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Menschliches Gewebe bleibt unverzichtbar – auch wenn es jetzt eine neue künstliche Augenhornhaut gibt

Patientinnen und Patienten warten hierzulande immer noch bis zu einem Jahr
auf eine neue Hornhaut, um wieder sehen zu können. Seit kurzem ist nun
auch in Deutschland eine Teilhornhaut aus Kunststoff verfügbar, die in
ausgewählten komplizierten Fällen zum Einsatz kommt. „Ein solches
Kunstimplantat ist zweifellos ein großer Fortschritt“, sagt Professor Dr.
med. Claus Cursiefen, Generalsekretär der Deutschen Ophthalmologischen
Gesellschaft e.V. (DOG). „Dennoch ist humanes Gewebe in der Regel immer
noch um Lichtjahre besser.“ Der Hornhautspezialist ruft daher zum Tag der
Organspende alle Spendewilligen auf, sich ins Organspenderegister
einzutragen oder sich einen Spenderausweis zuzulegen.

Die neue künstliche Hornhaut „EndoArt“ wurde in Israel entwickelt und ist
seit 2021 auch in Europa zugelassen. EndoArt besteht aus hydrophilem
Acrylat, einem kontaktlinsenähnlichen Material. „Diese Kunsthornhaut wird
nur bei ganz schwer erkrankten Augen eingesetzt, beispielsweise bei
komplizierten Formen des Grünen Stars mit Drainageschläuchen, bei starken
Schwellungen oder in Fällen, bei denen ein menschliches Teil-Transplantat
mehrfach abgestoßen wurde“, erläutert der DOG-Generalsekretär, der auch
als Direktor des Zentrums für Augenheilkunde der Universität Köln tätig
ist. Weil EndoArt aus Kunststoff besteht, bleiben hier
Abstoßungsreaktionen aus.

Das Kunstimplantat, berichtet Cursiefen, bewirke eine langsame
Verbesserung der Sehschärfe. „Im Vergleich zu einem Transplantat aus
humanem Gewebe erzielt die Kunsthornhaut vielleicht ein Drittel an
Sehschärfe-Verbesserung“, erläutert der DOG-Experte. Doch die Patientinnen
und Patienten, die unter hohem Leidensdruck stehen, seien zufrieden. „Ihre
Hornhaut wird klarer, auch starke Schwellungen gehen zurück“, so
Cursiefen. Implantiert wird die Kunsthornhaut wie eine Kontaktlinse, die
man an die körpereigene Hornhautinnenseite andrückt und mit einem feinen
Faden fixiert. EndoArt steht allen Versicherten zur Verfügung, die
Implantation erfolgt an spezialisierten Hornhautzentren.

In der weit überwiegenden Zahl aller Fälle bleibt jedoch humanes Gewebe
die beste Option, eine menschliche Augenhornhaut zu ersetzen. „Leider gibt
es immer noch zu wenig Hornhautspenden, und wir müssen Transplantate aus
dem Ausland beziehen“, betont Cursiefen. Vor diesem Hintergrund ruft der
DOG-Generalsekretär auf, über die eigene Spendenbereitschaft nachzudenken
und die Entscheidung – wie auch immer sie ausfällt – in das neue digitale
Organspende-Register einzutragen. „Entscheidend ist die Dokumentation der
eigenen Entscheidung zu Lebzeiten. Das macht es Angehörigen und Ärzten
später sehr viel einfacher“, betont Cursiefen. Wem ein Organspende-Ausweis
lieber ist, kann das auf der Seite ebenfalls in die Wege leiten.

Eine Hornhautspende ist ein unauffälliger und unkomplizierter Eingriff.
„Die Gewebeentnahme ist nicht entstellend und für den Laien optisch nicht
erkenntlich“, betont Cursiefen. Für eine Hornhautspende kommt fast jeder
in Frage: Sie ist bis zu 72 Stunden nach dem Tod möglich, trotz hohem
Alter und Vorerkrankungen wie Grauer Star, Hornhautverkrümmung, Weit- oder
Kurzsichtigkeit. Ihre Wirkung ist dauerhaft, denn ein Transplantat hält
heute durchschnittlich zwanzig Jahre oder mehr, und nur bei weniger als
fünf Prozent der Transplantierten kommt es – abhängig von der eingesetzten
Operationstechnik und der Ausgangssituation – innerhalb der ersten zwei
Jahre zu einer Abstoßungsreaktion.

