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Vielversprechende Forschungsergebnisse: Neue Perspektiven für die Therapie von seltenen Lebererkrankungen

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Als seltene Erkrankung, auch „Orphan Disease“
genannt, wird nach der Definition der Europäischen Union (EU) eine
Krankheit eingestuft, die höchstens eine von 2.000 Personen betrifft. In
Deutschland leiden insgesamt mehr als vier Millionen Menschen an einer der
mehr als 6.000 bekannten seltenen Erkrankungen. Bereits die Diagnostik
kann problematisch sein und das gilt auch bei seltenen Lebererkrankungen.
Diese meist genetisch oder autoimmun bedingten Krankheiten verursachen
häufig keine spezifischen Symptome und sind deshalb schwer zu
diagnostizieren. Viele seltene Leberkrankungen sind jedoch behandelbar.

Über neue Therapie-Optionen und Referenznetzwerke berichten die Ausrichter
des 24. Deutschen Lebertages im Vorfeld des bundesweiten Aktionstages. Der
Deutsche Lebertag am 20. November 2023 hat das Motto: „Kennen Sie Ihre
Leberwerte?“ und wird von der Gastro-Liga e. V., der Deutschen Leberhilfe
e. V. und der Deutschen Leberstiftung ausgerichtet.

Lebererkrankungen gehören weltweit zu den großen gesundheitlichen
Herausforderungen unserer Zeit. Doch abseits der weit verbreiteten
Lebererkrankungen wie Fettlebererkrankungen oder Virus-bedingten
Leberentzündungen (Hepatitiden) gibt es eine Gruppe von Erkrankungen, die
oft im Schatten stehen und dennoch das Leben der Betroffenen erheblich
beeinflussen: die seltenen Lebererkrankungen. Wie viele seltene
Erkrankungen sind auch die seltenen Lebererkrankungen meistens genetisch
oder autoimmun bedingt und oft chronisch. Ihr Verlauf ist häufig
fortschreitend und kann die Lebenserwartung senken.

Es gibt verschiedene seltene Erkrankungen, die zu einer Leberschädigung
führen können. Unter dem Begriff autoimmune Lebererkrankungen wird eine
Gruppe von Lebererkrankungen zusammengefasst, die sich im
Krankheitsverlauf und in der Ausprägung unterscheiden, jedoch in einem
wesentlichen Punkt eine Gemeinsamkeit haben: Das körpereigene Immunsystem
ist fehlgesteuert. Körpereigene Strukturen werden als „körperfremd“
identifiziert und bekämpft. Diese Erkrankungen sind komplex, oft schwer zu
diagnostizieren und stellen eine erhebliche Belastung für die Betroffenen
dar.

„Zu den drei relevanten autoimmunen Lebererkrankungen gehören die
Autoimmunhepatitis (AIH), die Primär Biliäre Cholangitis (PBC) und die
Primär Sklerosierende Cholangitis (PSC). Die neuesten Entwicklungen in der
Therapie und in der Diagnostik dieser seltenen Lebererkrankungen liefern
vielversprechende Ergebnisse. Einige der bisher nicht behandelbaren
seltenen Lebererkrankungen sind mit den neuen Therapie-Optionen gut zu
kontrollieren. Für Betroffene ist es jedoch häufig sehr schwierig,
rechtzeitig die richtige Diagnose und die für sie notwendigen und oft sehr
individuellen Therapiemöglichkeiten zu bekommen“, erklärt Prof. Dr.
Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung, und
gibt eine Empfehlung für betroffene Patienten: „Es gibt spezialisierte
Exzellenzzentren zur Diagnostik und Therapie von Kindern und Erwachsenen,
die an einer seltenen Erkrankung leiden. Das in Hamburg koordinierte
Europäische Referenznetzwerk für seltene Lebererkrankungen (ERN RARE-
LIVER) hat sich das Ziel gesetzt, das Wissen und die Erfahrung
ausgewiesener Hepatologie-Experten europaweit zu bündeln und allen
Patienten und ihren behandelnden Ärzten zur Verfügung zu stellen.
Zusätzlich zur fachlichen Expertise gewährleisten zahlreiche
unterschiedliche Patientenorganisationen, die dem Netzwerk angeschlossen
sind, dass auch die Berücksichtigung der Patienteninteressen im Fokus
steht.“

Die aufgeführten genetischen und autoimmunen Lebererkrankungen sind
aktuell nicht heilbar, doch mit den neuen Therapien immer besser
kontrollierbar. Zudem gehen Experten davon aus, dass das
transplantationsfreie Überleben verlängert werden kann. Doch die Symptome
sind vielfältig und unspezifisch, was zu Verzögerungen bei der Diagnose
führen kann. Dies hat zur Folge, dass viele Patienten bereits in einem
fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung sind, wenn sie Hilfe suchen. Hier
die drei Krankheitsbilder im Überblick:

