedoch nur prototypisch auf Teststrecken erprobt. Wie genau
stellen sich Nutzerinnen und Nutzer diese Fahrzeuge vor? Und wie hoch ist
die Akzeptanz in der Gesellschaft? Die vom Bundesministerium für Verkehr
und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderte Studie »Robocab« des
Fraunhofer IAO und des ISOE bietet Einblicke in internationale
Umfrageergebnisse.
Vor einigen Jahren stand das Thema autonomes Fahren noch fast
ausschließlich im Fokus der Automobilkonzerne, Softwareunternehmen oder
Zulieferer. Inzwischen rückt das Zukunftsszenario vom selbstfahrenden Auto
näher und die Diskussion um das autonome Fahren ist auch in der
Gesellschaft angekommen. Die Technologie wird für potenzielle Nutzerinnen
und Nutzer zunehmend attraktiv, selbst wenn meist noch kein direkter
Einsatz möglich ist. Weitgehend unklar ist jedoch, wie man sich diese
Fahrzeuge, die sogenannten »Robocabs«, eigentlich konkret vorstellen muss
und welche Erwartungen oder Vorbehalte potentielle Nutzerinnen und Nutzer
ihnen gegenüber haben.
Gesellschaftliche Akzeptanz entscheidend für Erfolg und Verbreitung
Mit der Akzeptanzstudie »Robocab« hat das gemeinsame Forschungsteam des
Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in
Stuttgart in Kooperation mit dem ISOE – Institut für sozial-ökologische
Forschung in Frankfurt am Main ein besseres Verständnis der Nutzersicht
auf automatisierte Verkehrsträger geschaffen und im Hinblick auf die
Akzeptanz unterschiedlicher Umsetzungskonzepte ausgewertet. Neben
bevorzugten Ausstattungen und Konfigurationen der Fahrzeuge stand dabei
vor allem die grundsätzliche Nutzerakzeptanz im Fokus. »Ob ein neues
Mobilitätsangebot Erfolg hat oder nicht, hängt davon ab, ob die
Nutzerinnen und Nutzer es attraktiv finden und ob der Preis stimmt. Die
gesellschaftliche Akzeptanz ist heute weitgehend davon bestimmt, ob die
neue Technik den Kriterien der Nachhaltigkeit entspricht«, sagt ISOE-
Mobilitätsforscher Konrad Götz. Aus diesem Grund haben sich die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum Ziel gesetzt, eine
analytisch-wissenschaftliche Basis zu schaffen, welche die Bandbreite
denkbarer autonomer Fahrzeugkonzepte aufzeigt, abgrenzt und hinsichtlich
der Akzeptanz bewertet. Zur Erhebung der Nutzerperspektive wurden
quantitative Umfragen mit insgesamt etwa 2.400 Teilnehmenden in
Deutschland, China und den USA in Kombination mit qualitativen Interviews
unter ausgewählten Testpersonen durchgeführt.
Erwartungen an Robocabs hängen stark von Nutzungszweck ab
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Befragten gegenüber dem
Mobilitätskonzept eines Robocabs sehr aufgeschlossen sind und diesem mit
Interesse und Neugierde begegnen. »Sie erwarten eine zweckmäßige und
bequeme Mobilitätslösung, um umweltfreundlich, effizient und sicher von A
nach B zu gelangen«, sagt Maximilian Werner vom Fraunhofer IAO. Insgesamt
sei die Akzeptanz in China am höchsten, gefolgt von den USA und
Deutschland. »In Deutschland werden Robocabs eher noch als Ergänzung zu
den aktuell genutzten Transportmitteln gesehen, in China hingegen sogar
als Ersatz. Interessanterweise würden die Befragten in den USA und in
China vor allem klassische Taxifahrten durch ein Robocab ersetzen, in
Deutschland könnten den Aussagen zufolge sogar Bus und Tram eine
Konkurrenz bekommen«, so Werner.