Zudem gibt ein Transplantat öfters sogar zwei Menschen das Augenlicht
zurück, die durch Hornhauterkrankung oder Augenverletzung erblindet sind.
Möglich wird dies durch das Split-Cornea-Konzept, nach dem das gespendete
Hornhautgewebe geteilt und auf mehrere Empfangende verteilt wird.
„Hintergrund dieser Option ist die neue minimalinvasive Operationstechnik,
so dass wir nur noch den Teil der Hornhaut austauschen, der erkrankt ist,
und nicht wie früher die ganze Hornhaut“, erläutert Cursiefen.

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Statement: Weltnichtrauchertag am 31. Mai: Neustart in der Tabakpolitik notwendig

Suchtforscher Prof. Dr. Heino Stöver sieht Alternativen zum Rauchen von
Tabak

Laut der vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Studie zum
Rauchverhalten (DEBRA) konsumieren über 30 Prozent der deutschen
Bevölkerung Zigaretten. Bei den 18- bis 24-Jährigen sind es sogar fast 40
Prozent. Demgegenüber liegt die Quote für die Nutzung von E-Zigaretten bei
1,8 Prozent. Dennoch konzentriert sich die öffentliche Kommunikation der
Gesundheitspolitik vor allem auf eine vermeintlich hohe Verbreitung von
E-Zigaretten. Suchtforscher Prof. Dr. Heino Stöver, Leiter des Instituts
für Suchtforschung Frankfurt (ISFF) an der Frankfurt University of Applied
Sciences (Frankfurt UAS), sieht darin eine Schieflage der Debatte, die das
tatsächliche Problem ignoriere: „Angesichts dieser dramatischen Zahlen
muss das Ziel klar sein: die Menschen um jeden Preis von der Zigarette
wegzubekommen. Die üblichen Flyer und Raucher*innentelefone reichen
offensichtlich nicht aus. Was wir brauchen, ist ein pragmatischer Ansatz,
um Raucher*innen von der schädlichsten aller Konsumformen, dem Rauchen von
Tabak, wegzubekommen.“ Ob hier Kaugummis, Verhaltenstherapien oder
risikoärmere Aufnahmeformen wie Tabakerhitzer, E-Zigaretten oder
Nikotinbeutel bzw. eine Kombination unterschiedlicher Maßnahmen den
Übergang ins rauchfreie Leben ebnen, sei laut Stöver zweitrangig. „Fakt
ist, dass wir pragmatisch handeln müssen. Es muss endlich etwas passieren,
sonst stehen wir auch beim Weltnichtrauchertag 2044 noch am selben Punkt.“

Der Suchtforscher ergänzt: „Der große Wurf wird uns nicht von jetzt auf
gleich gelingen. Stattdessen braucht es viele kleine Schritte, um die
Zigarette langfristig zu besiegen. Die Strategie der Schadensminimierung
(engl. Harm Reduction) wird im Bereich der ‚harten‘ Drogen erfolgreich
angewendet und steht auch so im Koalitionsvertrag. Das heißt, den
Konsument*innen wird eine weniger schädliche Konsumform ermöglicht. Wir
sollten auch den Tabak als ‚harte‘ Droge sehen und entsprechend handeln.
Jede nicht gerauchte Zigarette ist ein Erfolg.“

Stöver weiter: „Für mich sind die schwedischen Zahlen zur geringen
Krebshäufigkeit die zentralen Parameter einer gelungenen
Tabakkontrollpolitik. Schweden ist nicht nikotinfrei, hat mit Snus – also
Oraltabak – und Nikotinbeuteln aber ein wahres Kunststück vollbracht –
nämlich ein nahezu rauchfreies Land zu werden. Die EU leistet sich aber
dennoch weiterhin eine paradoxe Tabakkontrollpolitik: Zigaretten sind
überall verfügbar, obwohl sie erwiesenermaßen bis zu zwei Drittel ihrer
langjährigen Anwender*innen töten. Ein risikoreduziertes Produkt wie Snus
aber ist, außer in Schweden, EU-weit verboten, obwohl es nachweislich das
Tabakelend lindert sowie Krankheiten und den Tod zurückdrängt. Das ist zu
eindimensional und offensichtlich seit Jahrzehnten nicht erfolgreich.“

Nur durch ein grundlegendes Umdenken nach schwedischem Vorbild könne die
Bundesregierung ihre selbstgesteckten Ziele erreichen, so der
Suchtforscher. Andernfalls bleibe 'commit to quit' für viele
Konsument*innen nur ein Wunsch, der mangels Unterstützung nicht in
Erfüllung gehe, meint Stöver.

