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Lifestyle

Work-Life-Balance als Wettbewerbsvorteil für Arbeitgeber

Noch vor wenigen Jahren bewerteten Bewerbende Unternehmen vor allem nach Gehalt, Benefits und Karrierechancen. Heute gibt es einen weiteren entscheidenden Faktor, der bestimmt, wo Menschen arbeiten möchten – und ob sie bleiben: Work-Life-Balance.

Für Arbeitgeber ist dieser Wandel mehr als nur das Angebot flexibler Arbeitszeiten oder Wellness-Programmen. Work-Life-Balance entwickelt sich zu einem strategischen Vorteil im Wettbewerb um Talente. Organisationen, die eine Unternehmenskultur rund um Balance aufbauen, verbessern nicht nur die Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden; sie differenzieren sich im Markt, stärken ihren Ruf und schaffen Teams, die langfristig loyaler und produktiver sind.

Warum Work-Life-Balance jetzt wichtiger ist denn je

Die letzten Jahre haben die Sichtweise auf Arbeit dauerhaft verändert. Remote- und Hybrid-Modelle haben gezeigt, dass Produktivität nicht davon abhängt, von 9 bis 17 Uhr im Büro zu sitzen. Mitarbeiter haben neue Flexibilität gewonnen – und viele sind nicht bereit, zu starren, traditionellen Strukturen zurückzukehren.

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Cavalleria rusticana / La voix humaine, LAC Lugano, besucht von Marinella Polli

Cavalleria rusticana Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci

La voix humaine Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci

Cavalleria rusticana Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci


La voix humaine Tragédie lyrique in einem Akt
Libretto Jean Cocteau Musik Francis Poulenc
Interpretin Anna Caterina Antonacci, Elle
Darsteller (in alphabetischer Reihenfolge) Viola Carinci
Silvia Giuffrè, Yannick Lomboto
Samuel Salamone, Sabrina Vicari, Marta Zollet
Cavalleria rusticana
Melodram in einem Akt Libretto Giovanni Targioni-Tozzetti und Guido Menascinach dem gleichnamigen Drama von GiovanniVerga Musik Pietro Mascagni
Interpreten

Stefano La Colla,
Turiddu, Veronica Simeoni, Santuzza
Dalibor Jenis,
Alfio, Lucrezia Drei, Lola
Agostina Smimmero,
Mamma Lucia
Darsteller
(in alphabetischer Reihenfolge)
Viola Carinci, Roberto Galbo
Silvia Giuffrè, Yannick Lomboto
Samuel Salamone, Sabrina Vicari,Marta Zollet
Dirigent
Francesco Cilluffo Regie Emma Dante
Wiederaufnahme von Federico Gagliardi
Bühnenbild Carmine Maringola Kostüme Vanessa Sannino
Licht Cristian Zucaro Choreografie Manuela Lo Sicco
Bühnenassistent Roberto Tusa Kostümassistentin Annamaria Ruocco
Orchestra della Svizzera italiana
Chor der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft
Chorleiter Donato Sivo Inszenierung Fondazione Teatro Comunale di Bologna Produktion LAC Lugano Arte e Cultura In Zusammenarbeit mit Orchestra della Svizzera italiana

Am LAC hat man in dieser neuen Saison das grosse Vergnügen, sogar zwei Opern am gleichen Abend zu erleben: Francis Poulencs ‘La Voix Humaine’ und Pietro Mascagnis ‘Cavalleria Rusticana‘; eine sehr interessante Kombination. Francesco Cilluffo leitet die Orchestra della Svizzera italiana, Donato Sivo den Coro della Radiotelevisione svizzera; die Inszenierung ist von Emma Dante (Wiederaufnahme von Federico Gagliardi).

