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Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.
V.(DGRh) begrüßt einen eventuell bahnbrechenden Erfolg in der Behandlung
der systemischen Sklerose am LMU Klinikum München. Ein interdisziplinäres
Team unter der Leitung der Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie
sowie der Medizinischen Klinik und Poliklinik III hat weltweit erstmalig
eine junge Patientin mithilfe einer onkologischen Immuntherapie von
schweren Symptomen befreit.

Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, Leiter der Sektion Rheumatologie und
Klinische Immu-nologie an der Medizinischen Klinik IV und langjähriges
DGRh-Vorstandsmitglied, betont: „Wir sollten nicht behaupten, dass die
Patientin geheilt ist, aber ihr Zustand hat sich drastisch gebessert.“ Die
wegweisende Behandlungsmethode wurde nun im European Journal of Cancer
veröffentlicht und markiert einen Meilenstein in der Therapie der sys-
temischen Sklerose.

Die systemische Sklerose ist eine seltene, aber potenziell
lebensbedrohliche Autoimmun-erkrankung, bei der das Immunsystem des
Körpers körpereigenes Gewebe angreift und zu dauerhaften Entzündungen
führt, insbesondere der Haut. Diese Entzündungen kön-nen zu einer
fortschreitenden Vernarbung und Verhärtung des Gewebes führen, was zu
erheblichen Einschränkungen der Beweglichkeit und Funktionen der
betroffenen Organe führt. Darüber hinaus kann die Auswirkung der
Erkrankung auf innere Organe die Le-benserwartung der Patienten stark
beeinträchtigen. Seit einiger Zeit gibt es Hinweise von Forschern, dass
die sogenannten B-Zellen eine bedeutende Rolle bei dieser Autoim-
munerkrankung spielen.

Die 35-jährige Münchner Patientin, die zuvor kaum mehr in der Lage war,
sich zu bewe-gen und sogar Schwierigkeiten hatte, Kleidung anzuziehen,
zeigte eine dramatische Ver-besserung ihrer Symptome nach einer
mehrwöchigen Behandlung mit dem immunthera-peutischen Medikament
Blinatumomab. Die Therapie zielte darauf ab, die B-Zellen, die maßgeblich
an den Immunreaktionen beteiligt sind, zu eliminieren.
Blinatumomab wird traditionell zur Behandlung bestimmter Leukämieformen
eingesetzt und ist ein „maßgeschneiderter“ Antikörper. Dieser bindet sich
an das CD19-Molekül auf der Oberfläche von B-Zellen und gleichzeitig an
das CD3-Molekül auf der Oberfläche von T-Zellen. Dadurch werden die
B-Zellen gezielt zerstört, ohne die T-Zellen zu beeinträch-tigen.
Die Behandlung wurde von Prof. Dr. Marion Subklewe, Spezialistin für
Immuntherapie, und ihrem Team durchgeführt. Subklewe erklärt: „Die
Patientin erhielt das Medikament intravenös über mehrere Tage in niedriger
Dosierung, gefolgt von höheren Dosierun-gen.“ Das Ergebnis war
erstaunlich: „Sobald die B-Zellen aus dem Blut entfernt waren,
verbesserten sich die Symptome der Patientin drastisch“, fasst Prof. Dr.
Michael Berg-welt, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III
zusammen. Bisher sind keine Nebenwirkungen unter der Therapie aufgetreten,
aber: „Wir werden jetzt genau be-obachten, wie sich die Therapie auf die
Körperabwehr auswirkt und wie stark das Im-munsystem durch Blinatumomab
beeinträchtigt wurde“, so Prof. Dr. Alla Skapenko, lei-tende Immunologin
in der Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie.

„Die erfolgreiche Behandlung der systemischen Sklerose mit Blinatumomab
weckt große Hoffnung bei Patientinnen und Patienten mit dieser schweren
Erkrankung“, sagt Prof. Dr. Christof Specker, Präsident der DGRh, Essen.
„Es ist ermutigend zu sehen, wie neue An-sätze in der Krebstherapie auch
bei Autoimmunerkrankungen wie der systemischen Skle-rose wirksam sein
können. Gerade bei dieser rheumatischen Erkrankung sind bislang die
therapeutischen Möglichkeiten sehr begrenzt. “ Es werde nun mit großen
Erwartungen verfolgt, wie sich diese neue Therapie in umfangreicheren
Patientengruppen und über einen längeren Zeitraum hinweg bewähre.