Zum ISFF:
Das Institut für Suchtforschung (ISFF) an der Frankfurt University of
Applied Sciences wurde 1997 ins Leben gerufen von Prof. Dr. Volker Happel,
Prof. Dr. Dieter Henkel und Prof. Dr. Irmgard Vogt. Es sieht seine Aufgabe
darin, Sucht in ihren verschiedenen Erscheinungsformen sowie die mit Sucht
in Zusammenhang stehenden Probleme und Aspekte zu erforschen. Das Institut
fördert den Ausbau von interdisziplinären Beziehungen zu
Kooperationspartnern auf regionaler, nationaler, europäischer und
internationaler Ebene. Forschungsprozesse und -resultate sollen in Lehre
und Studium Berücksichtigung finden und nutzbar gemacht werden.

Seit dem Sommersemester 2009 ist Prof. Dr. Heino Stöver Professor an der
Frankfurt UAS (ehemals Fachhochschule Frankfurt am Main), Fachbereich 4 –
Soziale Arbeit und Gesundheit (Schwerpunkt Sozialwissenschaftliche
Suchtforschung). Seit 1. September 2009 ist er geschäftsführender Direktor
des ISFF.

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Spenderorganmangel: Deutsche Herzstiftung befürwortet Initiative zur Widerspruchslösung

Organspenden scheitern zu oft an fehlender Zustimmung. Einführung der
Widerspruchslösung dringend notwendig, um Lücke an Spenderherzen zu
verringern und Leben zu retten / Zum Tag der Organspende

Jedes Jahr fehlen in Deutschland mehrere Tausend Spenderorgane. Dieser
extreme Spenderorganmangel ist alarmierend. Denn er ist fatal für schwer
und teils sterbenskranke Kinder und Erwachsenen, die auf Intensivstationen
und auf den Wartelisten für eine Transplantation auf ein neues Organ
hoffen. Die Situation ist seit vielen Jahren angespannt. Und auch nach dem
Start des Organspende-Registers im März und trotz Einführung der
erweiterten Zustimmungslösung im Jahr 2020 findet Deutschland nicht aus
seinem eklatanten Missverhältnis zwischen gespendeten und dringend
benötigten Organspenden heraus: 2023 wurden 2.877 Organe (Herz, Lunge,
Niere, Leber, Pankreas) postmortal gespendet, während auf den Wartelisten
Menschen für 8.716 dringlich benötigte Organe (davon Herzen: 690) standen.
Versuche der Bundesregierung, diesen Missstand zu ändern und eine spürbare
Zunahme an Spenderorganen zu bewirken, schlugen bislang fehl. „Weder
Aufklärungskampagnen noch die gesetzlich verankerte Zustimmungslösung
konnten diesen dramatisch anhaltenden Engpass an Spenderorganen beenden.
Somit müssen weiterhin wegen eines fehlenden Spenderorgans wie Herz oder
Lunge Patienten vorzeitig sterben oder spürbar an Lebensqualität einbüßen,
weil sie dauerhaft an ein Herzunterstützungssystem gebunden sind“, warnt
der Herzchirurg und Transplantationsmediziner Prof. Dr. Jan Gummert,
Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung. „Wir sehen weiterhin die
Einführung der Widerspruchslösung – auch aufgrund der Erfolge anderer
europäischer Länder nach deren Einführung – als die entscheidende
Maßnahme, um endlich in Deutschland die Situation der Organspende
nachhaltig zu verbessern“, betont der Herzstiftungs-Vorstand und Direktor
der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie am Herz- und
Diabeteszentrum NRW, Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum, Bad
Oeynhausen. „Wir befürworten ausdrücklich die Initiative des Bundesrats,
der die Bundesregierung durch einen Entschließungsantrag aufgefordert hat,
die Widerspruchslösung in das Transplantationsgesetz aufzunehmen.“
In über 20 europäischen Ländern gilt die Widerspruchslösung. Länder mit
Widerspruchslösung wie Spanien, Österreich und Kroatien weisen deutlich
mehr Organspenderinnen und Organspender auf als Deutschland. In Spanien
mehr als viermal so viele, in Österreich und Kroatien mehr als doppelt so
viele (1). Das Widerspruchs-Prinzip besagt: Wer eine Organspende nicht
ausdrücklich verweigert, steht als Spender grundsätzlich zur Verfügung,
wobei die Angehörigen ein Veto einlegen können. Die Herzstiftung bietet
einen kostenfreien Organspendeausweis unter
www.herzstiftung.de/organspendeausweis