Anhand der Ergebnisse lässt sich kein idealtypisches Fahrzeugkonzept des
Robocabs identifizieren, vielmehr ändern sich die spezifischen
Anforderungen an Fahrzeugeigenschaften, Karosserie und Ausstattung mit dem
jeweiligen Einsatz- und Nutzungszweck. Dabei wünschen sich die Befragten
autonome Fahrzeuge nicht als Prestigeobjekt, sondern als zuverlässiges,
praktisches und zügiges Transportmittel. »Überwiegend sehen die Befragten
die Robocabs als eine Art Taxi oder Car-Sharing-Fahrzeug, das in urbanen
Gebieten verkehrt und eher nicht auf Langstrecken«, sagt Werner. »Der
ländliche Raum sollte jedoch in das Streckennetz integriert werden, um
überall dort, wo der öffentliche Nahverkehr ausgedünnt ist, eine neue,
attraktive Variante zu bieten«.
Übergreifend zeichnet sich aus den Ergebnissen eine hohe Akzeptanz für
komfortable Fahrzeugkonzepte ab. Diese sind vor allem für diejenigen
Nutzerinnen und Nutzer interessant, die öffentliche Verkehrsangebote
bislang aufgrund des mangelnden Komforts und der fehlenden Privatsphäre
nicht wahrnehmen. Ihnen könnte solch ein Robocab in Form eines Komfort-
Shuttles als Ersatz für ihr Privatfahrzeug dienen. Die tendenziell großen,
hochwertigen, aber zweckorientierten Fahrzeuge ließen sich effizient in
teil-öffentlichen Sharingmodellen einsetzen.
Vorteile für Mensch, Verkehr und Umwelt
Neben einer Erweiterung des Mobilitätsangebots sehen die Befragten vor
allem das Wegfallen der Parkplatzsuche, die größere Flexibilität sowie die
permanente Verfügbarkeit als überzeugendste Faktoren für die Nutzung von
Robocabs. »Da die autonomen Fahrzeuge sich flexibel an den Bedarf anpassen
und gleichzeitig durch die Mitnahmemöglichkeit für eine optimale
Fahrzeugauslastung sorgen, erwarten Nutzerinnen und Nutzer, dass der
Verkehr dadurch optimiert und effizienter gestaltet wird«, sagt Götz.
»Zusätzlich erwarten die Befragten, dass auch Nutzergruppen wie
Minderjährige oder ältere Menschen, die bisher vom Individualverkehr
ausgeschlossen sind, die Möglichkeit erhalten, sich autark, flexibel und
komfortabel fortzubewegen«. Allerdings äußerten Befragte Bedenken bei der
Vorstellung, ihre eigenen Kinder einem Robocab anzuvertrauen.
Außerdem werden die Mobilitätskonzepte als besonders nachhaltig
wahrgenommen, weil es sich nach dem Verständnis der Befragten stets um
elektrifizierte Antriebskonzepte handelt, die besonders auf Kurzstrecken
mit einfachen Batterien und Infrastrukturen ausgestattet werden.
Zusammengefasst ist die Erwartung an Robocabs, dass diese die Umwelt
entlasten und eine sinnvolle Alternative im Stadtverkehrssystem bilden.
Veranstaltung: Vertiefende Einblicke in die Studie und Empfehlungen für
Politik, Industrie und Dienstleister
Im Rahmen der Veranstaltung »Autonome Mobilitätskonzepte für den urbanen
Raum von morgen«, die am 9. Juli 2019 in Stuttgart stattfindet, werden die
Ergebnisse der Studie »Robocab« und daraus abgeleitete Empfehlungen für
Automobilindustrie, Mobilitätsdienstleister, für den öffentlichen
Transportsektor und für staatliche Institutionen vorgestellt. Die
Veranstaltung bietet einen ganzheitlichen Blick auf die
stadtinfrastrukturellen Begebenheiten, die für eine ökologisch als auch
gesellschaftlich sinnvolle Anwendung autonomer Mobilitätsdienstleistungen
erforderlich sind. Auch führende Mobilitätsexpertinnen und -experten aus
der Forschung, Automobilwirtschaft und aus Kommunen kommen zu Wort.