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S2k-Leitlinie zu hypertensiven Erkrankungen in der Schwangerschaft überarbeitet

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Die S2k-Leitlinie zu „hypertensiven Erkrankungen in der Schwangerschaft:
Diagnostik und
Therapie“ wurde mit neuen Erkenntnissen und Empfehlungen überarbeitet.
Besonders
relevant sind die neuen Aspekte zum Blutdruckmanagement dieser
Erkrankungsformen.

Berlin, im Juli 2024 – Bluthochdruck-Erkrankungen (HES) treten in 6 bis 8
Prozent aller Schwangerschaften auf, tragen zu 20 bis 25 Prozent der
perinatalen Mortalität bei und sind in den Industrieländern die häufigste
aller mütterlichen Todesursachen. Man unterscheidet verschiedene Formen
der HES, die Präeklampsie gilt jedoch als die schwerwiegendste Form mit
einer jährlichen Sterberate von mehr als 50.000 Frauen und 500.000 Babys.
Abgesehen davon birgt die Erkrankung einige Langzeitfolgen, insbesondere
ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Gesundheit.

Obwohl die Prävention von HES laut der Leitlinie nur bedingt möglich sei,
ermögliche eine
erste Evaluation im ersten Trimester die Identifikation von Schwangeren
mit hohem Risiko.
Demnach könnten Maßnahmen zur Prophylaxe bereits frühzeitig eingeleitet
werden. Die
Einordnung in Risikogruppen gewähre außerdem eine individualisierte
Schwangerschaftsüberwachung, wodurch Komplikationen früh erkannt und
behandelt werden können.

Die überarbeitete Leitlinie richtet sich vor allem an Schwangere,
Patientinnen, die bereits HES hatten sowie an Frauen mit vorbestehender
Bluthochdruckerkrankung, aber auch an alle Fachkräfte, die in die
Versorgung von Patientinnen mit HES involviert sind.

Anpassung der Richtwerte zur Blutdruckmessung

Eine der wichtigen Änderungen, die mit der Aktualisierung einhergehen, ist
die Anpassung der Richtwerte für die Blutdruckmessung. Dabei wird zwischen
zwei Messarten unterschieden: Der standardisierte Praxisblutdruck wird in
der Schwangerenvorsorge routinemäßig in Arztpraxen und Kliniken
durchgeführt. Im Gegensatz dazu gibt es die Heimblutdruckmessung (HBDM)
für die weitere ambulante Betreuung der Schwangeren.

Die Grenzwerte der Hypertonie in der Praxis liegen laut den Expertinnen
und Experten bei 140 mmHg systolisch bzw. 90 mmHg diastolisch. In der HBDM
werden aber niedrigere Cut-OffWerte angesetzt: Werte ab 135 mmHg
systolisch und 85 mmHg diastolisch werden hier bereits als Hypertonie
betrachtet. Dies ist wichtig, da nun auch bereits bei diesen
Bluthochdruckwerten eine medikamentöse Therapie indiziert ist, um
Komplikationen von der Schwangeren abzuwenden.

Indikationsstellung zur Entbindung bei Blutdruckzielwerten

Die Indikationsstellung zur Geburt wurde in der Überarbeitung der S2k-
Leitlinie relativiert. Bei einfacher Hypertonie könne mit Hilfe von
verändertem Hypertonie-Management die
Geburtseinleitung vermieden werden.

„Die HYPITAT-Studie, die den früheren Empfehlungen zur Entbindung mit 37+0
SSW
zugrunde lag, verfolgte durch die Beendigung der Schwangerschaft das Ziel,
schwere
mütterliche Komplikationen und insbesondere die schwere Hypertonie zu
vermeiden.
Neue medikamentöse Konzepte mit niedrigeren Blutdruckzielwerten bieten
durch die
engere Blutdruckeinstellung das gleiche Ziel. Dies hat nach Auffassung der
Leitliniengruppe zur Konsequenz, dass für eine medikamentös gut
eingestellte Frau mit Schwangerschaftshochdruck das Abwarten über 37 SSW
hinaus anstelle von Geburtseinleitung eine echte Option darstellt.“
- Prof. Dr. med. Ulrich Pecks, Leitlinienkoordinator, Universitätsklinikum
Würzburg

Bei schweren Komplikationen im Rahmen einer Präeklampsie sei
selbstverständlich zu jedem Zeitpunkt die Beendigung der Schwangerschaft
indiziert. Die Vorteile der Prolongation sind gegen die Risiken einer HES
und assoziierten Komplikationen abzuwägen.

Fokus auf Langzeitgesundheit der Frauen gelegt

Frauen, die während ihrer Schwangerschaft an Hypertonie leiden, haben ein
erhöhtes Risiko für Langzeitfolgen. Neben Erkrankungen, die das
kardiovaskuläre System betreffen, könnten auch weitere Organsysteme
beeinflusst werden. Nicht zuletzt bestehe weiterhin die Möglichkeit, in
der nächsten Schwangerschaft wieder eine Bluthochdruckerkrankung mit
möglichen Komplikationen zu entwickeln.

Infolge der hohen Evidenz für Langzeitfolgen wird eine regelmäßige
kardiovaskuläre Kontrolle und Nachsorge der Mutter angeraten, die sich im
Idealfall lebenslang fortsetzen sollte.

„Die Einführung eines spezifischen und finanzierten Nachsorgekonzeptes
nach HES ist
dringend erforderlich. Dabei sollte die primäre Zuständigkeit für die
Nachsorge zumindest für die Zeit unmittelbar nach der Geburt in der Hand
der betreuenden frauenärztlichen Praxis liegen.“
- PD Dr. med. Dietmar Schlembach, Leitlinienkoordinator, Vivantes Netzwerk
für Gesundheit GmbH, Klinikum Neukölln

Anschließend sollte die Betreuung in Abhängigkeit von auftretenden
Befunden, wie z.B. eines persistierenden Hypertonus oder anderer
klinischer oder labormedizinischer Befunde, in die fach- oder
hausärztliche Betreuung übergeleitet werden. Da komplexe Gesundheitsfolgen
möglich seien, könne eine interdisziplinäre Versorgung aus
Frauenheilkunde, Allgemeinmedizin und Innerer Medizin erforderlich sein.

Die Nachbetreuung von Wöchnerinnen, deren kardiovaskuläres Risiko nach
Präeklampsie
langfristig überwacht werden sollte, soll jeweils sechs Wochen nach der
Entbindung beginnen.

„Hierfür haben wir in Zusammenarbeit aller Fachdisziplinen und unter
Unterstützung
der Patientinnenvertretung EFCNI sowie der Arbeitsgemeinschaft der
Gestose-Betroffenen e.V. einen Nachsorgepass entwickelt, der der Leitlinie
beiliegt und an Patientinnen ausgehändigt werden kann.“
- Prof. Dr. med. Ulrich Pecks, Leitlinienkoordinator, Universitätsklinikum
Würzburg

Die Erstellung und Aktualisierung der S2k-Leitlinie erfolgte unter den
federführenden
Fachgesellschaften Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
e.V. (DGGG),
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG)
sowie Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG).
Finanziell unterstützt wurde die Handlungsempfehlung vom DGGG-
Leitlinienprogramm.

Leitlinien sind Handlungsempfehlungen. Sie sind rechtlich nicht bindend
und haben daher
weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung.

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