Zahl der Spenderherzen gesunken
Die Deutsche Herzstiftung und Herzchirurgen wie Prof. Gummert, der das
größte Herztransplantationszentrum in Deutschland leitet, sehen die
geringe Zahl der Spenderherzen in Deutschland mit äußerster Besorgnis,
denn diese bewegt sich seit Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau. Bei
den postmortal gespendeten Herzen sank sie laut Deutscher Stiftung
Organtransplantation (DSO) um 2,9 Prozent von 312 (2022) auf 303 im Jahr
2023. Entsprechend dramatisch ist die Kluft zwischen der Zahl verfügbarer
Organe für eine Transplantation und der Zahl herzkranker Menschen auf den
Wartelisten. Für ein Herz befanden sich 2023 insgesamt 1.094 Personen auf
der Warteliste (davon 2023 auf die Warteliste aufgenommen: 485 Menschen),
nur 330 Herztransplantationen wurden durchgeführt; ein Jahr zuvor waren es
noch 358 Herzverpflanzungen. Bei Kindern unter 16 Jahren wurden 32
Herztransplantationen (2023) durchgeführt. 27 Herztransplantationen der
insgesamt 330 kamen dank importierter Herzen aus Ländern des
Eurotransplant-Verbunds –alles Länder mit Widerspruchslösung – zustande.
„Schwer herzkranke Patienten mit einer Herzinsuffizienz auf den
Intensivstationen verbleiben daher ohne die dringlich benötigte
Herztransplantation auf der Warteliste“, erklärt Herzstiftungs-Vorstand
Prof. Gummert.

Organmangel auch wegen fehlender dokumentierter Zustimmungen
In Deutschland gilt die Zustimmungslösung. Organe oder Gewebe dürfen nur
entnommen werden, wenn die verstorbene Person dem zu Lebzeiten zugestimmt
hat. Nach dem Tod der Person können stellvertretend die nächsten
Angehörigen ihre Zustimmung geben, wenn der oder die Verstorbene zu
Lebzeiten keine Entscheidung getroffen oder dokumentiert hat. Ein Problem,
das die DSO für den Rückgang der Organspenden anführt: Es fehlt häufig an
eindeutigen Einwilligungen der Verstorbenen. Und nach dem Tod ist es
ethisch auch sehr schwer, direkt bei den Angehörigen nach der Organspende
zu fragen. Nach einer aktuellen Umfrage der Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung (BzgA) befürworten zwar rund 84 Prozent der
Bundesbürger zwischen 14 und 75 Jahren eine Organ- und Gewebespende und
immerhin rund 44 Prozent dokumentieren ihre Spendebereitschaft sogar
schriftlich (2). Untersuchungen zeigen allerdings, dass ihr Wille im
Krankenhaus dennoch vielfach unbekannt bleibt, „weil Ausweise oder andere
Dokumente nicht auffindbar sind“, berichtet die DSO. Eine Untersuchung in
sieben Unikliniken habe ergeben, dass der schriftliche Wille nur in zehn
Prozent der Fälle vorlag (3). „Wenn bei fehlender schriftlicher
Willensbekundung der verstorbenen Person die Angehörigen in einer seelisch
ohnehin sehr schwierigen Situation selbst über die Spende entscheiden
müssen, lehnen sie häufig ab“, berichtet Prof. Gummert. Laut DSO ist die
fehlende Zustimmung durch Angehörige einer der Hauptgründe, warum eine
Spende bei potenziellen Organspendern nicht stattgefunden hat.

