Herzschwäche: Telemedizin vor allem bei Diabetes von Nutzen
Post-hoc-Analyse der TIM-HF2-Studie liefert Hinweis, dass positives
Ergebnis auf hohen Anteil mitrekrutierter Diabetespatienten zurückzuführen
ist.
Seit 2021 wird Telemonitoring bei Herzinsuffizienz (Heart Failure, HF) als
digitale Versorgungsform mit Erstattung über die GKV anerkannt. Dem
vorausgegangen ist eine lange Ära klinischer Studien, mit denen die
Evidenz telemedizinischer Interventionen nachgewiesen werden sollte und
teilweise konnte. Der Durchbruch kam wohl letztlich mit den Ergebnissen
von TIM-HF2 (Telemedical Interventional Management in Heart Failure II).
Hier konnte belegt werden, dass Gesamtmortalität und Hospitalisierung
aufgrund kardialer Dekompensation mit Fernüberwachung (Remote Patient
Management, RPM) bei HF-Patienten der NYHA-Klasse II/III (n= 1538)
signifikant reduziert wird.
Nun weist eine Post-hoc-Analyse der Gruppe um Prof. Friedrich Köhler,
Leiter des Arbeitsbereichs Kardiovaskuläre Telemedizin am Deutschen
Herzzentrum der Charité (DHZC), darauf hin: Das positive Gesamtergebnis
von TIM-HF2 ist vermutlich auf den hohen Anteil von HF-Patienten mit
Diabetes (46%, n= 707) in der Studie zurückzuführen. Das
Patientenkollektiv mit HF und Diabetes schnitt in allen Kriterien des
prospektiven Endpunkts (Hospitalisierungszeit, Gesamtsterblichkeit,
kardiovaskuläre Sterblichkeit) deutlich besser ab als die Gesamtkohorte.
RPM scheint also vor allem für die mitrekrutierten Patienten mit Diabetes
von großem Nutzen zu sein. Im Gegensatz zur Gesamtkohorte war auch die
Verbesserung der Lebensqualitätskriterien (physisch und mental) bei
Diabetespatienten hochsignifikant. Zumindest gibt die Post-hoc-Analyse des
TIM-HF2-Trials den Hinweis, dass Menschen mit Diabetes und Herzschwäche
von Fernüberwachung ganz besonders profitieren. Die Effektstärke,
Repräsentativität und Langfristigkeit in TIM-HF2 legt nahe, dass eine
solche Versorgungsform für alle HF-Patienten mit Diabetes erreichbar und
Bestandteil der Regelversorgung sein sollte.
An dieser Stelle muss erwähnt werden: Die Einbindung eines
Glukosemanagements in das RPM könnte eine weitere Verbesserung der Effekte
bringen. Diabetes hat eine Indikatorfunktion für das kardiale Hochrisiko
mit besonders schlechter Prognose bei Herzinsuffizienz. Trotz normaler
Koronarperfusion liegt die Sterblichkeit höher als ohne
Stoffwechselproblem. Nicht ohne Grund wurden die Behandlungserfordernisse
bei Diabetes vor einiger Zeit in die Nationale VersorgungsLeitlinie
„Chronische Herzinsuffizienz“ aufgenommen. TIM-HF2 berücksichtigt
stoffwechselmedizinische Parameter (Charakterisierung der Krankheitsform,
Glukoseverläufe, antidiabetische Medikation usw.) bislang nicht.
Die Ergebnisse der Post-hoc-Auswertungen von TIM-HF2 sprechen dafür, RPM
für Patienten mit Diabetes als Regelleistung oder mindestens ergänzend zu
bestehenden Versorgungsstrukturen anzubieten – erst recht bei vorhandenen
Komorbiditäten wie Herz- und Gefäßerkrankungen. Hierzu wird es sicher der
Anstrengung aller Leistungserbringer und Kostenträger bedürfen, um den
Zugewinn an Betreuungsqualität und Patientennutzen zu erkennen. Die hohe
Koinzidenz von Herzschwäche und Diabetes (Volkskrankheiten!) stellt eine
passende Einstiegskonstellation für ein solches Szenario dar. Nachdem
Diabetes alle Aspekte des Krankheitsverlaufs von Herzinsuffizienz
beschleunigt und verschlechtert, könnte so eine gefährliche und
bevölkerungsweit häufige Risikokonstellation eliminiert werden.
Telemedizinische Leistungserbringung muss dabei iterativ an
evidenzbasierten Daten in die Regelversorgung eingeführt werden, was einem
sinnvollen Transformationsprozess unseres Gesundheitssystems zum Nutzen
der vielen Patienten mit Diabetes und Herzproblemen entspricht.
Text
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe
Vorsitzender Stiftung DHG
Über die Stiftung DHG (Diabetes I Herz I Gefäße)
Vor 25 Jahren als Themenstiftung unter dem Namen „Der herzkranke
Diabetiker“ gegründet, hat die Stiftung ihr Label entsprechend
Satzungszweck und inhaltlicher Ausrichtung angepasst. Seit 2024 agiert die
Stiftung unter dem Namen „Diabetes I Herz I Gefäße“ (DHG) mit dem Auftrag,
zum Krankheitsverständnis beizutragen, Menschen über das Risiko für Herz-
und Gefäßkomplikationen aufzuklären und den Dialog zwischen behandelnden
Ärzten über Fachgrenzen hinaus zu fördern. Vier Endokrinologen und
Diabetologen, fünf Kardiologen und drei Neurologen gehören zum Vorstand.
Das Stiftungsteam engagiert sich ehrenamtlich und hält an den Prinzipien
Wissenschaftlichkeit, Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit fest. Die
Stiftung DHG dient dem gemeinnützigen Zweck. Ziel ist es auch, Forschung
voranzubringen und die Versorgung zu verbessern. Standort der DHG-
Geschäfts-stelle ist das Deutsche Diabetes-Zentrum (DDZ), das sich
bundesweit als Referenzzentrum zum Krankheitsbild Diabetes mellitus
versteht.
Originalpublikation:
Koehler F, Koehler J, Bramlage P, Vettorazzi E, Wegscheider K, Lezius S,
Spethmann S, Iakoubov R, Vijan A, Winkler S, Melzer C, Schütt K, Dessapt-
Baradez C, Paar WD, Koehler K, Müller-Wieland D. Impact of telemedical
management on hospitalization and mortality in heart failure patients with
diabetes: a post-hoc subgroup analysis of the TIM-HF2 trial. Cardiovasc
Diabetol. 2024 Jun 12;23(1):198. doi: 10.1186/s12933-024-02285-0.