Aktualisierung S3-Leitlinie zum Endometriumkarzinom
Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie zum
Gebärmutterkörperkrebs überarbeitet. Unter anderem gibt es neue
Erkenntnisse zu Risikofaktoren und zur Strahlen- sowie medikamentösen
Therapie, die in die aktualisierten Leitlinienempfehlungen eingeflossen
sind. Ziel der Leitlinie ist es, evidenzbasierte Behandlungsmöglichkeiten
aufzuzeigen und die Diagnostik, Therapie und Nachsorge von Patientinnen
mit Endometriumkarzinomen zu verbessern. Auch die Behandlung seltener
histologischer Subtypen und erblicher Varianten wird thematisiert.
Die S3-Leitlinie entstand unter Federführung der Deutschen
Krebsgesellschaft (DKG), vertreten durch die Arbeitsgemeinschaft
Gynäkologische Onkologie (AGO) und durch die Deutsche Gesellschaft für
Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) sowie unter Mitwirkung von 37
Fachgesellschaften und Organisationen.
Das Endometriumkarzinom ist die häufigste Krebserkrankung der weiblichen
Genitalorgane. In Deutschland zählt es mit etwa 11.000 diagnostizierten
Neuerkrankungen im Jahr zu der fünfthäufigsten Krebserkrankung bei Frauen.
Am häufigsten erkranken sie nach den Wechseljahren, das mittlere Alter bei
Diagnosestellung liegt bei 67 Jahren. Im Jahr 2020 verstarben etwa 2.700
Menschen in Deutschland an einem Endometriumkarzinom.
Risikofaktoren für die Erkrankung an Gebärmutterkörperkrebs
Risikofaktoren für das Auftreten eines Endometriumkarzinoms sind unter
anderem ein spätes Menopausenalter, Diabetes mellitus, ein erhöhter Body-
Mass-Index, eine ovarielle Stimulationstherapie im Rahmen einer
Kinderwunschbehandlung sowie der Einsatz von Tamoxifen bei
Brustkrebspatientinnen. Auch bestimmte erbliche Veranlagungen – etwa im
Rahmen eines Lynch- oder Cowden-Syndroms – erhöhen das Risiko, an
Gebärmutterkörperkrebs zu erkranken. Etwa fünf Prozent aller
Endometriumkarzinome sind darauf zurückzuführen. Der Einfluss von Hormonen
auf das Krebsrisiko ist Gegenstand zahlreicher Studien. Orale
Kontrazeptiva – die Pille – und Intrauterinpessare (Levonorgestrelspirale)
reduzieren das Erkrankungsrisiko. Unstrittig ist, dass eine alleinige
Hormonersatztherapie mit Östrogenen ohne Gestagenschutz ein Risiko-
erhöhender Faktor ist. „Die Studienergebnisse zur kombinierten
Hormonersatztherapie sind uneinheitlich. Relevante Kriterien sind hier die
verwendeten Gestagene und die Anwendungsdauer. Wir als
Leitlinienautorinnen und -autoren vertreten auf Grundlage der publizierten
Studien die Meinung, dass eine sequenziell-kombinierte
Hormonersatztherapie mit einer Anwendungsdauer unter 5 Jahren und unter
Verwendung eines synthetischen Gestagens hinsichtlich des
Endometriumkarzinom-Risikos als sicher anzusehen ist“, sagt Prof. Dr.
Clemens Tempfer, Marien Hospital Herne. Er ist zusammen mit Prof. Dr. Sara
Brucker, Universitätsklinikum Tübingen und Prof. Dr. Eric Steiner,
Gynäkologisches Krebszentrum Rüsselsheim, Koordinator der Leitlinie.