Organspende-Register: „Kein nennenswerter Effekt, weil zu kompliziert“
Ob das im März gestartete Organspende-Register zu einer Trendumkehr
beitragen und für eine Zunahme der Spenderorgane sorgen kann, bleibt
abzuwarten. Ab dem 1. Juli 2024 sollen Entnahmekrankenhäuser online in der
Lage sein, im Register hinterlegte Erklärungen zu suchen und abzurufen.
Experten wie Klinikdirektor Gummert sind allerdings skeptisch. Seiner
Einschätzung nach wird das Register „keinen nennenswerten Effekt“ auf die
Spenderorganzahlen haben, „weil es auf freiwilliger Basis läuft und zu
kompliziert ist“, so Gummert. Letzteres betrifft besonders die technisch
wenig affinen Menschen, da für die Eingabe der Willensbekundung ein
Personalausweis mit Onlinefunktion und Pin benötigt wird. „Was nützt ein
Register mit nur 20-prozentiger Vollständigkeit bei der Entscheidung der
Bevölkerung für oder gegen eine Organspende?“, gibt der Herzchirurg zu
bedenken. „Jeder sollte auf alle Fälle weiterhin seinen Organspendeausweis
bei sich tragen und auch seine nächsten Angehörigen über seine
Entscheidung und deren Dokumentation informieren“, empfiehlt der
Herzstiftungs-Vorstand.

„Wir brauchen einen Kulturwandel bei der Organspende“
Deutschland, das seit Jahren mehr Organe importiert als exportiert,
profitiert von den verhältnismäßig höheren Spendezahlen der Nachbarländer.
Während 490 Organe aus Ländern des Eurotransplant-Verbundes im Jahr 2023
importiert wurden, erhielten diese nur 384 Organe aus Deutschland (DSO).
„Daran sehen wir, dass sich unter den derzeitigen Bedingungen nur mit
Hilfe von Spenderorganen aus dem Ausland – wohlgemerkt alles Länder mit
Widerspruchslösung – auch die Zahl der transplantierten Herzen erhöhen
lässt“, so Gummert. Dieser Organ-Import sei moralisch fragwürdig, solange
sich Deutschland gegen eine Widerspruchslösung entscheide, so der
Herzchirurg. Deutschland hat als einziges Mitgliedsland von Eurotransplant
keine Widerspruchslösung. „In vielen Teilen der Bevölkerung fehlt leider
das Selbstverständnis dafür, dass eine Organspende nach dem Tod eines
Menschen das Leben eines anderen Menschen rettet. Wir brauchen daher in
Deutschland einen Kulturwandel bei der Organspende. Die Widerspruchslösung
wäre ein möglicher Schritt dahin.“
(wi)

Literatur:
(1) Quelle: IRODaT 2023, zitiert nach BZgA, abgerufen am 23.05.24:
https://www.organspende-info.de/zahlen-und-fakten/statistiken/

(2) Zimmering, R. et al. (2023). Bericht zur Repräsentativstudie 2022
„Wissen, Einstellung und Verhalten“, zitiert nach DSO-Jahresbericht 2023:
https://www.dso.de

(3) Englbrecht JS.: Advance directives and consent to organ donation in
seven university hospitals in North Rhine–Westphalia — a retrospective,
multicenter analysis. Dtsch. Arztebl. Int. 2023; 120: 133–4. DOI:
10.3238/arztebl.m2022.0367, zitiert nach DSO-Jahresbericht 2023:
https://www.dso.de

Service

Ein Organspendeausweis der Deutschen Herzstiftung kann kostenfrei unter
https://herzstiftung.de/organspendeausweis (E-Mail:
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.) angefordert werden.

