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Nicht alles ist so rosig in unserer Gastronomie Foto Raphael Reischuk pixelio.de
Nicht alles ist so rosig in unserer Gastronomie Foto Raphael Reischuk pixelio.de

Unhöfliches Personal, lieblose Speisekarten, zu Tode dekorierte Menüs– viele Schweizer Restaurants beherrschen ihr Kerngeschäft nicht: mit Hingabe kochen und mit Herzblut Gastgeber sein.

Nicht immer wird man so freundlich erwartet
Nicht immer wird man so freundlich erwartet

Und es gibt sie doch, die Beizen, wo man gerne einkehrt, herzlich empfangen wird, entzückt die Speisekarte studiert – wo man wieder erkannt und auch einmal auf ein Glas eingeladen wird. Aber es gibt auch die anderen. Restaurants, die eine Unfreundlichkeit verströmen, als würden die Wirte nicht von den Gästen leben. Lokale mit Menükarten, die beliebiger und einfallsloser nicht sein könnten.

Dabei ist es eine wundervolle Aufgabe, Gastgeber zu sein. Und es können durchaus bessere Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Gäste zufrieden nach Hause gehen und freudig wiederkommen.

Das Internet ist die heutige Visitenkarte 

Herzlich Willkommen
Herzlich Willkommen

Heute ist der Internet Auftrittt die Visitenkarte einer Beiz, nicht nur für die Gäste, auch für Mitarbeiter, die eine neue Stelle suchen. Leider sind sie nur allzu häufig unprofessionell gestaltet. Nicht aktualisierte Websites mit Frühlingsangeboten tief im Herbst. Eine komplizierte Navigation, die dem interessierten Gast die Lust auf eine Tischreservation vergällt. Oder unattraktive Bilder, die eher abschrecken als gluschtig machen.

Telefonkommunikation äusserst wichtig

Ans Restauranttelefon gehören Menschen, die den Betrieb in- und auswendig kennen. Sie sollen sich mit Namen vorstellen, eine sympathische Stimme haben und mit guten Sach – und Sprachkenntnissen Auskunft geben können.

Empfang der Gäste das A und O

Reservierungen sind ein gutes Zeichen Foto Petra Bork pixelio.de
Reservierungen sind ein gutes Zeichen Foto Petra Bork pixelio.de

Wer zu Hause Freunde empfängt, scheut meist keinen Aufwand. Das sollte auch der Massstab für eine Beiz sein. Es gibt noch solche Orte. die das Gefühl vermitteln, willkommen zu sein. Beizen mit Mitarbeitern, die Menschen sind und einen Namen haben, die sich persönlich vorstellen oder – wie kürzlich in einer Luzerner Landbeiz – ein Begrüssungskärtli mit ihrem Namen auf den Tisch legen. Leider erlebt man aber auch Dinge, die einen sprachlos zurücklassen: Kürzlich wollte ein Freund in einem renommierten Restaurant eine Hunderternote wechseln. Die Antwort: «Wir sind doch keine Wechselstube.» Freundlichkeit ist nur beschränkt lernbar – im Grunde ist sie Herzenssache. Einen griesgrämigen Gast zufriedenstellen zu können, ist Kunst und Herausforderung zugleich.

Betreuung am Tisch

Sichtliche Freude an seiner Arbeit
Sichtliche Freude an der Arbeit

Im Restaurant möchte man es noch etwas schöner, gediegener und spezieller haben als zu Hause. Sonst kann man getrost auf den Ausgang verzichten. Oft vergessen Gastgeber, dass die Gäste heute kulinarisch besser gebildet sind als noch in den Siebzigerjahren. Das heisst, dass die Servierenden die Kenntnisse der Gäste respektieren und nur dann beratend «eingreifen», wenn sie spüren, dass der Gast es wünscht. Romane am Tisch erzählen ist out, erläutern, was auf dem Teller liegt, dagegen erlaubt, manchmal sogar erwünscht.

Man darf auch fragen, ob der Gast die Erklärung wünscht oder eben nicht. Wichtig ist, dass die Harmonie zwischen Service und Küche spürbar ist. Die Zusammenarbeit von Küche und Service ist für den Gast von grosser Bedeutung, aber auch für das Selbstwertgefühl des Teams.

