Opernhaus Zürich, Der Rosenkavalier,Richard Strauss Komödie für Musik in drei Akten Libretto von Hugo von Hofmannsthal, besucht von Marinella Polli
Produktion:
Musikalische Leitung: Joana Mallwitz Inszenierung: Lydia Steier
Ausstattung und ästhetische Gesamtkonzeption: Gottfried Helnwein
Bühnenbildmitarbeit: Dieter Eisenmann Kostümmitarbeit: Louise-Fee Nitschke
Choreografie: Tabatha McFadyen Lichtgestaltung: Elana Siberski
Video: Tabea Rothfuchs, Ruth Stofer Choreinstudierung: Klaas-Jan de Groot
Dramaturgie: Kathrin Brunner
Besetzung:
Die Feldmarschallin Fürstin Werdenberg Diana Damrau
Der Baron Ochs auf Lerchenau Günther Groiss
Octavian Angela Brower Herr von Faninal Bo Skovhus
Sophie Emily Pogorel Jungfer Marianne Leitmetzerin Christiane Kohl
Valzacchi Nathan Haller Annina Irène Friedli
Als erste Premiere der neuen Saison am Opernhaus Zürich, und als erste Produktion unter der Intendanz von Matthias Schulz, kann man Richard Strauss’ ‘Rosenkavalier’ erleben, eine Komödie für Musik in 3 Akten. Joana Mallwitz dirigiert das Orchester der Oper Zürich, Regie führt Lydia Steier, die von der Fachzeitschrift ‚Opernwelt‘ als Regisseurin des Jahres ernannt wurde; die weltweit gefeierte Sopranistin Diana Damrau brilliert als Feldmarschallin. Weitere Vorstellungen sind bis 26. Oktober vorgesehen.
Die grossartige Kooperation zwischen Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss

Der grosse Dichter, Dramaturg und Essayist Hugo von Hofmannsthal lässt sich in seinem Libretto von Molière und Beaumarchais inspirieren. Der Librettist bleibt dennoch ‚all’unisono‘ mit der reichen Strauss’ Partitur, welche zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen Mozart, Wagner und Spätromantik pendelt. Die Beziehung zwischen dem Komponisten aus München und dem Österreicher ist sehr komplex, aber sie erreicht zweifellos die Perfektion, was nicht nur die sechs zusammen kreierten Opern (‚Elektra, ‚Der Rosenkavalier’, ,Ariadne auf Naxos‘, ‚Die Frau ohne Schatten‘, ‚Die ägyptische Helena‘ und ‚Arabella‘) beweisen, sondern auch ein Briefwechsel, der vergebens sondergleichen in der Musik- und Literaturgeschichte sucht. Im Graben leitet Joana Mallwitz sehr kompetent und präzis ein voll involviertes und ebenfalls präzises Orchester der Oper Zürich, das mühelos imstande ist, die zahlreichen Nuancen der sehr langen, grossartigen Partitur zu zeigen. Die junge Dirigentin schenkt grosse Aufmerksamkeit auch den Sängern, die für hinreissende, unvergessliche Momente sorgen.
Grosse Leistung der SängerInnen

Was Stimme und Interpretation betrifft, brillieren vor allem Diana Damrau als Feldmarschallin Fürstin Werdenberg und Angela Brower als Octavian. Die deutsche Starsopranistin interpretiert mit grosser Sensibilität und Differenzierung, sowohl stimmlich als auch schauspielerisch, eine der grossartigsten Frauenrollen der Operngeschichte. Im Besonderen: mit Charme und Sinnlichkeit während der Nacht mit Octavian, ihrem Quinquin, ihrem jungen Liebhaber (Toyboy, würde man heute sagen); überaus involviert und involvierend am Ende des ersten Aufzugs, wenn sie plötzlich realisiert, dass Jugend und Schönheit für immer vorbei sind: „Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding. Wenn man so hinlebt, ist sie rein gar nichts. Aber dann auf einmal, da spürt man nichts als sie. Sie ist um uns herum, sie ist auch in uns drinnen. In den Gesichtern rieselt sie, im Spiegel da rieselt sie, in meinen Schläfen fliesst sie. Und zwischen mir und dir da fliesst sie wieder, lautlos, wie eine Sanduhr“. Vokalisch ihr ebenbürtig und in der Hosenrolle sehr überzeugend ist die Amerikanische Mezzosopranistin Angela Brower als Octavian, der Rosenkavalier, derjenige, der die Rose des Barons an die junge Sophie überreichen wird. Gut auch Emily Pogorelc, als selbstbewusste Sophie; und perfekt ist der Bass Günther Groissbock als adeliger aber mittelloser, sex-besessener Baron Ochs auf Lerchenau, der die bürgerliche, aber reiche Sophie heiraten will. Eine etwas blasse Interpretation ist hingegen jene vom Bariton Bo Skovhus in der Rolle des neureichen Faninal, Sophies Vater. Last but not least: die grosse Leistung des von Klaas-Jan De Groot vorbereiteten Chors (Chor der Oper Zürich und Kinderchor).
Eine beeindruckende Inszenierung

Wie schon vor zwei Jahren am Luzerner Theater hat Lydia Steier eine beeindruckende Inszenierung konzipiert. Sie hatte ja vor rund zwanzig Jahren in Los Angeles eine Produktion des ‚Rosenkavaliers‘ gesehen, deren Ausstattung des österreichisch-irischen Künstlers Gottfried Helnwein sie sehr begeisterte. Ihr Traum war, einmal die künstlerische und gestalterische Leitung einer Inszenierung mit ähnlichen Kulissen und Kostümen, jedoch mit einem feministischen Approach, selber zu übernehmen. Inzwischen ist Lydia Steiers Traum von damals in Erfüllung gegangen: zusammen mit Gottfried Helnwein inszeniert sie den ‚Rosenkavalier‘. Auch am Opernhaus Zürich zeigt sie dem Publikum keine wirklich bestimmte Periode, sondern eher Interaktion und Kontrast zwischen Realität und Surrealem. Hier hilf natürlich insbesonders Helnweins Bühnenbild in Blau (1. Akt), Gold und Gelb (2. Akt) und Rosarot (3. Akt), aber ebenfalls das präzise Light Design von Elana Siberski, die eloquenten Videos von Tabea Rothfuchs und Ruth Stofer, die farbigen Kostüme von Louise Fee-Nietzsche und die Choreographien von Tabatha Mc Fadyen.

Eine Standing Ovation für alle Beteiligten war der verdiente Lohn für eine einmalige Aufführung.
Marinella Polli
Text: https://marinellapolli.ch/
Fotos: Matthias Baus www.opernhaus.ch
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