Autoimmune Hepatitis
Die Autoimmune Hepatitis (AIH) ist eine chronische Hepatitis, die durch
eine immunologische Reaktion ausgelöst wird: Die eigenen Leberzellen
werden vom Immunsystem als „körperfremd“ identifiziert. Die Symptome
dieser seltenen Lebererkrankung, die in jedem Alter auftreten kann, sind
so unspezifisch wie bei anderen Leberentzündungen. Betroffene können unter
Beschwerden wie Müdigkeit, Bauchschmerzen oder Juckreiz leiden – bei einem
Teil der Patienten verläuft die Erkrankung zunächst beschwerdefrei. Frauen
erkranken wesentlich häufiger als Männer. Unbehandelt führt die Erkrankung
schnell zu einer Zirrhose oder es kann ein akutes Leberversagen auftreten.
Immunsuppressive Medikamente können die AIH unterdrücken und eine
weitgehend normale Lebenserwartung ermöglichen.

Primär Biliäre Cholangitis – Gallenwegsentzündung
Primär Biliäre Cholangitis (PBC) ist eine entzündliche Erkrankung, die die
kleinen Gallengänge in der Leber betrifft. Unbehandelt kann die Krankheit
zu einer Zirrhose führen. Die Krankheit tritt häufig, aber nicht immer bei
Frauen mittleren Alters auf und 90 Prozent der Betroffenen sind weiblich.
Symptome wie Fatigue und Juckreiz sind häufig und können unabhängig vom
Stadium der Leberschädigung auftreten. Heute verfügbare Medikamente können
die Leberschädigung verlangsamen und mitunter zum Stillstand bringen. In
aktuellen Forschungsstudien werden neue Medikamenten evaluiert, die
wirksam bleiben, selbst wenn die derzeitigen Medikamente keine Effekte
mehr zeigen.

Primär Sklerosierende Cholangitis – Gallenwegs- und Darmentzündung
Die Primär Sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine Entzündung der
Gallenwege, die häufig zusammen mit einer chronisch entzündlichen
Darmerkrankung vorkommt. Primär Sklerosierende Cholangitis geht häufig in
eine Leberzirrhose über, zudem besteht ein erhöhtes Risiko für die
Entwicklung eines Cholangiokarzinoms. Bislang gibt es noch keine
zugelassene medikamentöse Therapie der PSC und die Betreuung beschränkt
sich darauf, Komplikationen wie z.B. bakterielle Entzündungen oder
verengte Gallenwege zu behandeln und Betroffene rechtzeitig für eine
Lebertransplantation zu listen. Patienten mit dieser entzündlichen
Erkrankung ist besonders zu empfehlen, regelmäßig an
Krebsfrüherkennungsprogrammen teilzunehmen. An besseren
Therapiemöglichkeiten wird geforscht.

Neben den autoimmunen Lebererkrankungen gibt es eine Reihe weiterer
seltener Lebererkrankungen, bei denen z.T. bereits wirksame Therapien zur
Verfügung stehen. So gibt es Enzym-Ersatztherapien für angeborene
Stoffwechselerkrankungen wie LAL-D und Morbus Gaucher und IBAT-Hemmer für
cholestatische Erkrankungen wie PFIC und das Alagille-Syndrom. Doch
Betroffene können von diesen Therapien nur dann profitieren, wenn ihre
Erkrankung diagnostiziert wird. Deswegen ist es wichtig, bei
unspezifischen Beschwerden die Leberwerte zu kontrollieren und seltene
Lebererkrankungen als Ursache in Betracht zu ziehen. Viele seltene
Lebererkrankungen sind inzwischen behandelbar. Mit dem Motto des
diesjährigen Lebertages: „Kennen Sie Ihre Leberwerte?“ richten sich die
Ausrichter nicht nur an die breite Bevölkerung. Auch die ersten
Ansprechpartner bei neu auftretenden Gesundheitsproblemen, in der Regel
also Haus- und Kinderärzte, müssen noch mehr für autoimmune und andere
seltene Lebererkrankungen sensibilisiert werden. Nur so kann gewährleistet
werden, dass Verdachtsfälle frühzeitig an Fachleute oder ein Zentrum
überwiesen werden.

Mehr Informationen zum 24. Deutschen Lebertag und alle bislang im Rahmen
des diesjährigen Deutschen Lebertages veröffentlichten Presseinformationen
finden Sie unter: http://www.lebertag.org.

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