Podcast der imPULS-Reihe:
„Ein neues Herz - Warum es bei der Organspende hakt“:
https://herzstiftung.de/service-und-aktuelles/podcasts/neues-herz-warum-
organspende

"Herzinsuffizienz: Letzter Ausweg Herztransplantation?":
https://herzstiftung.de/service-und-aktuelles/podcasts/letzer-ausweg-
herztransplantation

Weitere Infos zur Organspende sind abrufbar unter www.herzstiftung.de und
https://herzstiftung.de/podcasts

Infos zum Organspende-Register: https://www.organspende-info.de
/organspende-register/

BZgA: www.organspende-info.de

Daten & Fakten
Die häufigsten Ursachen und Indikationen für eine Herztransplantation
sind:
-       schwerwiegende Herzmuskelerkrankungen (Kardiomyopathien)
-       die koronare Herzkrankheit (KHK), die Grundkrankheit des
Herzinfarkts
-       weitere chronische Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems wie
Herzmuskelentzündung (Myokarditis).
-       Angeborene Fehlbildungen des Herzens

Hauptursachen für die Entwicklung einer schweren Herzinsuffizienz sind im
Kindes-, Jugend- und jungen Erwachsenenalter ein Versagen des Herzmuskels
im Endstadium (z. B. nach Herzmuskelentzündung, Kardiomyopathien) und
komplexe angeborene Herzfehler im terminalen Herzkreislaufversagen.
Für Patientinnen und Patienten mit schwerer Herzschwäche
(Herzinsuffizienz) im Endstadium ist die Herztransplantation eines
Spenderorgans Goldstandard.

Herztransplantation die bessere Option als Herzersatzverfahren
Erfreulicherweise leben ca. 60 Prozent der Patienten zehn Jahre und länger
nach einer Herztransplantation. Bis zu 30 Prozent leben auch nach 20
Jahren noch mit ihrem neuen Herzen. Dank stetig weiterentwickelter und
innovativer Medikamente, vor allem Immunsuppressiva, verbessert sich das
Langzeitüberleben der Herztransplantierten kontinuierlich. Für das
komplexe menschliche Herz gibt es aktuell keinen kompletten
Kunstherzersatz. Die sogenannten Kunstherzen (Total Artificial Hearts,
TAH) sind noch im Frühstadium ihres Einsatzes beim Menschen, daher sind
weder mittelfristige Erkenntnisse noch Langzeitergebnisse verfügbar.
Auch die Transplantation eines tierischen Herzens (Xenotransplantation)
ist zurzeit keine Alternative. Für Patienten auf der Warteliste für ein
Spenderherz gibt es zwar bis zur Erholung des Herzmuskels oder zur
Überbrückung bis zur Herztransplantation die Option eines
Herzunterstützungssystems für die rechte, linke oder beide Herzkammern
(RVAD, LVAD, BVAD). Die Lebenserwartung mit einem Spenderherz ist
allerdings deutlich höher als mit dem häufigsten Herzunterstützungssystem
LVAD.

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Uniklinikum ruft Aktionsjahr der Patientensicherheit aus

Qualitäts- und Medizinisches Risikomanagement widmet sich dem Thema mit
zahlreichen Maßnahmen. | Aktionen sensibilisieren Mitarbeitende,
Patientinnen und Patienten sowie Angehörige. | Themen sind die Vermeidung
medizinischer Fehler, Patientenbeteiligung, Händehygiene und Forschung.

Das Jahr 2024 soll Mitarbeitenden der Hochschulmedizin Dresden einen
fokussierten Blick auf die Patientensicherheit geben. Die Direktion
Qualitäts- und Medizinisches Risikomanagement organisiert dafür
unterschiedliche Aktionen und Informationsangebote – ein Fachsymposium hat
nun einen breiten Blick auf das Thema, die Herausforderungen und mögliche
Lösungen gewährt. „Patientensicherheit ist hochaktuell und überaus
relevant für den täglichen Betrieb in einem Klinikum der
Maximalversorgung. Dieser Relevanz tragen wir Rechnung und setzen auf
umfassende Informationen und Sensibilisierung bei unterschiedlichen
Zielgruppen“, sagt Prof. Maria Eberlein-Gonska, Direktorin Qualitäts- und
Medizinisches Risikomanagement. „Nur wenn wir uns alle bewusst sind,
welchen Stellenwert Patientensicherheit auf unsere Arbeit hat, wenn wir
dazu unsere Erfahrungen und unser Wissen teilen, dann können wir die
Praxis auf ein noch sichereres Niveau heben“, sagt Prof. Michael Albrecht,
Medizinischer Vorstand am Uniklinikum Dresden.