Ein atypisches Doppelprogramm

La voix humaine Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci
La voix humaine Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci

Die Aneinanderreihung von zwei Opern am gleichen Abend findet oft eine dramaturgische Erklärung in der Tatsache, dass diese Werke zu kurz sind, um einzeln inszeniert zu werden. Obwohl es Bemühungen immer wieder gibt, auch neue Kombinationen zu wagen, wird ‘Cavalleria rusticana’ meistens mit Ruggero Leoncavallos ‚Pagliacci’ aufgeführt; ‚La Voix humaine’ wird hingegen fast immer am gleichen Abend vor oder nach Béla Bartóks ‚Herzogs Blaubart Burg’ inszeniert. Hier am LAC versucht man dieses Jahr mit einer eigentlich atypischen jedoch sehr eindrucksvollen Verbindung: was die Bühnenwirkung betrifft, eine erfolgreiche Lösung.

Das Scheitern von Liebesbeziehungen 

La voix humaine Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci
La voix humaine Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci

Um das Scheitern von einer Beziehung geht es in Francis Poulencs ‘La Voix Humaine’ (‘Die menschliche Stimme’), einem Einakter von 1959, der auf Jean Cocteaus gleich betitelten Monolog (1930) basiert. Eine Frau wird von ihrer grossen Liebe verlassen; aus diesem Grund hat sie schon einmal erfolglos versucht, sich umzubringen. Ganz allein in ihrem Zimmer wartet sie jetzt auf den Anruf des Geliebten. Und das Telefon läutet……Um das Scheitern von Liebesbeziehungen geht es ebenfalls in der 1890 uraufgeführten ‘Cavalleria rusticana‘ (Libretto von Giovanni Targioni-Tozzetti/Guido Menasci nach dem Schauspiel und der Novelle von Giovanni Verga). Santuzza liebt den jungen Bauern Turiddu, der aber seine ehemalige Verlobte Lola wieder begehrt. Diese hat inzwischen den reichen Fuhrmann Alfio geheiratet, obwohl sie Turiddu immer noch liebt. Die unglückliche, eifersüchtige Santuzza, die ein Kind von Turiddu erwartet, erzählt Alfio von Lolas Beziehung zu ihrem alten Verlobten….

Ein musikalisch faszinierender Abend

La voix humaine Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci 1
La voix humaine Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci

In ‚La Voix humaine‘ drückt Poulenc die Komplexität menschlicher Kommunikation musikalisch aus, indem er, wie auch Cocteau perfekt tut, mit der realen oder mentalen An- und Abwesenheit spielt. Dazu benutzt er Pausen, die sowohl auf technische Störungen als auch auf zwischenmenschliche Sprachlosigkeit hinweisen. Francesco Cilluffos Dirigat ist diesbezüglich sehr präzis. Der italienische Maestro und Komponist ist auch sehr differenziert und bewegt sich mühelos zwischen leichteren kammermusikalischen  Passagen und anderen, die durchaus symphonisch tönen. Auch im zweiten Teil des Abends gelingt es Cilluffo und dem Orchester, dem Publikum alle wunderschönen, zarten, melodischen und sehr populären Momente von ‚Cavalleria rusticana‘ mühelos zu bieten. 

Grossartige Leistung der SängerInnen

Cavalleria rusticana Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci
Cavalleria rusticana Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci

Anna Caterina Antonacci als Protagonistin in Poulencs ‚La Voix humaine‘ ist einfach grandios. Das Repertoire der italienischen Sängerin hat die französischen Opern als Schwerpunkt, aber es deckt auch ein breites Spektrum an Mezzosopran- und Sopranrollen vom Frühbarock bis hin zu Musik des 20. Jahrhunderts ab. Mit ihrer flexiblen, runden, mal dramatischen mal lyrischen Stimme gelingt es der italienischen Sängerin am LAC immer, sich gegen das Orchester zu behaupten; besonders, gelingt es ihr, sowohl Verzweiflung und Verletzlichkeit als auch Grösse und Würde der unglücklichen, verlassenen Frau zu zeigen. Auch in ‚Cavalleria Rusticana’ bieten die SängerInnen eine fantastische Leistung. Stimmlich grandios ist Stefano La Colla als Turiddu; der italienische Tenor zeichnet mit Feuer die Auseinandersetzungen mit Santuzza und mit den anderen Figuren der Oper, aber mit grosser Sensibilität und Schmerz diejenige mit Mamma Lucia; diese wird mit grossartiger Altstimme von Agostina Smimmero verkörpert. Ebenfalls immer gut sowohl die Mezzosopranistin Lucrezia Drei als hübsche, kokette Lola als auch der charismatische Dalibor Jenis in der Rolle von Alfio, der stimmlich schon mit ’Il Cavallo scalpita’ das Publikum begeistert. Die schauspielerisch überzeugende Veronica Simeoni als Santuzza neigt hingegen oft zu Schärfen im hohen Register. Grossartig die Leistung des von Donato Sivo perfekt vorbereiteten Coro della Radiotelevisione Svizzera.