Speisekarten sollten animieren, nicht abschrecken

Wenn alle Speisekarten so schön bebildert wären FotoMargot Kessler pixelio.de
Wenn alle Speisekarten so schön bebildert wären FotoMargot Kessler pixelio.de

Auf meinen Beizenbummelgängen habe ich den Eindruck bekommen, dass die Köche langsam begreifen, dass ellenlange Speisekarten nicht mehr das Wahre sind. Sowohl für die Gäste, die bei der Qual der Wahl schlicht überfordert sind, wie auch für die Servierenden, die dann das Wunschkonzert der Gäste in die Küche übermitteln.  Das kann in einem «Service-Tohuwabohu» enden. Zudem schätzen Gäste heutzutage frische Produkte und möchten nicht mit Convenience-Food abgespeist werden. Weniger also ist in der Regel mehr. Sich als Beizer auf etwas spezialisieren, ist eine sinnvolle Lösung. erfolgreiche Beispiele dafür gibt es genug. Oder wie wäre es, einmal mit den Stammgästen ein «Brainstorming » durchzuführen, um so aus erster Hand zu erfahren, was ihr Begehr ist?

Hauptgänge oft mehr Schein als Sein

Meine Behauptung in einer Tageszeitung dass eine Generation von Köchen zu Dekorateuren ausgebildet wurde und viele dabei das Kochen verlernt hätten, hat die Branche aufgerüttelt. Alles, was vom Wesentlichen ablenkt stört. Was haben wir von einem Weinbraten, der hypermodern mit Spurenelementen von Gemüse und Beilage angerichtet ist, der aber von einer Sauce ohne Wein und Körper begleitet ist? Dafür da noch ein Klacks mit eingedicktem Balsamico und dort noch eine Kapuzinerblüte.

Oder ein verwelktes Sträussli Peterli, das dann sowieso im Schweinekübel landet. Alle Achtung hingegen vor Köchen, die sich auf die Zubereitung, das Dekorieren und Tüfteln gleichermassen verstehen.

Kinder von heute sind Gäste von morgen

Kindermenu Symbolfoto
Kindermenu Symbolfoto

Fantasieloser könnten «Kindermenüs» heute vielerorts nicht daherkommen. Pappige Nuggets mit roter Sauce oder «Coupe Bambi» im viel zu hohen Glas, sodass das Kind auf dem Stuhl knien muss, um an seine Glace zu gelangen. Am besten lädt man eine Kindergärtnerin mit Kindern in den Betrieb ein und fragt die Kleinen direkt, was sie mögen. Degustationen von Naturprodukten sind ebenfalls eine Idee, Kinder mit Essen glücklich, demzufolge auch zufrieden, zu stimmen.

Weinpreise als Gradmesser

Jahrelang hat man dem Wirtevolk eingetrichtert, die Preise für das Essen tief zu halten und mit den Weinen die entgangenen Margen quer zu subventionieren Eine folgenschwere Sünde. Heute weiss jeder Gast, was die Lebensmittel kosten, und ist auch bereit, für eine tolle Küchenleistung zu bezahlen. Der Erfolg derjenigen Berufskollegen, die die Menüpreise leicht erhöhen, die Weinpreise aber moderat halten, zeigt, dass die Preisgestaltung in diese Richtung gehen sollte.

So gäbe es noch vieles zu überdenken in der Gastroszene. Hahnenwasser: gratis oder nicht? Wie ist die Kaffee- und Teekultur hochzuhalten?

Goldene Jahre adieu

Auch Kaffeekultur ist wichtig Foto Petra Bork pixelio.de
Auch Kaffeekultur ist wichtig Foto Petra Bork pixelio.de

Viele Wirte haben von den «Goldenen Zeiten» in den Neunzigerjahren zu Recht profitiert. Wer hätte damals gedacht, dass es wieder einmal anders kommen könnte? Und wenn die Menschen aus Spargründen nicht mehr so oft auswärts essen, steigen die Ansprüche erst recht. Gäste gehen dorthin, wo sie freudvoll bedient werden. Wo Gastgeber statt Gastnehmer anzutreffen sind, freundliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Wohlfühlerlebnis beitragen und wo Preis und Leistung stimmen.

Text: www.herberthuber.ch

Fotos: www.-pixelio.de

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