Jedes Jahr erleiden 134 Millionen Menschen weltweit Schaden durch
medizinische Fehler. 50 Prozent davon sind vermeidbar, davon betreffen die
Hälfte Medikationsfehler. Bis zu zehn von 100 hospitalisierten Personen
bekommen mindestens eine Krankenhausinfektion. Diese beeindruckenden
Zahlen der Weltgesundheitsorganisation belegen die Relevanz der
Patientensicherheit. Für die Mitarbeitenden im Qualitätsmanagement am
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden ist sie integraler
Bestandteil der täglichen Arbeit. So ist zum Beispiel die
Patientenbeteiligung mitentscheidend für die Sicherheit der behandelten
Menschen. Diese gilt es unter anderem durch klare Informationen zum
Beispiel zur Händedesinfektion zu stärken. „Ereignismeldesysteme sind
außerordentlich hilfreich, um aus Fehlern zu lernen und die Sicherheit der
Patientinnen und Patienten kontinuierlich zu verbessern“, sagt Prof. Maria
Eberlein-Gonska, Direktorin Qualitäts- und Medizinisches Risikomanagement.
Das Universitätsklinikum bietet deshalb ein breites Spektrum an
Möglichkeiten, sich zu beteiligen. Über Infostelen, einen QR-Code sowie
Online-Tools können Mitarbeitende, Patientinnen und Patienten sowie
Angehörige vielfältiges Feedback geben. Nicht immer hat dies mit der
Patientensicherheit zu tun – auch Rückmeldungen zur Organisation wie zum
Beispiel zur Länge der Wartezeiten oder besonders freundlichem oder auch
unfreundlichem Personal bis hin zu Anfragen zu speziellen
Behandlungsmethoden kommen über die genannten Meldesysteme an. „Bei den
zahlreichen, bis zu 25.000 jährlichen Rückmeldungen spüren wir, dass die
Patientensicherheit im Bewusstsein der Menschen angekommen ist und
erhalten auch dazu immer mehr Feedback“, sagt Prof. Eberlein-Gonska.

Im Jahr der Patientensicherheit am Uniklinikum Dresden hat es unter
anderem bereits auf ausgewählten Stationen eine Punktprävalenzerhebung
durch die Krankenhaushygiene zum Verbrauch von Händedesinfektionsmitteln
gegeben. Die Ergebnisse werden regelmäßig dem Nationalen Referenzzentrum
für Surveillance für nosokomiale Infektionen (NRZ) innerhalb des Moduls
Hand-KISS gemeldet. Weiterhin wurde im Patienten-TV zur Händedesinfektion
informiert. Mitte Mai kamen 150 Teilnehmende beim Fachsymposium
Patientensicherheit zusammen. Unter anderem haben sie sich über die
Patientensicherheit mit Blick auf die Digitalisierung der klinischen
Arbeit sowie in der Hochpräzisions-Strahlentherapie ausgetauscht. Aspekte
des Themas wurden zudem für die Neurochirurgie und beim Strahlenschutz in
der Radiologie diskutiert. „Das Symposium hat uns allen vor Augen geführt,
wie vielfältig die Patientensicherheit zu betrachten ist. Wir müssen dabei
alle Berufsgruppen und Fachdisziplinen einbeziehen, um gemeinsam das
höchste Maß an Sicherheit zu gewährleisten“, sagt Prof. Maria Eberlein-
Gonska.

Schließlich findet zum Welttag der Patientensicherheit am 17. September im
Atrium des DINZ eine Posterausstellung unter dem Motto
„Patientensicherheit bedeutet für mich ...“ statt. Zudem wird ein
Publikationspreis „Patientensicherheit UKD 2024“ ausgeschrieben und ein
Fehlerquiz für die Beschäftigten im Intranet angeboten. „Jede Handlung,
die zur Patientensicherheit beiträgt, verdient Anerkennung und
Wertschätzung. Deshalb wollen wir nicht nur dafür sensibilisieren, sondern
die Mitarbeitenden motivieren, sich daran selbst zu beteiligen und
eigeninitiativ die Patientensicherheit zu fördern“, sagt Prof. Maria
Eberlein-Gonska.

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