Eine sehr interessante Inszenierung

Cavalleria rusticana Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci
Cavalleria rusticana Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci

Für Emma Dante befindet sich die Protagonistin der ‚Voix humaine‘ in einem Krankenhaus oder in einer psychiatrischen Klinik. Sie stellt sich nur vor, (in der Inszenierung von Emma Dante) am Telefon mit ihrem Liebhaber zu reden, und das Telefonkabel ist tatsächlich nicht eingesteckt. Es ist, als ob die Regisseurin glauben würde, eine verlassene Frau kann verzweifelt und ausser sich sein, nur wenn sie krank oder verrückt ist. Was die Inszenierung von ‚Cavalleria rusticana‘ betrifft, wählt die Regisseurin eine sehr genaue und differenzierte Personenführung, und dies von der ersten Szene bis zum berühmten Schrei ‚Hanno ammazzato Compare Turiddu‘. Ihr Konzept wird aber vor allem durch Carmine Maringolas eloquentes Bühnenbild, Cristian Zucaros pünktliches Light Design, Vanessa Sanninos bunte Kostüme und die (manchmal überflüssigen) Manuela Lo Siccos Choreographien.

Cavalleria rusticana Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci
Cavalleria rusticana Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci

Das total begeisterte Publikum am LAC honorierte die Sänger besonders, aber auch Francesco Cilluffo, die Orchestra della Svizzera Italiana und das Regieteam mit einem langen, starken, verdienten Applaus.

Text: https://marinellapolli.ch/

Fotos   Andrea Ranzi, Studio Casaluci  https://www.luganolac.ch/it/lac/home

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Cavalleria rusticana Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci

La voix humaine Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci

Cavalleria rusticana Szenefoto von Andrea Ranzi, Studio Casaluci

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Münchner Philharmoniker | Lahav Shani | Lisa Batiashvili, KKL Luzern, 11.9.2025, besucht von Léonard Wuest

Lisa Batiashvili Foto Manuela Jans Lucerne Festival

Münchner Philharmoniker Foto Lucerne Festival

Die Münchner Philharmoniker mit Solistin Lisa Batiashvili Foto Patrick Hürlimann

Dirigent Lahav Shani Foto Lucerne Festival

Besetzung und Programm:
Münchner Philharmoniker
Lahav Shani Dirigent
Lisa Batiashvili Solistin Violine
Ludwig van Beethoven (1770–1827)
Violinkonzert D-Dur op. 61
Franz Schubert (1797–1828)
Sinfonie Nr. 7 h-Moll D 759 Die Unvollendete
Richard Wagner (1813–1883)
Vorspiel zum Ersten Aufzug und Isoldens Liebestod aus Tristan und Isolde

Ludwig van Beethoven Violinkonzert D-Dur op. 61

Klassische Größe mit frischem Atem

Ludwig van Beethovens Violinkonzert in D-Dur op. 61 gehört zu den Monumenten des Repertoires – eine Verbindung von edler Form, lyrischer Tiefe und technischer Brillanz. In der Aufführung mit den Münchner Philharmonikern unter Lahav Shani und der Solistin Lisa Batiashvili erklingt das Werk mit einer Mischung aus nobler Klarheit, innerer Spannung und moderner Frische. Es ist kein historisierender Beethoven – sondern ein lebendiger, atmender, dialogischer.

