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Die «Luzerner Initiative für Funktionsfähigkeit, Gesundheit und
Wohlbefinden (LIFE)» zielt darauf ab, Gesundheit und Wohlbefinden bei
Krankheit, Verletzung und beim Altern zu verbessern. Dazu soll das von der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelte Konzept der
«Funktionsfähigkeit» als neues Verständnis für Gesundheit in der
Gesellschaft bekannt gemacht und als Gesundheitsindikator verankert
werden. Diese Woche findet an der Universität Luzern eine Konferenz dazu
statt.

Gesundheitssysteme weltweit stehen vor enormen Herausforderungen. Um diese
zu bewältigen ist es wichtig, sich grundsätzlich Gedanken zu den
Rahmenbedingungen für das Gesundheitssystem der Zukunft zu machen. So
stellt sich die Frage, wie unser Gesundheitssystem gestaltet werden soll,
um den Bedürfnissen einer alternden Bevölkerung und von Menschen mit
chronischen Krankheiten bestmöglich gerecht zu werden.

Sowohl aus der Sicht des Individuums wie auch der Gesellschaft steht für
diese Menschen die Optimierung der Funktionsfähigkeit im Vordergrund. Die
Gesundheitsstrategien, welche dies ermöglichen, sind die
Gesundheitsförderung und die Rehabilitation.

Berücksichtigung der «gelebten Gesundheit»

Bei der Funktionsfähigkeit handelt es sich um ein von der
Weltgesundheits­organisation WHO entwickeltes Konzept, welches sowohl die
«biologische Gesundheit» der Menschen als auch ihre «gelebte Gesundheit»
umfasst. Die gelebte Gesundheit bezieht sich auf alle Aktivitäten des
Alltags wie «Selfmanagement» und Mobilität sowie die Teilnahme in allen
Lebensbereichen wie Familie, Arbeit, Freizeit und Sport. Die gelebte
Gesundheit steht in Wechselwirkung mit der biologischen Gesundheit sowie
dem sozialen und physischen Umfeld, welche diese positiv oder negativ
beeinflussen kann. Eine Person kann beispielsweise trotz
Mobilitäts­einschränkung in einer barrierefreien Umgebung an allen
Lebensbereichen teilnehmen.

Aktuell ist das von der WHO entwickelte Konzept der Funktionsfähigkeit in
der Öffentlichkeit und in den Gesundheitswissenschaften kaum bekannt. Auch
ist Funktionsfähigkeit als Messgrösse für Gesundheit in Ergänzung zur
Morbidität (Häufigkeit der Erkrankungen in einer Gesellschaftsgruppe)  und
Mortalität  (Häufigkeit der Todesfälle in einer Gesellschaftsgruppe)  im
Gesundheitssystem noch nicht verankert.

Neue Dimension im System der Gesundheitsinformationen

Ziel von LIFE ist es, das Konzept der Funktionsfähigkeit in der
Gesellschaft bekannt zu machen und von einem zwei- zu einem
dreidimensionalen Gesundheitsinformationssystem zu gelangen. Damit wird
die Grundlage zur Reorientierung des Gesundheitssystems, welches das
Potential von Gesundheitsförderung und Rehabilitation nutzen kann, gelegt.
Die Universität Luzern will dadurch einen entscheidenden Beitrag zur
Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit des Gesundheitssystems
der Zukunft leisten.

Wissenschaftliche Grundlagen

Die wissenschaftlichen Grundlagen zur Implementierung von
Funktionsfähigkeit als dritte Messgrösse in
Gesundheitsinformationssystemen wurden in den letzten Jahren in
Kooperation mit der WHO erarbeitet. Von entscheidender Bedeutung war ein
Projekt im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 74 «Smarter Health
Care», welches die standardisierte Erfassung von Funktionsfähigkeitsdaten
beispielsweise im Rahmen des nationalen Programmes zur
Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ) ermöglicht.

Einen wichtigen Beitrag dazu leistete das Forschungsteam um Prof. Dr.
Gerold Stucki zuerst an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und
seit 2009 an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften und Medizin der
Universität Luzern sowie der Schweizer Paraplegiker- Forschung in Nottwil.
Den notwendigen Paradigmawechsel im Gesundheitswesen beschreiben die
Verantwortlichen der Initiative, Prof. Dr. Gerold Stucki und Prof. Dr.
Sara Rubinelli, zusammen mit weiteren Autorinnen und Autoren in ihrer 2023
erschienenen Publikation «The Human Functioning Revolution».

Erstmalige Verwendung des Konzepts durch Paraplegiker-Forschung

Weltweit erstmalig wurde das WHO-Konzept der Funktionsfähigkeit als
Grundlage für Studien mit Patientengruppen durch die Paraplegiker-
Forschung Nottwil verwendet. Eine erste, nationale Studie wurde in
Zusammenarbeit mit der WHO auf 42 Länder ausgeweitet. Die Studienresultate
bilden die Grundlage für die kontinuierliche Verbesserung der
Gesundheitsversorgung und damit der Lebenssituation von Menschen mit einer
Querschnittlähmung in der Schweiz und weltweit.

LIFE-Forum

Der erste offizielle Anlass der Initiative bildet das LIFE-Forum
Rehabilitation, welches am 15. Februar an der Universität Luzern
stattfindet. Das Forum bringt Forschende, Praktiker und politische
Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger zusammen und behandelt
die Resolution der WHO zur «Stärkung von Rehabilitation in
Gesundheitssystemen» und was dies für die Schweiz bedeutet. Ebenfalls im
Februar 2024 findet ein internationaler Workshop in Kooperation mit der
US-amerikanischen «National Academy of Medicine» zum Thema «Altern,
Funktionsfähigkeit und Rehabilitation» an der Universität Luzern statt.