Therapieoptionen
Die Standardbehandlung der Erkrankung ist die vollständige operative
Entfernung der Gebärmutter. Darüber hinaus werden in einem Großteil der
Fälle zudem der Gebärmutterhals, die Eileiter und Eierstöcke entfernt. Oft
werden zudem eine Strahlen- oder Chemotherapie eingesetzt – bei einem
Rezidiv kann eine Immuntherapie angewandt werden. „Die Strahlentherapie
kann in fortgeschritteneren Stadien oder nach einer Operation zum Einsatz
kommen. In der Leitlinie haben wir nun präzisieren können, in welchen
Fällen eine vaginale Brachytherapie – also eine Bestrahlung von der
Scheide aus – und in welchen eine Perkutanbestrahlung – angebracht ist“,
sagt Brucker. „Neue Daten lassen auch darauf schließen, dass in bestimmten
Fällen die Brachytherapie nicht nur das Rückfallrisiko der Patientinnen
minimiert, sondern auch einen positiven Effekt auf das Gesamtüberleben
haben kann – entsprechend haben wir hier die Leitlinienempfehlungen
angepasst.“ Patientinnen mit einem hohen Rezidivrisiko werden oftmals mit
einer Chemotherapie behandelt. Studien zeigen, dass die
Kombinationstherapie aus den Wirkstoffen Carboplatin/Paclitaxel bei einem
Karzinosarkom zu einem besseren progressionsfreien Überleben führen kann.
Für Patientinnen mit einem Rezidiv oder fortgeschrittener Erkrankung
können zudem Immuntherapien infrage kommen, wenn sie zuvor eine
Chemotherapie erhalten haben und einen bestimmten molekularen Subtyp
aufweisen. Bei einer Kombinationstherapie ist laut den
Leitlinienempfehlungen jedoch auf ein ausführliches Toxizitätsmanagement
zu achten, da es zu schwereren Nebenwirkungen kommen kann. Auch hier
wurden die Leitlinienempfehlungen an neue evidenzbasierte Erkenntnisse
angepasst.
Die aktualisierte S3-Leitlinie ist auf dieser Webseite abrufbar:
https://www.leitlinienprogramm
Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert.
Android-Smartphone- und iPhone-Nutzer können die Leitlinien-App hier
herunterladen: https://www.leitlinienprogramm
Das Leitlinienprogramm Onkologie
Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für
Leistungserbringer und Patient*innen zur angemessenen Vorgehensweise bei
speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein wesentliches Instrument
zur Förderung von Qualität und Transparenz medizinischer Versorgung dar.
Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die
Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im Februar 2008 gestarteten
Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung
und Fortschreibung sowie den Einsatz wissenschaftlich begründeter und
praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen.
Mittlerweile umfasst das Leitlinienprogramm 34 S3-Leitlinien, die zu einem
großen Teil auch als laienverständliche Patientenleitlinien vorliegen.
Mehr unter: https://www.leitlinienprogramm
Deutsche Krebsgesellschaft e. V.
Die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) – eine Nachfolgeorganisation
des 1900 gegründeten „Comité für Krebssammelforschung“ – ist die größte
wissenschaftlich-onkologische Fachgesellschaft im deutschsprachigen Raum.
Die über 8.300 Einzelmitglieder in 25 Arbeitsgemeinschaften, die 16
Landeskrebsgesellschaften und 36 Fördermitglieder sind in der Erforschung
und Behandlung von Krebserkrankungen tätig. Die DKG engagiert sich für
eine Krebsversorgung auf Basis von evidenzbasierter Medizin,
Interdisziplinarität und konsequenten Qualitätsstandards, ist
Mitinitiatorin des Nationalen Krebsplans und Partnerin der „Nationalen
Dekade gegen Krebs“. Mehr: https://www.krebsgesellschaft.
Deutsche Gesellschaft für Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
(DGGG)
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG)
ist eine der großen wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland.
Sie hat sich der Stärkung der Fachgebiete der Frauenheilkunde und
Geburtshilfe verschrieben und fördert das gesamte Fach und seine
Subdisziplinen, um die Einheit des Faches Frauenheilkunde und Geburtshilfe
weiterzuentwickeln. Als medizinische Fachgesellschaft engagiert sich die
DGGG fortwährend für die Gesundheit von Frauen und vertritt die
gesundheitlichen Bedürfnisse der Frau auch in diversen politischen
Gremien. Mehr: https://www.dggg.de/