Ein erster Satz voller Weite und Eleganz

Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann
Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann

Der weit gespannte Kopfsatz wird von Shani mit großem Atem und kluger Dramaturgie aufgebaut. Die Münchner Philharmoniker spielen mit klarer Struktur, dabei stets warm im Ton und mit feinen dynamischen Abstufungen. Lisa Batiashvili gestaltet ihren Part mit eleganter Ruhe und technischer Souveränität, ohne sich je in virtuosem Glanz zu verlieren. Ihre Kantilenen singen, ihre Läufe fließen – alles klingt natürlich, frei und dabei doch hoch konzentriert.

Feinsinniges Zwiegespräch im Larghetto

Im Larghetto zeigt sich die ganze Stärke dieser Interpretation: Reduktion, Ausdruck und Klangbewusstsein. Batiashvilis Ton ist warm, fast kammermusikalisch intim. Die Zurückhaltung wird nie zur Schwäche, sondern zur Stärke – das Orchester begleitet mit atmender Präsenz, nie bloß begleitend, sondern in empfindsamer Partnerschaft. Shani versteht es, dem Satz Ruhe zu lassen, ohne ihn ins Statische kippen zu lassen.

Finale mit tänzerischer Leichtigkeit

Der dritte Satz, das Rondo, bringt rhythmische Energie und Eleganz in Einklang. Batiashvili verleiht ihm eine tänzerische Beweglichkeit, frei von Kraftmeierei, immer mit stilistischer Sicherheit und einem Augenzwinkern. Shani und das Orchester halten die Balance zwischen Antrieb und Transparenz – die Musik bewegt sich geschmeidig, wirkt stets durchhörbar und lebendig.

Ein Beethoven voller Leben und Charakter

Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann
Lisa Batiashvili und die Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann

Diese Interpretation des Violinkonzerts lebt von musikalischer Reife, partnerschaftlichem Musizieren und tiefer Werkkenntnis. Lisa Batiashvili überzeugt nicht nur als Virtuosin, sondern als Geschichtenerzählerin auf der Geige. Lahav Shani und die Münchner Philharmoniker sind ihr dabei ein sensibler, klangsinnlicher Partner. Ein Beethoven fern jeder Routine – klar, menschlich, und voll zeitloser Schönheit.

Das sachkundige Publikum würdigte die Ausführenden mit einem stürmischen, langanhaltendem Applaus.

Die gebürtige Georgierin (*1979) Lisa Batiashvili, die Ehrendoktorin der Sibelius-Akademie in Helsinki ist, spielt auf einer Guarneri del Gesù aus dem Jahr 1739.

Franz Schubert Sinfonie Nr. 7 h-Moll D 759 Die Unvollendete

Schuberts Fragment mit voller Ausdruckskraft

Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann
Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann
Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann
Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann

Franz Schuberts Sinfonie Nr. 7 h-Moll D 759, bekannt als Die Unvollendete, zählt zu den rätselhaftesten und zugleich eindrucksvollsten Werken der Romantik. In der Interpretation durch die Münchner Philharmoniker unter Lahav Shani entfaltet sich das nur aus zwei Sätzen bestehende Werk als emotional tiefes, klanglich fein ausbalanciertes Musikdrama. Shani nähert sich dem Werk nicht als unvollendetes Fragment, sondern als geschlossene Aussage von großer innerer Geschlossenheit.

Ein erster Satz voll innerer Spannung

Der Allegro moderato beginnt bei Shani mit zarter Zurückhaltung, fast tastend – und entwickelt sich nach und nach zu einer dramatisch aufgeladenen Klanglandschaft. Die Münchner Philharmoniker zeigen hier eine hervorragende Klangbalance: warme, tragende Streicher, präzise Holzbläser und ein sonor eingebettetes Blech. Der israelische Dirigent versteht es, die Gegensätze von Licht und Schatten, Drängen und Innehalten subtil auszubalancieren, ohne in Sentimentalität zu verfallen.

Lyrische Tiefe im Andante

Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann
Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann

Der zweite Satz, Andante con moto, wird zu einem melancholisch schimmernden Ruhepol. Die kantablen Melodien entwickeln sich unter Shanis Leitung mit natürlichem Atem. Er formt Phrasen mit großer Aufmerksamkeit für Dynamik und Farbnuancen. Die innere Spannung bleibt dabei stets spürbar – als Ahnung einer Geschichte, die nicht zu Ende erzählt wird. Besonders eindrucksvoll: die feine Abstimmung zwischen den Instrumentengruppen, die das Seelenleben dieser Musik hörbar macht.

Ein bewusster Umgang mit dem Fragment

Shani nimmt Schuberts „Unvollendete“ nicht als Torso, sondern als vollendeten Ausdruck eines musikalischen Gedankens. Ohne den Wunsch nach Ergänzung oder Deutung schafft er eine Interpretation, die den poetischen Gehalt des Werks in den Mittelpunkt stellt. Ein Schubert, der sich nicht erklären will – sondern mit stiller Kraft wirkt.

Richard Wagner Vorspiel zum Ersten Aufzug und Isoldens Liebestod aus Tristan und Isolde

Ekstatische Klangwelten

Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann
Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann

Richard Wagners Vorspiel und Isoldens Liebestod aus Tristan und Isolde gehören zu den emotional dichtesten und harmonisch kühnsten Orchesterstücken der Romantik. In der Interpretation der Münchner Philharmoniker unter Lahav Shani entfaltet sich dieser musikalische Kosmos mit beeindruckender Intensität. Der Dirigent wählt einen zupackenden, aber atmenden Zugang, der Wagners radikale Harmonik nicht nur analytisch freilegt, sondern in sinnlicher Spannung auflädt.

Vorspiel: Sehnsucht ohne Erlösung

Der berühmte Beginn mit dem legendären, mystifizierten „Tristan-Akkord erklingt bei Shani nicht als bloßer Meilenstein der Musikgeschichte, sondern als offener, schwebender Ausdruck reiner Sehnsucht. Die Münchner Philharmoniker spielen mit feinem Gespür für Spannung und klangliche Transparenz. Der Dirigent gestaltet die Steigerungen mit großer Geduld, lässt Pausen atmen, Spannungsbögen wachsen – ein ständiges Streben nach Auflösung, das sich nie erfüllt. So entsteht eine mitreißende Darstellung der psychologischen Dramatik.

Liebestod: Verklärung im Klang

Im Liebestod gelingt es Shani, Wagners Musik zwischen Klangfülle und Innerlichkeit auszubalancieren. Die Streicher leuchten in warmem, sehnsuchtsvollem Klang, die Holzbläser setzen glühende Farbakzente. Besonders eindrucksvoll ist der langsame, kontrollierte Aufbau der finalen Steigerung: Kein bloßer Klangrausch, sondern ein gezielt geführtes Aufblühen bis zur letzten, erlösenden Kadenz.

Wagner mit klarem Blick und Gefühl

Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann
Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann

Der Münchner Interpretation vermeidet jede Übertreibung oder Sentimentalität – sie ist klar strukturiert, dabei voller Ausdruckskraft. Die Münchner Philharmoniker folgen ihm mit großer Klangdisziplin und feiner Emotionalität. So wird Wagners Musik nicht zum Selbstzweck, sondern zu einem tiefen, fast meditativen Erlebnis: zwischen Spannung, Hingabe und Verklärung. Ein Wagner voller Licht und Tiefe, dessen Ende irgendwie auch dem diesjährigen Festivalmotto „open end“ entspricht, da nicht als kontinuierlich Spannung aufbauendes, mächtiger werdendes Finale von Wagner komponiert , sondern quasi als „fade out“, was auch die atemlose Stille des Auditoriums erklärt, die sich erst nach ein paar, endlos scheinenden Sekunden in stürmischem Applaus Bahn bricht.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Priska Ketterer, Peter Fischli und Patrick Hürlimann  www.lucernefestival.ch

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Solistin und Dirigent geniessen den Applaus Foto Patrick Hürlimann

Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann

Münchner Philharmoniker Konzertfoto von Patrick Hürlimann

Solistin Violine Lisa Batiashvili Foto Lucerne Festival

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